Biathlon Henkel nimmt Abschied mit Sekt und Pappkrone

Oslo/Düsseldorf · Der scheidende Cheftrainer Müssiggang meint, dass es lange dauern wird, bis die deutschen Biathletinnen wieder erfolgreich sein werden. Andrea Henkel ist die letzte Vertreterin der goldenen Generation, die aufhört.

Es gibt Orte, die sind nur deshalb einem breiteren Publikum bekannt, weil sie einen berühmten Sportler hervorgebracht haben. Großbreitenbach ist so einer. 2636 Einwohner, am Hang des Thüringer Waldes gelegen. In den Fernsehübertragungen und in den Zeitungen hatte Großbreitenbach seit 1995 seinen festen Platz — als Heimat der Biathletin Andrea Henkel (36).

Gestern beendete die Großbreitenbacherin ihre Karriere. Mit einem 13. Platz beim Massenstartrennen in Oslo. Die Kolleginnen dekorierten sie mit einer Pappkrone aus der Burger-Bude und ließen es sich nicht nehmen, ein paar Gläschen auszuschenken — in Norwegen ein arg teures Vergnügen, den billigsten Sekt gibt es dort für 20 Euro.

In der achtmaligen Weltmeisterin und zweimaligen Olympiasiegerin Henkel geht die vorerst letzte große deutsche Biathletin. "Es fühlt sich okay an", sagte sie. In der Stunde des Abschieds gab sie sich so unaufgeregt wie fast immer in ihrer Laufbahn, in der sie im Schatten von Strahlefrauen wie Uschi Disl, Kati Wilhelm und Magdalena Neuner stand. Henkel will nun ihre Thüringer Heimat verlassen und zu ihrem Freund Tim Burke nach Lake Placid in den Vereinigten Staaten ziehen. Mit den Formalitäten, die dafür nötig sind, hat sie sich in der erforderlichen Tiefe noch nicht befasst. Doch das Problem sollte sich lösen lassen.

Weitaus schwieriger stellt sich nach dieser Zäsur die Situation im deutschen Biathlonsport dar. Die Partenkirchenerin Laura Dahlmeier (19) und Franziska Preuß (Haag/20) beendeten die Saison als Sechste und 16. im Massenstartrennen und nehmen damit das Gefühl mit in den Urlaub, dass sie in der Weltklasse mithalten können. Wen sie im Mai, wenn die Vorbereitung auf den Winter 2014/15 beginnt, als Trainer antreffen, entscheidet der Deutsche Skiverband Anfang des kommenden Monats.

Mit der Ära Henkel endet auch die Amtszeit von Bundestrainer Uwe Müssiggang (62). "Mein Abschied ist definitiv", sagt er. Es sieht so aus, als sollte dessen Posten als Chefcoach nicht wieder besetzt werden. Offen ist die Zukunft von Gerald Hönig und Ricco Groß. DSV-Sportchef Thomas Pfüller hatte scharfe Kritik an den beiden fürs Frauenteam zuständigen Trainern geübt, als er nach den enttäuschenden Ergebnissen in Sotschi — erstmals keine Medaille für die Frauen —, von gravierenden Mängeln in der Vorbereitung sprach. "Es dauert bestimmt einige Jahre, bis wir an die alten Erfolge anknüpfen können. Wir müssen uns dran gewöhnen, dass es keine Siegleistungen in Serie mehr geben wird", sagte Müssiggang.

(RP)
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