Deutscher glänzt in der NBA Schröder lebt den amerikanischen Traum

Atlanta/Düsseldorf · Der Basketball gab dem Nationalspieler Orientierung, als sein Vater an Herzversagen starb. Der 21-Jährige hat sein Versprechen an ihn wahr gemacht, es in die NBA zu schaffen. Nun steht er im Halbfinale um die Meisterschaft.

Dennis Schröder NBA: Das ist der Basketballer
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Das ist Dennis Schröder

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Foto: dpa/Soeren Stache

Wer Dennis Schröder verstehen will, muss seine Geschichte kennen. Sie ist die von einem märchenhaften Aufstieg. Als Heranwachsender hatte es der heutige Profi nicht leicht, früh musste er einen schweren Schicksalsschlag verkraften. Sein Vater starb, als er 16 war. Diagnose Herzinfarkt. Der Tod traf den Teenager unvermittelt, fortan war er allein mit seiner gambischen Mutter Fatou und den vier Geschwistern. Das Geld quoll nicht gerade aus den Taschen der Familie. Schröders Mutter arbeitete als Friseurin im eigenen Salon.

Noch viel schwerer wog der emotionale Verlust. Schröders deutscher Vater Axel war bis dahin ein enger Vertrauter für seinen Jungen gewesen, obwohl er von der Familie getrennt lebte. Bei jedem Basketballspiel war er in der Halle. Er sprach seinem Sohn Mut zu, und immerzu davon, dass er es irgendwann zum Profi schaffen würde. Schröder glaubte daran selber zunächst nicht, er nahm den Sport nicht ernst. Einmal durfte er nicht zum Spiel antreten, weil er das Training verschlafen hatte. Die Einstellung änderte sich nach der tragischen Todesnachricht. Kurz zuvor hatte Schröder seinem Vater ein Versprechen gegeben: es in die NBA zu schaffen und sich eines Tages um die Familie zu kümmern. Ein Wendepunkt im Leben des Teenagers.

Schröder verschrieb sich dem Basketball, trainierte wie ein Besessener. Mit 19 Jahren stand er als Leistungsträger auf Braunschweiger Bundesliga-Parkett. Zu verdanken hat er das auch seinem Förderer, Liviu Calin, Trainer des Braunschweiger Nachwuchses, der das ungeformte Talent Schröder auf einem Streetball-Platz entdeckte und den Jungen in die Halle schleifte, wo er den wilden Charakter des Nachwuchsspielers in Bahnen lenkte. Der Rest ist Geschichte.

Schröder ist mittlerweile Millionär

Heute lebt Schröder in einer Villa in Atlanta. Vor seiner Tür steht ein sündhaft teurer Cadillac, lackiert in Gold. Seine Mutter und die Geschwister hat der Deutsche vor zwei Jahren, als Atlanta ihn in die Liga holte, mitgenommen. Als Millionär hat er genug Geld, um sich um die Familie zu kümmern. "Für mich zählt, dass das Team gewinnt", sagt der Aufbauspieler. Auf dem Platz und daneben. Die Sorgen von gestern sind passé. Aber das Finanzielle ist nur Beiwerk.

Der Junge aus Braunschweig hat es in die beste Liga der Welt geschafft und steht mit den Hawks im Finale der Eastern Conference gegen die Cleveland Cavaliers. Das Finale ist in Reichweite, obwohl Atlanta das erste Spiel 89:97 verlor. Vier Siege sind für den Einzug ins Finale nötig, noch ist also alles offen. Schröder erzielte in 19 Minuten Einsatzzeit sechs Punkte, das ist eine eher maue Leistung für den Aufbauspieler, der in dieser Saison so stark spielte. Das treibt ihn an. Schröder will den Erfolg. Seine Vergangenheit hat ihn geprägt. Täglich schuftet er hart. Im Kraftraum schiebt er Extraschichten, nach dem Training verlässt er als Letzter die Halle. Und sein Blick geht schon voraus. "Im Sommer werde ich nach Los Angeles reisen, um dort an meinem Wurf zu arbeiten", sagt Schröder. "Arbeit zahlt sich aus." So lautet sein Mantra. Irgendwann will Schröder die Nummer eins im Spielaufbau werden. Noch spielt diesen Part ein anderer. "Aber irgendwann muss man sich entscheiden", sagt Schröder.

Typisch amerikanische Geschichte

Die Menschen in seiner sportlichen Heimat Amerika lieben ihn denn die Geschichte des Braunschweigers verkörpert den Mythos des Underdogs, des Jungen aus einfachen Verhältnissen, der sich durchgeboxt hat – bis an die Spitze. Schröder lebt den amerikanischen Geist. Vor allem auf dem Basketballfeld, wo er selbst vor den Großen nicht zurückschreckt. Mit ihnen will er sich messen. Förderer Calin musste Schröders Temperament oft bremsen. "Er ist noch immer eine wichtige Person für mich, und wir halten Kontakt. Ich hole mir Tipps und erkundige mich nach seiner Familie", sagt Schröder. Die Bodenständigkeit des Rumänen tut Schröder gut. "Er will mich nie zu viel loben, damit ich nicht abhebe", sagt er. Vielleicht wäre ein wenig Demut auch nach Spiel drei der Serie gegen die Washington Wizards nötig gewesen, als sich der Neuling mit einem der Größten der Liga anlegte.

Obwohl nur noch Sekunden auf der Uhr sind und der Spielstand ausgeglichen ist, schickt Trainer Mike Budenholzer Schröder aufs Feld. "Der Coach weiß, dass ich immer alles gebe. Auch in der Verteidigung", sagt der 21-Jährige. Schröder verteidigt gegen Paul Pierce, einen der besten Schützen der Liga, erfahren und kalt wie Eis. Pierce wirft und trifft. Schröder nennt den entscheidenden Wurf nach dem Spiel "lucky", also einen Glückswurf. "Schröder ist zu jung, um das zu kapieren", kontert sein 37-jähriger Kontrahent. "Vielleicht hat er es mit mir als Spielfigur mal auf der Playstation probiert, aber vorbeigeworfen." Diese Ohrfeige hat gesessen. Schröder kann damit leben und auch mit der Medienschelte. Die einen rügen ihn, die anderen lieben seine Art. Die Serie gewinnen die Hawks. Am 4:2-Endstand hatte Schröder großen Anteil. Nur noch die Cavaliers trennen ihn und sein Team noch vom Finale. Spiel zwei der Serie ist in der Nacht zum Samstag. Schröder lebt dann wieder seinen Traum und den seines verstorbenen Vaters.

(RP)
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