Historisches Comeback im Super Bowl Am Ende der Superlative

Düsseldorf · An jedem Wochenende zwischen September und Februar sieht inzwischen ein Millionenpublikum Frank Buschmann und seinen Mitarbeitern dabei zu, wenn er zum Marktschreier für eine Sportart wird. Der 51. Super Bowl verschlug am Ende auch ihm die Sprache.

Die größten Aufjholjagden im Sport
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Foto: dpa/Darren Staples

Man kann den Machern der deutschen NFL-Übertragungen nicht vorwerfen, dass sie nicht für ihre Sportart trommeln würden. Oftmals verschwimmen die Grenzen zwischen Berichterstattung und Werbung, werden Buschmann und die schrulligen Experten an seiner Seite selbst zu den Hauptdarstellern ihrer stundenlangen Football-Übertragungen. Laut und marktschreierisch geht es zu, Sensationen und Spektakel gibt es im Minutentakt zu vermelden — mitunter beinahe unabhängig vom Spielgeschehen.

Irgendwann in der langen Nacht zwischen Sonntag und Montag jedoch nahm American Football selbst eine so herausragende Rolle ein, dass neben ihm kein Platz mehr war für laute Sprüche. Die Zuschauer des 51. Super Bowls erlebten eine Sternstunde, zu der in dieser Form vielleicht nur der Sport in der Lage ist. Zehn Punkte wiesen die umfangreichen Statistikbücher der NFL als größten Rückstand aus, den jemals ein Team im Endspiel um die Vince Lombardi Trophy aufgeholt hatten. 25 Punkte lagen die New England Patriots zurück. Ein reichlich einseitiger Super Bowl schien frühzeitig zu Gunsten der Atlanta Falcons entschieden.

Eine denkbar ungünstige Situation aus Sicht der TV-Macher. Viele Kommentatoren verstehen sich immer auch als Makler ihres Produkts. Wenn trotz eines vermeintlich aussichtslosen Rückstands bei einem Fußballspiel Spannung fehlt, kommt Manchester United ins Spiel. Oder der FC Liverpool. Wie zufällig haben sich Manchester Uniteds Doppelschlag gegen Bayern München oder die Aufholjagd des FC Liverpool gegen den AC Mailand nach einem 0:3-Rückstand zur Pause in Endspielen um die Champions League ereignet. Es scheint beinahe, als habe sich der Sport seine größten Momente für die größten Spiele aufgehoben.

Dabei lief für Atlanta alles so derartig nach Plan, hatten Tom Brady und die New England Patriots so wenig Zugriff auf dieses Spiel, dass sich nicht wenige zur Halbzeit der Müdigkeit ergeben haben. Fußball-Bundesligist Hertha BSC gratulierte Atlanta bereits um 3:03 Uhr zum Sieg. Der frührere Bundesliga-Schiedsrichter Markus Merk aber wusste es anschließend besser und twitterte: "Der Begriff Fehlentscheidung hat eine neue historische Definition: Wenn man bei einem 21:3 im Super Bowl in der Halbzeit ins Bett geht."

Tatsächlich verpassten die Schlafenden ein Stück Sportgeschichte, die dieses Spiel noch bereithalten sollte. Das Comeback der New England Patriots reiht sich nicht nur durch das durchaus beeindruckende Zahlenwerk ein in die Reihe großer Sportereignisse — es ist auch eine Geschichte, für den viele den Sport lieben und sich eine Saison voller zahlloser weit weniger spektakulärer Spiele schönreden lassen — stets in der Hoffnung, dass sie so etwas ereignen möge. Buschmann wurde am Mikrofon sogar regelrecht philospoisch und stellte fest, dass dieses Spiel vor allem eines lehre: niemals aufzugeben.

Am Ende standen die TV-Kommentatoren und hielten sich für ihre Verhältnisse vornehm zurück. Weil es ihnen schier die Sprache verschlug, mehr noch aber weil ihnen die Superlative ausgegangen waren.

(ako)
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