Bryant erzielt 60 Punkte zum Abschied Die letzte große Show der "Black Mamba"

Los Angeles · Die Fans der Los Angeles Lakers, des zweitschlechtesten Teams der NBA, hatten lange keinen Grund mehr zum Feiern. Doch jetzt stand das Staples Center endlich mal wieder Kopf. Vier Sekunden waren gegen die Utah Jazz noch zu spielen, da lagen sich die 18.997 Fans bereits vor Glück in den Armen. Ja, auch die gegnerischen.

Kobe Bryant beendet Karriere mit 60-Punkte-Spiel
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Kobe Bryant erzielt in seinem letzten Spiel 60 Punkte

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Foto: ap, MT

Die Scheinwerfer waren auf Kobe Bryant gerichtet, genau wie alle Kameras in der Multifunktionsarena: Der 37-Jährige zog noch einmal den Superheldenanzug an und verabschiedete sich beim 101:96-Sieg standesgemäß mit einem aberwitzigen Punkterekord von der NBA-Bühne. 60 Zähler hatte in dieser Spielzeit bisher keiner aufgelegt. Nicht einmal Meister-Scharfschütze Stephen Curry von den Golden State Warriors, der kaum in besserer körperlicher Verfassung sein könnte.

Bryant dagegen hat Schmerzen. Schon lange. Am Rücken, an der Schulter. Nicht nur tagsüber. Auch in der Nacht, erzählt er. Er wälze sich dann im Bett unruhig hin und her. Dass er unausgeschlafen 60 Punkte — davon 23 im letzten Viertel und 17 in Folge — erzielt, ist außergewöhnlich, der fünftbeste Wert seiner Karriere. Auch wenn er für die Ausbeute gegen die Jazz sage und schreibe 50 Würfe nahm.

"Ich habe alles gegeben, was in mir steckt und deshalb fühle ich mich jetzt auch wohl, wenn ich aufhöre", zog Bryant zufrieden das Fazit seiner Karriere. Was er jetzt machen werde, dass wisse er noch nicht, so der 37-Jährige. Was hingegen von ihm bleibt, sind jede Menge denkwürdiger Momente — unter anderem der unvergessliche Schlussakt im Staples Center.

"Dear Basketball". Das stand am Anfang eines Gedichts, mit dem der Superstar im November 2015 seinen Abschied verkündete. Sein Herz und sein Geist hätten zwar noch die Kraft weiterzumachen, der Körper aber nicht, erklärte das Gesicht der Lakers in der Liebeserklärung an einen Sport, in den sich der in Philadelphia geborene und in Italien aufgewachsene Shooting Guard als Sechsjähriger verliebt hatte.

Er wurde ein Besessener, erfolgshungrig, ein polarisierender Anführer, in dessen Venen lila-gelbes Blut fließt. 20 Jahre lang spielte er für die Lakers, so lange wie kein anderer NBA-Basketballer für einen Verein, nachdem er 1996 von den Charlotte Hornets an Position 13 gedraftet und gleich abgegeben wurde. Ein Fehler, wie sich herausstellen sollte.

Fünf Meisterringe verwahrt Bryant, dem immer der Ruf eines Selbstdarstellers vorrauseilte, in der Virtrine. Zweimal gewann der 18-malige All-Star mit dem Team USA Olympia-Gold. Gegen die Toronto Raptors erzielte er in der Saison 2005/06 81 Punkte. Er warf sich unzählige weitere Male in die NBA-Geschichtsbücher, machte zu seinen besten Zeiten 35 Punkte im Schnitt.

Egoistisch war er auch, weil das zumeist Erfolg bedeutete. Das beste Beispiel: 60 Punkte bei 50 Versuchen gegen Utah, gegen die er früher allerdings auch mal vier Airballs in einer Partie geworfen hatte. Es liest sich so, als hätten seine Mitspieler gegen die Jazz nicht einmal den Ball berührt. Geschenkt. Bryant ist einer der Besten, die je einen Basketball durch die Reuse gestopft haben. Auch wenn ihn Phil Jackson, der erfolgreichste Trainer aller Zeiten, 2004 als "untrainierbar" bezeichnete. Zum Abschied nannte Jackson ihn "Botschafter des Basketballs". Bryant, das Gesicht der Lakers, die "Black Mamba", war giftig wie eine Schlange. Manchmal nicht nur auf dem Feld.

Der Vollgas-Flügelspieler tritt als drittbester Werfer der NBA-Historie ab. Nach insgesamt 39.283 Punkten in 1566 Spielen und 57.278 Minuten, auch wenn der Lack in den vergangenen Jahre immer mehr abblätterte. Seine letzte Saison war eine körperliche Tortur, eine erfolglose Qual bei nur 17 Siegen. Jetzt ist endgültig Schluss. Mit einer Gala, die ihresgleichen sucht. Und mit goldenem Konfetti. Er könne "nicht glauben, wie schnell 20 Jahre vergangen sind", sagte Bryant.

"Mamba out" waren seine letzten Worte. Die NBA wird sein Gift und sein Können vermissen.

(jado)
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