Russell Westbrook Der Basketballer, der Unmögliches möglich macht

Düsseldorf · Dass die Playoffs 2016 für Dirk Nowitzkis Dallas Mavericks schon in der ersten Runde beendet waren, lag auch an Teambesitzer Mark Cuban. Gegner Oklahoma City habe "nur einen Superstar", hatte Cuban vor dem letzten Spiel gesagt, und Russell Westbrook sei es nicht. Der Geschmähte nahm das persönlich - und erledigte die Mavericks fast im Alleingang.

 Russell Westbrook feiert einen erfolgreichen Dreipunktwurf.

Russell Westbrook feiert einen erfolgreichen Dreipunktwurf.

Foto: ap, BD

36 Punkte erzielte er damals, griff sich zwölf Rebounds und verteilte neun Korbvorlagen. Eine mehr, und im Spielberichtsbogen wäre ein "Triple-Double" vermerkt worden, der heilige Gral unter den Leistungen im Basketball: zweistellige Werte in allen drei Schlüsselkategorien.

Die aktuelle 82-Spiele-Saison wird Westbrook am Donnerstag mit mindestens 41 Triple-Doubles abschließen, es werden wohl zwei, drei mehr. Wichtiger noch: Seine absoluten Zahlen sind so hoch, als hätte er in jeder einzelnen Partie 32 Punkte, elf Rebounds und zehn Assists erreicht. Das hat kein Larry Bird oder Magic Johnson, kein Shaq O'Neal oder Kobe Bryant je erreicht, selbst der vielleicht kompletteste Spieler aller Zeiten nicht, LeBron James.

1962 war es zum ersten und letzten Mal gelungen, dass die Statistiken perfekt waren, weil das Spiel damals schneller und wilder war denn je. Diese Leistung von Oscar Robertson galt als eine für die Ewigkeit, einstimmig. Doch 55 Jahre danach kam Westbrook, spielte, zog gleich.

Triple-Doubles sind sehr rar, seltener noch als Hattricks im Fußball. Dem Allrounder Dirk Nowitzki sind in seinen 1388 NBA-Spielen nur zwei gelungen, Michael Jordan schaffte es immerhin 30 Mal. Westbrook, erst 28 Jahre alt und in seiner neunten Saison, kommt schon jetzt auf 83. Theoretisch kann jeder Spieler ein Triple-Double erreichen, praktisch braucht es dazu das fast perfekte individuelle Spiel.

Zehn Punkte zu holen ist dabei die leichteste Übung. Zehn Rebounds erreichen vor allem die "Big Men", die einen Kopf größer sind als Westbrook, mit 1,91 Metern oft der Kleinste auf dem Feld. Zehn Korbvorlagen schließlich kann auch das größte Genie nicht planen, punkten müssen schließlich die anderen.

"Ein Triple-Double im Schnitt über eine ganze Saison ist nicht bloß unwahrscheinlich", so formulierte jüngst munter die "New York Times": "Es ist wie ein Helikopter, der gleichzeitig ein Boot ist, das auch noch imstande ist, den nächsten ganz großen Roman zu schreiben."

Der Abgang seines Teamkollegen Kevin Durant hat Westbrook entfesselt. Er ist Fleisch gewordener Wille, ohne Scheu davor, gegen zwei, drei oder vier Gegenspieler anzutreten - oder gegen die Trägheit und die Schwerkraft selbst. Er trainiert mit preußischer Disziplin wie Dirk Nowitzki, aber dessen Gefühl für Leistungsdosierung liegt ihm fern.

"Er ist ein Getriebener", sagt sein Coach. Westbrook ist berechenbar unberechenbar, blitzschnell und brachial, eine Urgewalt in der Offensive und defensiv noch besser. Ein Perfektionist und Kontrollfreak, beinahe autistisch in seinen Routinen - zu den letzten Korblegern treibt er sein Team exakt sechs Minuten und 17 Sekunden vor Beginn jedes Spiels. Sein Trainer sagt: "Viele Spieler merken im Nachhinein, sie hätten mehr geben, mehr investieren, mehr arbeiten können. Russell wird später Seelenfrieden haben."

Abseits des Platzes engagiert sich Westbrook glaubhaft für benachteiligte Kinder, wobei er vor allem das Lesen cool machen will. Mit dem Slogan, der seine Antwort war auf die Frage, warum er manchmal einen schottischen Kilt trage, und der auch sein Lebensmotto ist: "Why not?" - Warum denn nicht?

(tojo)
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