NFL-Profi ohne Vertrag Kaepernick riskiert mit Rassismus-Protest seine Zukunft

Hamburg · Colin Kaepernick protestierte in der vergangenen NFL-Saison gegen Rassismus in den USA, er weigerte sich mehrfach, während der Nationalhymne vor dem Spiel aufzustehen - jetzt ist der Quarterback arbeitslos.

 Colin Kaepernick kniet aus Protest bei der amerikanischen Hymne. (Archivbild)

Colin Kaepernick kniet aus Protest bei der amerikanischen Hymne. (Archivbild)

Foto: dpa, jgm ks hak nic

Colin Kaepernick wartet auf den erlösenden Anruf, doch sein Telefon klingelt einfach nicht. Wenn die Football-Profiliga NFL in diesen Tagen in ihre neue Saison startet, sitzt der Quarterback nur vor dem Fernseher. Kein Klub will ihn haben. Kaepernick ist arbeitslos, fast ein Ausgestoßener. Viele glauben: Weil der 29-Jährige im Vorjahr spektakulär gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Afro-Amerikaner protestierte.

"Ich hoffe echt, dass er noch eine Chance bekommt. Er ist ein guter Typ", sagte Kasim Edebali von den Denver Broncos, derzeit der einzig verbliebene Deutsche in der NFL: "Ich habe mit ihm am College gespielt. Er hat ein gutes Herz und kümmert sich um andere." Doch gerade für diesen Einsatz muss Kaepernick nun offenbar teuer bezahlen: Er weigerte sich mehrfach, während der Nationalhymne vor dem Spiel aufzustehen. Die Bilder gingen um die Welt.

2014 unterschrieb Kaepernick einen Vertrag über rund 126 Millionen US-Dollar bei den San Francisco 49ers, doch jetzt ist er nach seinem Protest plötzlich nicht mehr gut genug für die Liga. "Ich stehe nicht auf, um Stolz auf eine Flagge für ein Land zu zeigen, das schwarze und farbige Menschen unterdrückt, für mich ist das wichtiger als Football", sagt Kaepernick.

Für die einen ist Kaepernick ein Held, ein Sportler, der für seine Werte einsteht und seine Zukunft riskiert, der wachrüttelt. Für viele US-Amerikaner ist er aber ein Vaterlandsverräter, der sich respektlos verhält. Kaepernick polarisiert, auch deshalb greift wohl kein Klub bei dem Free Agent zu - eine Spaltung der Fans wäre sicher. In Fällen von häuslicher Gewalt wird in der NFL hingegen gerne einmal ein Auge zugedrückt. "Das sind sportliche Entscheidungen eines jeden Teams, wen sie engagieren, um ihr Team zu verstärken", sagte hingegen NFL-Chef Roger Goodell über die Gründe, warum keiner Kaepernick haben will.

Rassismus ist in den USA ein Dauerthema, nicht erst seit den blutigen Ausschreitungen von Rechtsextremen in Charlottesville/Virginia. Auch Michael Bennett von den Seattle Seahawks hat nun die Gewalt gegen Schwarze in einem offenen Brief angeprangert. Am Rande des Boxkampfes zwischen Floyd Mayweather und Conor McGregor am 26. August in Las Vegas sei er Opfer von Polizeibrutalität geworden.

In seinem Statement beschrieb Bennett, wie er nach dem Kampf die Halle verließ, als er und Hunderte Menschen "etwas hörten, was nach Schüssen klang". Daraufhin sei der 31-Jährige von Polizisten gestoppt und auf den Boden gedrückt worden. Als ihm Handschellen angelegt wurden, habe ein Polizist eine Waffe an Bennetts Kopf gerichtet.

"Er warnte mich, dass wenn ich mich bewege, er 'meinen Schädel wegblasen' würde", schrieb Bennett: "Alles, woran ich denken konnte, war: 'Ich werde sterben, weil ich dunkelhäutig bin und meine Hautfarbe auf irgendeine Weise eine Gefahr ist.'" Vize-Sheriff Kevin McMahill vom Polizeidezernat in Las Vegas wies Bennetts Anschuldigungen des "Racial Profiling" zurück.

Kaepernick solidarisierte sich bei Twitter mit Bennett. "Dieser Übergriff auf meinen Bruder Michael Bennett ist widerlich und ungerecht", schrieb der Quarterback, den keiner mehr haben will.

(sid)
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