Vorwürfe gegen russische Biathleten Fourcade erwägt Boykott wegen Doping-Skandal

Martin Fourcade hat endgültig genug, der König der Biathleten will sauberen Sport - und ist dafür sogar zu einem Weltcup-Boykott bereit. "Wenn der Verband nicht genügend Mut zur Bewältigung des Problems hat, müssen die Athleten selbst aktiv werden", sagte der Franzose angesichts der jüngsten Doping-Enthüllungen dem norwegischen Fernsehsender NRK.

 Martin Fourcade erwägt einen Boykott des Weltcups, sollte der Weltverband IBU nicht rigoros gegen die vermeintlichen russischen Doper vorgehen.

Martin Fourcade erwägt einen Boykott des Weltcups, sollte der Weltverband IBU nicht rigoros gegen die vermeintlichen russischen Doper vorgehen.

Foto: dpa

31 Biathleten sowie weitere Skilangläufer gehören zu den dopingverdächtigen Athleten aus Russland, die Ermittler Richard McLaren in seinen Untersuchungen zum Doping-Skandal belastet. Dies hatten der Ski-Weltverband FIS und die Internationale Biathlon-Union (IBU) erst am Donnerstag bestätigt. Auf den russischen Biathleten liegt damit schon wieder ein dunkler Schatten - der Fourcade in Rage bringt.

"Es ist ja nicht so, dass es nur einer oder zwei sind", sagte der Doppel-Olympiasieger von Sotschi: "Und wenn im Januar nichts getan wird, werde ich meine Kollegen aus Deutschland, Norwegen, Tschechien, einfach alle bitten, nicht zu starten." Es würde ihn mit Stolz erfüllen, wenn diese Maßnahme dazu führen sollte, "dass mein Sport endlich sauber ist".

Die Skepsis gegenüber den aktuellen Athleten ist groß. Wenn Arnd Peiffer in diesen Tagen seinen russischen Kollegen über den Weg läuft, ist er hin und hergerissen. "Ich weiß auch nicht, wie ich mich nun verhalten soll. Es ist ja noch nichts bewiesen", sagt der frühere Sprint-Weltmeister - und stellt gleichzeitig allerdings fest: "Man hat jetzt schon etwas im Hinterkopf."

Schon im Zuge des bislang letzten großen Dopingfalls im Lager der Skijäger war der russische Verband RBU wegen drei Fällen in der Saison 2013/14 zur Höchststrafe von 100.000 Euro verurteilt worden. Damals waren Jekaterina Jurjewa, Irina Starych und Alexander Loginow überführt worden. Wiederholungstäterin Jurjewa wurde im vorvergangenen Juni für acht Jahre gesperrt, Starych und Loginow jeweils für zwei Jahre.

Der russische Verband war bereits 2009 wegen Verstößen gegen die Anti-Doping-Bestimmungen mit einer Strafe von 50.000 Euro belegt worden. Peiffer, der den McLaren-Bericht zumindest angelesen haben will, sprach nun zwar von "einer Menge Indizien" wie beispielsweise angekratzten Dopingproben. "Es ist aber eben ein juristisches Problem, wenn keine Fakten vorliegen."

Um sich beim Umgang mit der heiklen Thematik ganz sicher zu sein, hat die IBU eine fünfköpfige Expertengruppe gegründet, die sich der Fälle annehmen und den Weltverband beraten soll. Der Bericht der Experten wird der IBU am 22. Dezember vorgelegt, den Russen droht pünktlich vor dem Weihnachtsfest also eine "schöne Bescherung".

Die IBU könnte dann zügig Sanktionen verhängen. Diese könnten weitreichende Folgen haben, wie etwa den Entzug der Junioren-WM im Februar in Ostrow sowie des Weltcups im März in Tjumen. Die WM 2021, ebenfalls in Tjumen, sei hingegen noch kein Thema. "Das ist ein Fall für den IBU-Kongress im nächsten Jahr", sagte der norwegische IBU-Präsident Anders Besseberg.

Peiffer forderte unterdessen rasche Aktionen gegen möglicherweise gedopte Athleten - wohl auch, weil dann mit einigen Jahren Verspätung sein olympisches Staffel-Silber von Sotschi vergoldet werden könnte. Das DSV-Quartett hatte sich 2014 nur den Russen geschlagen geben müssen. Peiffer meinte allerdings in der ARD: "In der Staffel in Sotschi haben alle im Rahmen ihrer Möglichkeiten eine gute Leistung gezeigt."

Der Russe Anton Schipulin war damals Schlussläufer. Der 29-Jährige wurde am Donnerstag im Sprint von Nove Mesto zweiter hinter Fourcade und vor dem viermaligen Olympiasieger Emil Hegle Svendsen. Der Norweger war angesichts der Nachrichten geschockt und sagte der Zeitung Verdens Gang: "31 Athleten. Das sind verdammt viele. Es ist schlimmer als wir befürchtet haben. Das ist ein schwerer Schlag für den Biathlonsport."

(sid)
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