Solidarität mit NFL-Profis Trump verscherzt es sich sogar mit seinen Freunden

Los Angeles/München · Donald Trump sorgt mit seinen Äußerungen für einen historischen Schulterschluss: Der US-Präsident wird von fast allen Seiten aus dem US-Sport für seine Attacken gegen NFL-Profis und deren Protest gegen soziale Ungleichheit kritisiert.

Shahid Khan stammt aus Pakistan. Er hat in den USA studiert und anschließend einen Kfz-Zulieferbetrieb gegründet, der ihn reich gemacht hat - er verfügt angeblich über ein Vermögen von 5,6 Milliarden Dollar. Khan (67) ist darüber hinaus Besitzer des englischen Fußball-Klubs FC Fulham, ihm gehören aber auch die Jacksonville Jaguars aus der US-Football-Profiliga NFL.

Am Sonntag hat sich Khan in die immer länger werdende Reihe jener Menschen eingereiht, die gegen Donald Trump protestieren. Beim Spiel der "Jags" gegen die Baltimore Ravens in London stand er beim Abspielen der Nationalhymne mit den Spielern am Rande des Spielfelds und hakte sich als Zeichen der Solidarität bei ihnen unter. Das wäre vor ein paar Tagen noch undenkbar gewesen.

Stimmung dreht sich

Khan ist einer von sieben Klubbesitzern aus der NFL, die den US-Präsidenten während des Wahlkampfs oder danach mit mindestens einer Million Dollar unterstützt haben. Doch seit Trump am Freitag Spieler, die während der Nationalhymne gegen die Unterdrückung Schwarzer in den USA protestierten, als "Hurensöhne" bezeichnete, dreht sich die Stimmung bei seinen Sympathisanten.

Von den 32 NFL-Klubs haben mittlerweile 28 auf Trumps Aussagen reagiert und dagegen Stellung bezogen. Am Sonntag standen neben Khan auch Stephen Ross (Miami Dolphins), Martha Ford (Detroit Lions), Jeffrey Lurie (Philadelphia Eagles), Christopher Johnson (New York Jets) und Dean Spanos (Los Angeles Chargers) bei den Spielern ihrer Mannschaft.

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Es scheint, als habe Trump nun den gesamten US-Sport gegen sich aufgebracht. Selbst Star-Quarterback Tom Brady, dem eine gewisse Nähe zu Trump nachgesagt wird, sparte nicht mit Kritik. "Ich bin überhaupt nicht einverstanden mit dem, was er gesagt hat. Das war entzweiend", sagte Brady in einem Interview mit dem Sport-Radiosender WEEI.

Auch die sonst zurückhaltende Basketball-Ikone Michael Jordan, mittlerweile Klubbesitzer der Charlotte Hornets aus der Profiliga NBA, betonte das "Grundrecht der Redefreiheit" und sagte: "Wer das Recht nutzt, sich friedlich auszudrücken, darf nicht dämonisiert oder geächtet werden."

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Steve Kerr, Coach des NBA-Champions Golden State Warriors und als Trump-kritischer Geist bekannt, schrieb einen offenen Brief an den Präsidenten, in dem er ihm kindisches Verhalten vorwarf und der mit den Worten endete: "Bei allem Respekt, Mister Trump, der Punkt ist der: Sie sind der Präsident. Sie repräsentieren uns alle. Spalten sie uns nicht. Vereinen sie uns."

Trump hatte die Warriors kurzerhand vom traditionellen Besuch der erfolgreichen US-Mannschaften im Weißen Haus ausgeladen, nachdem er mitbekommen hatte, dass sie große Bauchschmerzen damit hätten. Abgesagt hat einen Besuch bei Trump mittlerweile auch das Basketball-Team der Uni North Carolina - dagegen will NHL-Champion Pittsburgh Penguins den Termin wahrnehmen.

"Sehr alarmierend"

Immer mehr Sportler wollen sich dagegen nicht mehr auf einen stillen Protest gegen Trump beschränken. Russell Okung von den Los Angeles Chargers warf dem Präsidenten vor, mit seinen wüsten Attacken gegen die NFL von seinen eigenen Problemen abzulenken: "Was ist mit Russland?", fragte Okung, "er lenkt die Aufmerksamkeit weg von Dingen, auf die er sich wirklich konzentrieren sollte".

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Alex Smith, Quarterback der Kansas City Chiefs, findet die Aussagen von Trump "sehr alarmierend". Dies sei ja "derselbe Kerl, der es nicht fertigbrachte, gewalttätige Neo-Nazis zu verdammen, aber er verdammt Jungs, die sich bei der Nationalhymne hinknien." Und es gehe, entgegnete Chargers-Besitzer Spanos Trumps Vorwürfen, ja auch "nicht darum, dass wir die Flagge nicht respektieren".

Bemerkenswert: Die Pittsburgh Steelers, Seattle Seahawks und Tennessee Titans knieten am Sonntag erst gar nicht - die Spieler kamen zu Nationalhymne einfach nicht aufs Spielfeld, wie es die NFL in ihren Regularien vorschreibt. Die dafür vorgesehene hohe Geldstrafe, ist zu hören, wird die Liga aber nicht einfordern.

Trump zeigt sich unbeeindruckt

Trump zeigte sich am Montag unbeeindruckt von der Welle der Kritik. Der US-Präsident wiederholte auf Twitter, seine Kritik an knieenden Footballspielern habe nichts mit Rassismus zu tun. Es geht um "Respekt für unser Land, die Flagge und die Nationalhymne. Die NFL muss das respektieren!" Außerdem pries Trump den Motorsportverband Nascar, denn dieser würde knieende Sportler niemals dulden.

Trump twitterte außerdem, viele Zuschauer hätten die knieenden Spieler am Sonntag ausgebuht: "Das sind Fans, die Respekt für unsere Flagge fordern!" In allen US-Medien war das Thema am Montag eines der größten. Auf Twitter gab es unter dem Hashtag #StandForOurAnthem (etwa: "Steht zu unserer Hymne") eine breite Debatte.

(sid)
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