Winterberg Das olympische Bob-Debakel wirkt nach

Winterberg · Winterberg ist zum vierten Mal Gastgeber der Weltmeisterschaften. Die alte Dominanz der Deutschen ist vorerst dahin, aber im Weltcup gab es wieder Erfolge.

 In Winterberg steigt die Bob-WM.

In Winterberg steigt die Bob-WM.

Foto: dpa, ah

Der Ort macht seinem Namen Ehre. Bis zu 60 Zentimeter Schnee liegen dank Natur und künstlicher Nachhilfe in Winterberg, 59 Lifte surren, die Temperaturen bewegen sich um den Gefrierpunkt. Das ist vor allem schön für die vielen Holländer, die gern zum Skifahren ins Hochsauerland reisen, aber auch für die Fernsehstationen, die von hier aus in den kommenden anderthalb Wochen Bilder in die ganze Welt liefern.

Mit den ersten beiden Läufen im Zweierbob der Damen beginnen morgen die Weltmeisterschaften im Bobsport. Zum vierten Mal seit 1985 ist Winterberg WM-Gastgeber für Bobteams und Skeleton-Sportler. Bei den Männern stellt Deutschland die Titelverteidiger im Zweier- und im Viererbob. Francesco Friedrich und Maximilian Arndt holten sich vor zwei Jahren auf der Naturbahn in St. Moritz Gold. Mit fünf Medaillen war Deutschland die erfolgreichste Nation. Doch dieser Glanz ist verblasst. Zwischen den Rennen im Schweizer Kurort und Winterberg 2015 liegt Olympia in Sotschi.

Bei den Spielen im Süden Russlands erlebte der deutsche Bobsport ein Debakel, das bis heute nachwirkt. Zum ersten Mal seit Innsbruck 1964 war das deutsche Team ohne Medaillen von Olympischen Spielen heimgekehrt. "Das ist die größte Katastrophe überhaupt", sagte Bundestrainer Christoph Langen, dessen Ablösung nur eine Weile im Raum stand. Das Material taugte nicht, die Nerven spielten nicht mit, auch von Defiziten bei der Athletik war die Rede. Als der Russe Alexander Subkov dann auch noch mit den privaten Kufen des nicht für Sotschi qualifizierten Manuel Machata zweimal Gold holte, hing der Haussegen gänzlich schief.

Im November befasste sich der Sportausschuss des Deutschen Bundestags mit den schlechten Resultaten in der einstigen deutschen Paradesportart. Verbandsvertreter erklärten der Politik, dass es "sowohl bei der Athletik und der mentalen Stärke der Sportler als auch der Technik und der Kommunikation Defizite gegeben hätte, die zu den für alle Seiten enttäuschenden Ergebnissen geführt hätten". So steht es im Protokoll.

Jörg Bügner, beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) Ressortleiter Wintersport, warb für die neu geschaffene Arbeitsgemeinschaft "Technik", in der es einen engen Austausch zwischen Athleten, Trainern und Entwicklern geben soll. Fünf Vertreter des Bob- und Schlittensportverbands für Deutschland und drei des für den Bau der Bob zuständigen Forschungs- und Entwicklungsstelle für Sportgeräte (Fes) in Berlin bilden die AG. "Die Athleten sind viel stärker als früher in die Materialentwicklung eingebunden", sagte Bügner. Es heißt, dass es zwischen Sportler und Technikern immer noch knirscht.

Acht Weltcupsiege in diesem Winter zeigen, dass es Fortschritte gibt. Doch von alter Klasse oder gar Dominanz kann keine Rede sein. "Wir wollten den Anschluss wiederfinden, das ist uns gelungen", sagt Christoph Langen, "auf einigen Bahnen aber waren wir chancenlos." Zuletzt etwa beim Weltcupfinale, das erneut in Sotschi stattfand. "Wir wurden wieder ganz schön verdroschen", sagte Arndt, der mit dem Viererbob den einzigen Podestplatz für den BSD holte.

Das deutsche Team für Winterberg ist so jung wie noch nie bei einer WM. Außer Arndt (27) sind alle Piloten noch im Junioren-Alter. Auch wenn eine Weltmeisterschaft im eigenen Land zum Erfolg verpflichten sollte, so ist Winterberg doch nur eine Durchgangsstation auf dem Weg zu den Olympischen Winterspielen 2018 in Südkorea.

Der sportliche Erfolg für die Gastgeber ist keinesfalls garantiert, doch unter schwachen Rennen dürfte die Stimmung nicht leiden. "Die Besucher können es acht Tage ordentlich krachen lassen", verspricht Sven Kästner, der für das Rahmenprogramm zuständig ist. DJ Andy, der normalerweise im Riu Palace auf Mallorca auflegt, "wird mit seiner Musik den Ballermann nach Winterberg holen", verspricht Kästner.

(RP)
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