Biathlon Der Coup des Erik Lesser

Ruhpolding/Düsseldorf · Ausgerechnet Erik Lesser, der Biathlon-Weltmeister, hatte vor dem Weltcup in Ruhpolding das WM-Ticket noch nicht gelöst. Zwar machte er sich keine großen Sorgen, aber die Diskussion über die leidige Norm, die er schon schaffen werde, nervte ihn.

Erik Lesser hat das WM-Ticker auf den letzten Drücker gelöst.

Erik Lesser hat das WM-Ticker auf den letzten Drücker gelöst.

Foto: dpa, mbk nic

Und wahrscheinlich stachelte sie ihn auch ein bisschen an. Beim Massenstartrennen am Samstag drehte er sich kurz vor dem Ziel um — vor ihm gab es ja nicht viel zu sehen, zumindest keinen der Kontrahenten. Und Lesser merkte: Das reicht heute für den Sieg. Und für die WM im norwegischen Oslo. Als er mit dem Bergarbeiter-Gruß an seinen Lieblings-Fußballverein Erzgebirge Aue über die Ziellinie lief, war es für den 27-Jährigen endlich wieder an der Zeit, glücklich zu sein.

Für die Rückkehr zur alten Stärke hatte Lesser, der seinen zweiten Sieg im Weltcup feierte, eine simple Erklärung: "Ich hatte ein Gespräch mit unserem Teampsychologen." Bundestrainer Mark Kirchner befand: "Wer schon Olympia-Medaillen gewonnen hat und Weltmeister war, der weiß, wie es geht." Lesser behielt im wilden Schneetreiben die Nerven. Er blieb ohne Schießfehler und hängte eindrucksvoll den französischen Dominator Martin Fourcade ab, der durch die Strafrunde kreiselte. Schon einen Tag vorher hatte Lesser Grund zum Jubeln: "Ich wusste, dass ich es drauf habe", sagte er nach Platz fünf mit der Männer-Staffel. Er hatte als Startläufer auf Rang zwei liegend gewechselt, ein Ausrufezeichen gesetzt.

Die deutschen Biathleten liefen in Ruhpolding wieder ganz vorne mit, darum sparte Bundestrainer Kirchner nicht mit Lob - auch für Simon Schempp nicht. Der 27-Jährige, der zwei Wochen wegen einer Erkältung fehlte, lief im Massenstart zum sechsten Platz. "Weltklasse" nannte Kirchner etwa die Schlussrunde des Schwaben. Beim Weltcup im italienischen Antholz, der Donnerstag beginnt, dürfte Schempp wieder in der Lage sein, um die Podestplätze mitzukämpfen, die er in dieser Saison abonniert hat. Er schießt wie ein Uhrwerk, läuft schneller als je zuvor - weil er trainiert wie ein Besessener - und ist damit auf dem besten Weg zur Nummer eins der Welt.

Die Leistungen der deutschen Biathleten sind beeindruckend. Nicht nur die der Herren, auch die der Damen. Die vielen Erfolge haben für ein unerschütterlich erscheinendes Selbstvertrauen gesorgt. Franziska Hildebrand (2.) und Laura Dahlmeier (3.) sorgten beim Heimweltcup für das vierte Doppel-Podest der deutschen Frauen. Das spiegelt sich in der Gesamtwertung wider: Hildebrand (28) ist Dritte, die sechs Jahre jüngere Dahlmeier liegt auf Rang vier.

Den goldenen Schlusspunkt des Weltcups mit der Staffel vermasselte den deutschen Damen, die ohne drei Weltmeisterinnen antraten, die Ukraine. "Aber auch Platz zwei ist ein grandioser Erfolg", sagte Dahlmeier zufrieden. Trainer Gerald Hönig gab jedenfalls wegen der starken Ergebnisse ein neues Ziel aus und kündigte den Angriff auf die tschechische Weltcup-Spitzenreiterin Gabriela Soukalova an: "Das ist eine tolle Herausforderung."

(RP)
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