Kolumne: Gegenpressing Wie eine Lotterie Sieger produzieren will

Spitzenathleten soll hierzulande durch ein neues Projekt Geldsorgen genommen werden. Obendrein, so die Hoffnung der Initiatoren, würden finanziell abgesicherte Sportler bessere Leistungen abliefern. Ganz so einfach dürfte die Rechnung nicht sein.

 Henry Maske (r.) ist in die deutsche Sportlotterie eingestiegen.

Henry Maske (r.) ist in die deutsche Sportlotterie eingestiegen.

Foto: dpa, bvj jhe

Es geht um nicht weniger als die Rettung des deutschen Sports. Zumindest dem Teil, der unter dem Dach des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) gebündelt wird. Das alleine ist ein durchaus ehrbares Unternehmen. In unserem System kränkelt es nämlich gewaltig. Es herrscht ein unbändiger Wunsch nach Athleten, die nicht einfach nur dabei sind — es geht um Rekorde und Medaillen.

Die Ausbeute bei den vergangenen Großereignissen war immer noch beachtlich. Doch es gibt unübersehbar Fehler im Fördersystem. Und es gibt ein Beispiel, das aufzeigt, was systematische Förderung bewirken kann. Großbritannien hatte bei den Sommerspielen 1996 einen Absturz erlebt. Nur eine Goldmedaille, Rang 36. Hernach entschieden Politiker auf der Insel, die Spitzensportler mit Geldern aus einer Lotterie zu unterstützen. Bei den Wettkämpfen vor zwei Jahren in London stand Team Britannien mit 29 Siegern auf Platz drei.

In Deutschland soll es ab kommendem Monat ein ähnliches Projekt geben. Der Krefelder Unternehmer Gerald Wagner ist Hauptgesellschafter der Deutschen Sportlotterie. In Düsseldorf hat er einmal ein Basketballteam mit dem Namen "Magics" finanziert — magisch war daran wenig. Aber das ist eine andere Geschichte. Einer der Mitgesellschafter bei seinem aktuellen Vorhaben ist Henry Maske, der als Boxer 1988 in Seoul Gold gewann. Eines der Mitglieder im achtköpfigen Beirat, der später entscheidet, wer Geld bekommt, ist Robert Harting. Der Diskuswerfer trommelt seit Monaten lautstark für die Lotterie. 32 Prozent der Einnahmen werden, sagen die Macher, an die Gewinner ausgeschüttet, 30 Prozent in die Sportförderung investiert. Alles sei absolut transparent und nachvollziehbar. Ob dem tatsächlich so ist, wird sich wohl erst in der Praxis zeigen. Es ist aber auf jeden Fall ein gutes Signal für den deutschen Sport. Denn bisher gibt es nur eine Säule der Finanzierung.

Die Deutsche Sporthilfe fördert nach einer Studie der Kölner Sporthochschule Olympiateilnehmer mit mindestens 300 Euro monatlich, Kaderathleten verdienen im Schnitt 538 Euro. Das ist ein jämmerlicher Betrag im Vergleich zu anderen Berufssportlern, die mehr durch Eigenvermarktung als sportliche Leistungen auffallen. Gerald Wagner hat dem "Spiegel" erzählt, er hoffe, den Betrag durch seine Initiative auf 1000 Euro erhöhen zu können. Zunächst sollen 100 Sportler unterstützt werden. Sukzessive sei eine Ausweitung geplant.

Der DOSB weiß nicht so recht, was er von dem neuen Mitspieler auf dem Markt halten soll. Es geht auch um Macht und Einfluss. Offiziell ist der Verband nicht gegen das Projekt. Es wird dennoch maximal skeptisch beäugt. Kann so etwas überhaupt funktionieren? Machen wirklich genug mit? Es geht schließlich um viel Geld. Spätestens da ist endgültig kein Platz mehr für den olympischen Gedanken.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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