Kurruptionsverdacht im Biathlon TV-Gelder statt Steuerzahler für den Anti-Doping-Kampf

Wien · Die Fahnder haben den Biathlon-Weltverband wegen des Verdachts von Doping und Korruption im Visier. Der Fall wirft erneut grundsätzliche Fragen auf. Der drohende Skandal könnte auch den Start in den neuen Winter im Dezember überschatten.

Die WADA erhebt schwere Vorwürfe gegen den ehemaligen IBU-Präsidenten Anders Besseberg.

Die WADA erhebt schwere Vorwürfe gegen den ehemaligen IBU-Präsidenten Anders Besseberg.

Foto: afp

Die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Wien gegen die IBU dürften noch Monate dauern, sagte Michael Cepic, Geschäftsführer der Nationalen Anti-Doping Agentur (NADA) in Österreich, der Deutschen Presse-Agentur dpa. Dennoch gibt es Hoffnung, dass die schweren Vorwürfe der Bestechung und Vertuschung von Dopingproben lückenlos aufgeklärt werden. "In Österreich funktioniert die Zusammenarbeit zwischen NADA und Ermittlern reibungslos", sagte Cepic.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen insgesamt zwölf Personen, gegen zwei wurden Korruptionsvorwürfe erhoben. Laut IBU wird gegen den Präsidenten Anders Besseberg und die deutsche Generalsekretärin Nicole Resch, die ihre Ämter ruhen lassen, ermittelt. Der Tatzeitraum betrifft vor allem die Biathlon-WM im Februar 2017 in Hochfilzen, die Korruptionsvorwürfe reichen bis 2012 zurück. Russische Dopingsünder sollen gedeckt und 65 Doping-Proben vertuscht worden sein. Bei der Vergabe der Biathlon-Weltmeisterschaft 2021 ans sibirische Tjumen sollen 2016 Bestechungsgelder geflossen sein.

Der Fall der IBU zeigt für Cepic vor allem eines: Dass der Kampf gegen Doping und Korruption dringend einer strukturellen Reform bedarf. Denn die Fachverbände befänden sich oft in einer Zwickmühle - wirtschaftliche Interessen und gleichzeitig sauberer Sport sind ganz offensichtlich nur schwer vereinbar. Die Forderung von Cepic ist deshalb eindeutig: "Die Kontrollen gehören weg vom Sport, weg von den Verbänden, denn sonst ist der Interessenskonflikt zu groß." So soll nach einem Bericht der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA Resch in der IBU quasi die alleinige Hoheit über das Doping-Verwaltungsprogramm gehabt und anderen IBU-Mitarbeitern den Zugang verwehrt.

Künftig soll laut Cepic die WADA mehr denn je eine Schlüsselrolle spielen. Keine personelle Verbindungen zwischen WADA und zum Beispiel dem Internationalen Olympischen Komitee, wie aktuell, dürfe es aber nicht geben. Außerdem solle der Sport, und nicht wie bisher der Steuerzahler, für die Kosten des Kontrollsystems aufkommen. 0,1 bis 0,3 Prozent der Gelder aus den TV-Übertragungsrechten sollten dafür zur Verfügung stehen. "Der Abstand zwischen Analytik und den Dopern könnte mit mehr Geld verkürzt werden", meinte der Sportfunktionär.

Der Anti-Dopingkampf kranke auch an den teils immer noch geringen Strafen für Dopingsünder. "Wenn ein Gebrauchtwagenhändler den Kilometerstand der Wagen manipuliert, dann droht ihm Gefängnis und nicht nur die Auflage, dass er ein paar Jahre keine Autos mehr verkaufen darf", meinte Cepic.

In der Alpenrepublik ist Doping anders als in Deutschland nicht strafbar. Doch sobald der Verdacht auf Handel mit Dopingmitteln besteht, schreiten die Behörden ein. 2016 sei mehr als eine Tonne Anabolika und Wachstumshormone sichergestellt worden. Pro Jahr werde etwa in zehn bis 20 solcher Fälle in Österreich ermittelt. "Biathlon ist ein Schwerpunkt bei den Kontrollen, aber nicht bei der Auffälligkeit", erklärte der NADA-Geschäftsführer.

Der Dopingskandal im Lager der österreichischen Biathleten und Langläufer bei den Olympischen Winterspielen in Turin 2006 war das Schlüsselerlebnis im heimischen Anti-Doping-Kampf. Seitdem spiele das Land eine führende Rolle im Ringen um sauberen Sport. Ähnlich wie in anderen Staaten Westeuropas sei "strukturelles Doping nicht erkennbar. Einzelne Zellen wird es aber immer geben", sagte Cepic.

(dpa)
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