Finalserie in der NBA "Prinz" Curry und "King" James: die Jungs aus Akron, Ohio

Düsseldorf · Ab Donnerstagnacht (3 Uhr MEZ) kämpfen in der NBA die Golden State Warriors und die Cleveland Cavaliers um den NBA-Thron. Die Finalspiele werden dabei zum Schlagabtausch zwischen den Superstars Stephen Curry und LeBron James. Beide träumen davon, ihr Team zum ersten Titel seit Jahrzehnten zu führen.

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Foto: AP/Jae C. Hong

Das Akron Medical General Center ist ein guter Geburtsort für eine Basketballkarriere. Im Krankenhaus von Akron, Ohio erblickten zwei der besten NBA-Spieler dieser Tage das Licht der Welt: 1984 LeBron James, 1988 Stephen Curry.

Ab Donnerstagnacht treffen die beiden aktuell besten Spieler der NBA mit ihren Teams in den NBA-Finals aufeinander. Sie werden kaum direkt gegeneinander spielen, aber alle reden über das Duell James gegen Curry. MVP gegen Ex-MVP. Aufbauspieler Curry von den Golden State Warriors wurde in dieser Spielzeit als wertvollster Spieler ausgezeichnet, James erhielt die individuelle Trophäe in seiner Karriere bereits vier Mal (2009, 2010, 2012, 2013).

Beide Spieler haben bereits in diesen Play-offs bewiesen, wie wertvoll sie für ihr Team sind. Zwei Würfe stehen exemplarisch für diese MVP-würdigen Auftritte: Curry versenkte gegen die New Orleans Pelicans in Runde eins einen unmöglichen Dreier aus der Ecke zur Verlängerung.

James sicherte per "Buzzer Beater" den Sieg in Spiel vier gegen die Chicago Bulls.

Technik vs. Athletik

Curry und James verkörpern eine grundlegend unterschiedliche Art des Basketballspielens. Curry ist mit seinen 1,91 Metern verhältnismäßig klein und mit 84 Kilogramm für einen NBA-Spieler fast schon untergewichtig. Er steht für filigranes Spiel, das auf akkurater Technik, Übersicht und seinem eiskaltem Händchen basiert. Er ist einer der großen Gewinner der Saison und einer der neuen, beliebten Superstars, die der Liga ihr Gesicht geben.

James hingegen ist ein Muskelpaket (113 Kilogramm verteilt auf 2,03 Meter), das gut und gerne auch im American-Football erfolgreich sein könnte. Seine Athletik hat altersbedingt zwar etwas nachgelassen, lässt sich dennoch am treffendsten mit "nicht von dieser Welt" beschreiben. James zieht nicht zum Korb, er tankt sich durch, Verteidiger scheinen an ihm abzuprallen. James ist ohne wenn und aber der beste Allround-Basketballspieler der Welt — Fans rund um den Globus kennen ihn schlicht als "King James".

Curry kann Traumsaison krönen

Curry spielte bereits in der regulären Saison spektakulär und sich mit seinen Warriors in einen Rausch. Die 67 Siege für Golden State stellen einen neuen Vereinsrekord dar — Curry knackte nebenbei seinen eigenen Rekord für erfolgreiche Dreipunktwürfe (286). Doch schon während der Saison brachten sich die Mahner in Stellung: "Was können diese Warriors abrufen, wenn es darauf ankommt? Zu wenig Erfahrung! Zu viel Abhängigkeit von ihren Sprungwürfen! Kein erfahrener Trainer!" Dann begannen die Play-offs und die Warriors spielten einfach weiter so dominant wie zuvor. Bislang lieferte Curry auch in den Play-offs — und wie: 29,7 Punkte und 6,4 Assists im Schnitt, dazu kommen 73 verwandelte Dreipunktwürfe bei einer sehr guten Quote von 43,7 Prozent. In Spiel drei gegen die Houston Rockets stellte Curry mit dem 59. verwandelten Dreier in den Play-offs einen neuen NBA-Rekord auf. Bisheriger Rekordhalter war kein geringerer als Reggie Miller, der für seine 58 erfolgreichen Versuche 22 Spiele benötigte. Curry brauchte nur 13 Spiele, um sich diese Bestmarke zu schnappen.

NBA: Stephen Curry im Porträt
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Foto: AP/Mary Altaffer

Currys Wurf ist nicht zu verteidigen, er drückt in Sekundenbruchteilen ab und lässt gesamte Defensivstrategien kollabieren. Weder die New Orleans Pelicans (4-0), die Memphis Grizzlies (4-2) noch die Houston Rockets (4-1) konnten den Warriors ernsthaft gefährlich werden.

Vom Fehlstart zum Osttitel

Während die Warriors früh von der Spitze grüßten, legten die Cavaliers im Osten einen astreinen Fehlstart in die Saison hin (19-20-Bilanz). Zu Beginn ergaben die Einzelteile in Cleveland um das "Masterpiece" James noch kein stimmiges Bild. Es hagelte Spott und Kritik, zu Mitte der Saison gönnte sich James ein Kurzzeit-Sabbatical von zwei Wochen. Dann wurden per Trade Iman Shumpert, J.R. Smith und Timofei Mosgow verpflichtet, die sich alle zu einem wichtigen Puzzlestück der Mannschaft entwickelten. Auf einmal klickten die Einzelteile, die Cavaliers transformierten sich zum Spitzenteam. Bei allen Allroundfähigkeiten eines James — die Cavaliers sind auch deswegen erfolgreich, weil ihr Superstar auf Schützen wie Matthew Dellavedova, Shumpert und Smith ablegen kann. Unter dem Korb räumen die langen Tristan Thompson und Mozgov die Rebounds ab. "Wir spielen die beste Defensive in den Play-offs", sagte James nach dem Erreichen der Finals. Die Statistiken geben ihm recht: in den Play-offs erzwingen die Cavs die zweitschlechteste Feldwurf- und die schlechteste Dreipunktwurfquote ihrer Gegner. Auch bei den Rebounds liegen die Cavs inzwischen vor den Warriors.

James hat in den Play-offs direkt vom fünften in den siebten Gang geschaltet. Seine Durchschnitts-Werte kratzen am "Triple Double": 27,6 Punkte, 10,4, Rebounds, 8,3 Assists, 1,8 Blocks, 1,3 Steals. James ist nicht nur der beste Spieler Clevelands, er ist Cleveland. Inzwischen spielt er auch unter dem Korb, postet sich gegen kleinere und in Sachen Masse unterlegene Gegenspieler auf. Die Cavaliers schickten Boston 4-0 nach Hause, kämpften sich nach Rückstand gegen Chicago (4-2) zurück und ließen auch Dennis Schröders Atlanta Hawks im Ost-Finale keine Chance (4-0).

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Foto: ap, EA

Finals-Dauergast

Die Hoffnung der Cavaliers-Fans stützt sich auf ihren Superstar: James ist die personifizierte Finals-Erfahrung: Er alleine bringt es auf 27 Spiele in den Endspielen um die Meisterschaft. Der gesamte Kader von Golden State dagegen stand noch nie in einem Finalspiel. Zum fünften Mal in Folge zieht James mit seinen Teams in die NBA-Finals ein. 2011 (gegen Dirk Nowitzki und Dallas) und 2014 (San Antonio) scheiterte er, 2012 und 2013 führte er die Miami Heat zum Titel. Nach der letzten Pleite im vergangen Sommer entschied er sich für die Rückkehr in seine alte Heimat Cleveland. Er, "der Junge aus Akron, Ohio" hat einen Vision: Endlich Meister werden mit den Cavaliers. Seit der Gründung 1970 konnte das Team keinen Titel gewinnen. Die Stadt Cleveland ist in Sachen Sporterfolge eine Wüste. Seit 1964 warten sie dort auf einen Titel. Damit ist Cleveland die US-Stadt (mit mindestens drei Major-Sportteams), die am längsten auf einen Titel wartet. 2007 hätte es beinahe mit dem Titel geklappt, James führte die Cavaliers in seiner ersten Regierungsphase in die Finals. Dort ging Cleveland allerdings gegen San Antonio mit 0-4 unter.

Auch in Oakland, wo die Warriors ihre Spiele austragen, lechzen sie nach dem ersten Titel seit 1975. Die Oracle Arena wird in dieser Saison regelmäßig zumTollhaus. In eigener Halle weisen Curry und Co. eine herausragende Bilanz auf und haben in dieser Saison dort erst drei Mal verloren. Womöglich macht auch dieser Heimvorteil am Ende den Unterschied aus.

Zwei Trainerneulinge in den Finals

Dazu haben die Warriors einen tiefer besetzten Kader. Auch wenn einzelne Spiele in den Finals zur One-Man-Show von James oder Curry werden, genauso können andere Spieler dem Spiel ihren Stempel aufdrücken. Golden States Klay Thompson, ebenfalls All-Star, erzielte in dieser Saison bereits 37 Punkte in einem Viertel, Defensivspezialisten wie Draymond Greene und Andre Iguodala können auf ihre Art und Weise Spiele für die Warriors entscheiden. Bei den Cavaliers kann Kyrie Irving jederzeit heißlaufen. Und Rollenspieler wie Dellavedova und Smith halfen James, die Hawks abzuschießen.

Hinter dem angeschlagenen Irving steht allerdings noch ein kleines Fragezeichen, Kniebeschwerden plagen ihn schon die gesamten Play-offs über. Auch die Warriors bangten zuletzt um Shooting Guard Thompson, der sich im letzten Spiel gegen Houston eine Gehirnerschütterung zugezogen hatte. Aller Voraussicht nach werde er aber neben Curry im ersten Finalspiel auflaufen können, gaben die Warriors am Dienstag bekannt.

Interessant wird aber auch das Duell an der Seitenlinie. Mit Clevelands David Blatt und Warriors-Coach Steve Kerr werden zum ersten Mal seit 1947 zwei Trainerneulinge in den Finals coachen. Einer der beiden wird damit der erste Trainerneuling seit Pat Riley im Jahr 1982, der auf Anhieb den Titel gewinnt. Für die Finals haben die Beiden die Saisonspiele zwischen den Warriors und den Cavaliers bis ins Detail analysiert. Die Bilanz der beiden Teams in der regulären Saison ist ausgeglichen: 1-1.

Wer auch immer die Oberhand behält, mit sehr großer Wahrscheinlichkeit stammt der Finals-MVP 2015 aus Akron, Ohio.

Unsere Prognose:

4-2 für die Golden State Warriors

(rpo)
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