Biathlon-Seriensieger Simon Schempp: Der neue Schneekönig

Antholz/Düsseldorf · Simon Schempp ist der Mann der Stunde im Biathlon. Der Schwabe gewann die letzten drei Einzelrennen.

Simon Schempp ist nicht zu stoppen
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Foto: ap, FC FP

Es gab Zeiten, da hatten deutsche Biathleten aus Ost und West ein Abonnement auf den Weltcup. Von Frank Ullrich 1978 bis Fritz Fischer 1988 sicherten sie sich elfmal hintereinander die Saisonwertung. Doch seit der mittlerweile zurückgetretene Michael Greis vor acht Jahren den Weltcup holte, gingen die Bayern und Thüringer, die Sachsen und Schwaben leer aus. Der Franzose Martin Fourcade und der Norweger Emile Hegle Svendsen, der sich selbst etwas anmaßend als "Super-Svendsen" bezeichnet, bestimmten die Szene.

Doch jetzt mischt Simon Schempp vorn mit. Ein wenig überraschend. Der 26-Jährige stammt aus dem in den 1980er-Jahren durch Antiraketen-Demonstrationen bekannt gewordenen schwäbischen Ort Mutlangen, sein Verein trägt den schönen Namen Skizunft Uhingen. Und in die bunten Geschichten rund um die populäre Sportart Biathlon schaffte er es vor ein paar Jahren, weil er von 2008 bis 2011 mit der extrovertierten Kollegin Miriam Gössner liiert war. Seinen größten Erfolg feierte er vor knapp einem Jahr, als er bei den Olympischen Spielen in Sotschi zur Staffel gehörte, die die Silbermedaille holte.

Nach Abschluss der drei turbulenten Biathlon-Wochen in Oberhof, Ruhpolding und Antholz sitzt Schempp dem Franzosen Fourcade im Nacken. Er hat die drei zurückliegenden Einzelrennen für sich entschieden: den Massenstart von Ruhpolding sowie den Sprint und die Verfolgung von Antholz. Zweimal rang er seine Herausforderer erst auf den letzten Metern nieder und hatte einen hauchzarten Vorsprung. Als Schlussläufer der Staffel musste er gestern nur "Super-Svendsen" ziehen lassen, weil er sich drei Fehlschüsse leistete, mit den Nachladern aber traf.

"Natürlich gehe ich jetzt nicht davon aus, jede Woche auf dem Podium zu stehen. Die Leistungsdichte ist enorm hoch und die Konkurrenz stark", hatte er vor der Reise ins 1600 Meter hoch gelegene Antholzer Tal gesagt. Schempp kommt gut mit der ungewohnten Höhe klar. Schon im vergangenen Jahr gelangen ihm in Südtirol zwei Weltcupsiege. Zwei Doppelsiege in zwei Jahre hintereinander - das hatte in Antholz zuvor keiner geschafft.

Als großes Talent galt der Schwabe schon vor fünf, sechs Jahren. Doch bisweilen mutete er sich zuviel zu. Er trainierte sich "in den Keller", wie die Athleten sagen. Seine Leistungen litten unter einem Übermaß an Übungsarbeit, zeitweise fiel er sogar aus der Weltcup-Mannschaft. Nun hat er die Kurve gekriegt. Er trainiert in Ruhpolding jetzt dosierter und effizienter.

Es kommt nicht selten vor, dass Biathleten erst nach ihrem 25. Geburtstag ihr Leistungsvermögen zur Geltung bringen. Michael Greis zum Beispiel war schon 28, als er zum ersten Mal ein Weltcuprennen gewann. Ein Jahr später gewann er in Turin drei olympische Goldmedaillen.

Das steht für Schempp nun nicht unmittelbar an. Bis zu den nächsten Winterspielen - im koreanischen Pyoengchang - sind es ja noch drei Jahre hin. Mit seinen starken Resultaten und seiner Konstanz hat er sich in den engsten Kreis der Medaillenanwärter für die Weltmeisterschaften in fünfeinhalb Wochen im finnischen Kontiolahti gebracht. Auf dem Weg dorthin liegen noch die Weltcupstationen Nove Mesto (Tschechien) und Oslo vor ihm. Schempp sagt: "Für mich ist ein Gesamtweltcup-Sieg wesentlich höher einzuschätzen als jede WM-Medaille. Man muss über vier Monate konstant durchkommen, um so etwas zu erreichen. Bei einer Weltmeisterschaft zählen nur eineinhalb Wochen." Er liegt bestens im Rennen.

(RP)
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