Interview mit Georg Hackl "Muss ich immer der Hackl Schorsch sein?"

Der dreimalige Olympiasieger spricht vor dem Auftakt des Rodel-Weltcups in Winterberg am Wochenende über seine Arbeit als Trainer, die Qualitäten seines Schützlings Felix Loch und die Herausforderung, die seine Popularität mit sich bringt.

Interview mit Georg Hackl: "Muss ich immer der Hackl Schorsch sein?"
Foto: ap

Heute beginnt in Winterberg der Rodel-Weltcup. Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Läufe im Sauerland?

hackl An Winterberg habe ich sehr positive Erinnerungen. Mir hat die Bahn gut gelegen. Meine Gegner haben sie aber oft unterschätzt. In Winterberg musst du sehr präzise fahren, um schnell sein zu können.

Hätte der Rodler Georg Hackl gerne mit dem heutigen Trainer Georg Hackl zusammengearbeitet?

hackl Ja, schon (lacht). Ich wäre froh gewesen, wenn mich damals jemand so unterstützt hätte, wie ich das jetzt bei meinen Sportlern tue. Aber früher gab es das eben nicht, dass sich ein Trainer so umfangreich um die Schlitten gekümmert hat.

Inzwischen werden Fahrten im Eiskanal am Computer analysiert. Ersetzt der PC künftig das Gefühl des Athleten für seinen Schlitten?

hackl Nein. Das Gefühl ist nicht vom Computer zu ersetzen, und das ist auch gut so. Denn eine Fahrt soll ja die technische und koordinative Leistung zum Ausdruck bringen. Außerdem muss der Athlet jederzeit in der Lage sein, situationsbedingt zu reagieren. Das Messsystem hilft uns nur, den Fahrstil zu optimieren.

Wer deutsche Rodler trainiert, trainiert immer Favoriten? Erzeugt das jedes Jahr neuen Druck?

hackl Es ist auf jeden Fall komfortabler, als kein Favorit zu sein. Schlimmer wäre doch, sich für Misserfolge rechtfertigen zu müssen, oder?

Wahrscheinlich haben Sie recht. Wie viel müsste schieflaufen, dass Felix Loch nicht seinen sechsten Gesamtweltcup in Folge gewinnt?

hackl Ich erwarte schon, dass er vorne dabei ist. Gewinnen ist dann aber immer so eine Sache. Ich bin "nur" dreimal Weltmeister im Einsitzer geworden, aber zehnmal Zweiter. Das hat mich mächtig gewurmt, aber es gab jedes Mal einen Grund, warum ein anderer besser war.

Hätten Sie in Ihren besten Tagen ein Duell mit Felix Loch gewonnen?

hackl Der Felix hätte um Längen gewonnen. Das muss ich schon zugeben. Er ist einfach sehr viel größer, sehr viel kräftiger als ich. Er bringt die überragende Physis mit, die mir gefehlt hat. Ich musste während eines Laufs immer aufholen, und er hat nach dem Start schon einen Vorsprung. Und von der technischen Versiertheit und vom Fleiß, mit dem Material zu arbeiten, steht er mir in nichts nach.

Sie sind als Tüftler am Schlitten bekannt. Sind Sie auch außerhalb des Sports Perfektionist?

hackl Natürlich ist mir auch zu Hause manches wichtig, manches eben auch wurscht. Aber Dinge, die mir wichtig sind anzugehen, die verfolge ich dann auch mit Nachdruck. Gerade, wenn ich überzeugt bin, dass es um den Nutzen für die gesamte Menschheit geht.

Was meinen Sie konkret?

hackl Zum Beispiel blasen wir Kohle, Gas und Öl in die Atmosphäre. Oder noch schlimmer: Wir nutzen Atomkraft, und spätestens seit Fukushima weiß doch jeder, dass es weder mit Kernenergie noch mit fossilen Brennstoffen weitergehen kann. Angela Merkel hat die Energiewende eingeleitet, und die wird jetzt scheibchenweise zurückgebaut. Das ärgert mich maßlos.

Was tun Sie dagegen?

hackl Ich kommuniziere öffentlich, was ich zur Energiepolitik denke. Dabei habe ich früher geschmunzelt über Leute mit erhobenem Zeigefinger. Aber ich habe im Sport gelernt: Wenn erkennbar ist, dass ein Weg eine Sackgasse ist, muss ich so früh wie möglich einen anderen Weg gehen, um wieder erfolgreich zu sein.

Haben Sie mal überlegt, in die Politik zu gehen?

hackl Das tue ich ja. Ich sitze im Kreistag Berchtesgadener Land. Zudem engagiere ich mich schon länger für die Aktionsgruppe "Kinder in Not", und mittlerweile bin ich auch noch Botschafter für Biogas, weil ich es im Mix der regenerativen Energien für eine bedeutende Schlüsseltechnologie halte.

Biogas-Botschafter ist eine neue Facette Ihres Bildes in der Öffentlichkeit. Wie schwer ist es, jeden Tag der "Hackl Schorsch" zu sein?

hack Gegenfrage: Muss ich denn jeden Tag dem öffentlichen Bild von mir entsprechen?

Nein, ich denke nicht.

Hackl Sehen Sie, und ich bin überzeugt, dass sich jeder Mensch weiter entwickelt - hoffentlich zum Guten. Von daher will ich nicht immer krampfhaft dem einen Klischee, das es von mir gibt, entsprechen.

Aber dass Sie so beliebt sind, freut Sie schon?

hackl Ja, das ehrt mich in hohem Maße. Die Anerkennung, die mir zuteil wird, wenn mich wildfremde Menschen treffen, die ist schön. Das ist eine der ganz positiven Seiten des Bekanntheitsgrades, der ja nicht immer nur positive Seiten hat.

STEFAN KLÜTTERMANN FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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