Zweiter Platz nur "Momentaufnahme" Wolfsburg holt Schürrle — und sieht sich nicht als Bayern-Jäger

Wolfsburg · Dass der VfL Wolfsburg vor dem Spiel gegen Bayern München auf Rang zwei steht, wertet Sportchef Klaus Allofs als Momentaufnahme. Doch mit dem offenbar perfekten Transfer von André Schürrle setzen die Niedersachen ein Ausrufezeichen.

Andre Schürrle – "Boyband"-Mitglied, Tuchel-Liebling, Weltmeister
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Der VfL Wolfsburg ist groß geworden. Zu groß für seine Geschäftsräume im Bauch der Arena. Deswegen ist das Management in einen Neubau gezogen. Das finden die Mitarbeiter gut, und die Taxifahrer finden es verwirrend. Aber das legt sich sicher noch, das mit den Taxifahrern. Die räumliche Erweiterung geht mit sportlichem und wirtschaftlichem Erfolg einher. Das passt für Geschäftsführer Klaus Allofs bestens zusammen. Er weiß, dass Unternehmen wachsen müssen. Dass es so schnell gehen würde, überrascht auch den Manager. "Wir liegen einen kleinen Tick vor unserer Planung", erklärt er. Das ist ihm natürlich recht.

Der kleine Tick beschert den Wolfsburgern nämlich heute Abend ein Spitzenspiel. Die Bayern kommen (20.30 Uhr/Live-Ticker) als Tabellenführer zu ihrem ersten Verfolger. Und der kleine Tick Vorsprung vor dem eigenen Plan versetzt die Niedersachsen offenbar in die Lage, sich im Winterschlussverkauf noch einmal prominent zu verstärken. Mehrere Medien melden, dass der VfL noch am Wochenende André Schürrle vom FC Chelsea verpflichten werde. Stolze 30 Millionen Euro sind als Ablösesumme aufgerufen. Sechs Millionen Euro soll der Weltmeister pro Jahr für seinen bis 2019 datierten Vertrag erhalten. Allofs und der VfL Wolfsburg wollteen die Meldung am Donnerstagabend nicht bestätigen, Auch nicht. dass Ivica Olic zum Hamburger SV zurückkehrt. Das erledigte der Kroate dann aber selbst. Allofs sagt immerhin: "Wenn es Gelegenheiten gibt, kann es auf dem Transfermarkt manchmal ganz schnell gehen." Das ist wohl wieder mal der Fall.

Als legitime Nummer zwei in Deutschland fühlen sich die Wolfsburger dennoch nicht. "Das", sagt Allofs, "ist nur eine Momentaufnahme." Das soll jedoch nicht so bleiben. "Momentaufnahme heißt ja nicht, dass es nicht vielleicht auch etwas von Dauer wird", erklärt der Geschäftsführer.

Das führt zwar nicht unmittelbar in die große Kampfansage an die Münchner, aber es steckt das Wolfsburger Arbeitsgebiet für die nächsten Jahre ab. Ähnlich wie der Klub soll das Profiteam wachsen, die Entwicklung hin zum dauerhaften Champions-League-Kandidaten vorantreiben und dabei nicht vergessen, was ihr Manager für die wesentliche Tugend beim Aufbau eines großen Teams hält: "Wir müssen kleine Schritte machen."

Selbstverständlich erkennt er die Chance, die sich in dieser Spielzeit eröffnet. Weil Dortmund durchhängt und die Wolfsburger Rivalen im Wettlauf um die europäischen Plätze ein feines Stückchen distanziert sind, ist die Champions League in Sichtweite. Das Geld, das hier verdient wird, werden die Wolfsburger brauchen, wenn sie selbst mit kleinen Schritten ganz nach oben kommen wollen.

Ja, sogar die Wolfsburger brauchen Einnahmen. Allofs widerspricht dem Eindruck, dass der VfL schon deshalb sorgenfrei mit den Millionen herumwerfen kann, weil er eine einhundertprozentige Tochter des Volkswagen-Konzerns ist. "Wir müssen genau wie alle anderen sinnvolle finanzielle Dinge tun", sagt er.

Darauf achtet auch die Uefa. Der VfL hat seine Unterlagen beim europäischen Verband im Rahmen des "Financial Fair Play"-Verfahrens eingereicht und dabei versucht, "der Uefa das besondere Modell Wolfsburg zu erklären", wie Allofs betont. Er ist überzeugt davon, dass die Wettbewerbshüter der Uefa das Modell schlüssig finden und nicht etwa auf die Idee kommen, dem Verein den VW-Geldhahn zuzudrehen. Als langjähriger Mitspieler im Unterhaltungsgeschäft Profifußball glaubt Allofs: "Wenn Investitionen verhindert werden, wird das unserem gesamten Gesellschaftssystem nicht gerecht." Und wenn die Uefa dem finanziellen Einsatz von VW in Wolfsburg, Bayer in Leverkusen und Dietmar Hopp in Hoffenheim einen Riegel vorschiebe, "wird niemand auf Dauer mehr an die Bayern herankommen". Außerhalb von München ist das eine ziemliche Schreckensvision.

Allofs malt sie ganz gern an die Wand. Sie soll die Vorurteile gegen die Werksklubs abbauen, weil sie so freundlich sind, die Lücke zwischen den Bayern und dem Rest der Bundesligawelt zumindest schließen zu wollen. Die Unterscheidung zwischen Emporkömmlingen und "Traditionsklubs" schmeckt ihm ohnehin nicht, was niemanden wundern wird. Der Wolfsburger Manager beteuert: "Es geht darum, dass man etwas richtig oder falsch macht. Ist denn Tradition ein Verdienst? Manche Traditionsklubs stehen schlecht da, weil sie etwas falsch gemacht haben." Den Umkehrschluss, dass der VfL vieles richtig gemacht hat seit seinem Einstieg im November 2012, erspart sich Allofs. Man kommt auch selbst drauf. Der Blick auf die Tabelle reicht in dem Fall.

(RP)
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