Krise im Bobsport Das Olympia-Debakel wirkt nach

Lake Placid · Die WM im Februar in Winterberg ist nur Durchgangsstation auf dem Weg zu den Spielen 2018 in Südkorea.

Deutsche Bob-Piloten starten katastrophal
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Die Wunden, die die Olympia-Pleite von Sotschi gerissen hat, sind bei Christoph Langen noch längst nicht verheilt. Schon die Erwähnung des Namens von Chefkritiker Andre Lange reicht, um den Bob-Bundestrainer über neun Monate danach so richtig auf die Palme zu bringen. "Ich habe mit ihm kein persönliches Gespräch gesucht, ich habe darin keinen Sinn gesehen. Er hat ja keine Funktion im Verband", grantelt Langen kurz vor Beginn des WM-Winters über Lange: "Vieles von der nach Sotschi geäußerten Kritik war an den Haaren herbeigezogen."

Einiges aber auch nicht. Deshalb gab es als Ergebnis der ersten Olympischen Spiele ohne Podestplatz seit 50 Jahren umfassende Strukturreformen im Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD). Langen durfte als Chef bleiben, wurde aber zur Rückkehr zum nicht nur von Andre Lange in der Olympia-Saison vermissten Teamwork verdonnert. Verdiente Heimtrainer wie Gerd Leopold oder Matthias Trübner sind wieder stärker in die Arbeit des Nationalteams eingebunden, der ehemalige Top-Pilot Matthias Höpfner kümmert sich im neu gegründeten Kompetenzteam Technik um die Zusammenarbeit mit der Forschungs- und Entwicklungsstelle für Sportgeräte (FES). Probleme mit den Bobs waren einer der sportlichen Gründe für das deutsche Olympia-Debakel, ein anderer die schwachen Startzeiten.

Vor dem Weltcup-Auftakt ab Freitag in Lake Placid ist Langen verhalten optimistisch, dass die Veränderungen schon die ersten Früchte tragen. Der amtierende Vierer-Weltmeister Francesco Friedrich testet in den USA neue Bob-Prototypen vom FES. "Auch die Verschärfung der Startnormen war eine richtige Entscheidung, wenn wir in der Perspektive die Weltspitze wieder bestimmen wollen", nennt Langen einen weiteren Punkt: "Bei den Starttests ist richtig was vorwärts gegangen, die Jungs und Mädels haben richtig Gas gegeben."

Vor allem haben die jüngeren Piloten verdiente Medaillengewinner wie Cathleen Martini oder Thomas Florschütz aus dem Weltcup-Team verdrängt. Auch Ex-Weltmeister Manuel Machata, der nach seiner umstrittenen Kufen-Weitergabe an den russischen Olympiasieger Alexander Subkow wieder in den Kader zurückkehren durfte, ist in Übersee nicht mit von der Partie. Alle namhaften Athleten haben aber die Chance, es noch ins deutsche Team für die Heim-Weltmeisterschaft zu schaffen. Zum Saisonende Anfang März wird in Winterberg dann zum ersten Mal abgerechnet, was die Reformen wirklich gebracht haben. Spätestens dann steht auch Langen wieder richtig unter Druck.

Seit 2000 haben die deutschen Bobpiloten bei jeder Weltmeisterschaft immer in jeder Disziplin - Männer-Zweier, Männer-Vierer und Frauen-Zweier — zumindest eine Medaille gewonnen. Langen stapelt aber tief: "Natürlich ist die Weltmeisterschaft wichtig, aber nicht kriegsentscheidend. Auch wenn wir nur eine oder zwei Medaillen holen und ich sehe, dass die Richtung stimmt, ist es okay. Eins habe ich gelernt: Alles, was im Vorfeld von Olympia ist, zählt für die Öffentlichkeit nicht. Es braucht also in den nächsten drei Jahren niemand kommen, wenn die Ergebnisse nicht perfekt sind. Was zählt, sind die Olympischen Spiele 2018 in Pyeongchang."

Spätestens dann soll der deutsche Bobsport wieder dort sein, wo er fast immer in der Geschichte war: an der Spitze. Christoph Langen will Sotschi unbedingt vergessen machen: "Wir beginnen eine neue Ära."

(RP)
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