Ski-Rennfahrr Felix Neureuther Der letzte Popstar des Wintersports

Düsseldorf · Felix Neureuther ist der einzig verbliebene deutsche Wintersportstar, der der breiten Masse bekannt ist. Mit seinem zehnten Weltcup-Sieg setzte er sich an die Spitze der Rennläufer des Deutschen Skiverbands.

Felix Neureuther haut's auf dem Treppchen um
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Neureuther haut's auf dem Treppchen um

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Foto: dpa, on sam

Klettertouren mit Skistiefeln sind keine einfache Sache. Das weiß jeder, der schon einmal versucht hat, in einer Alpenhütte auf dem Tisch zu tanzen. Felix Neureuther stolperte und fiel bei einer eigentlich leichteren Übung. Sein Sprung aufs Treppchen endete im ersten Versuch auf dem Hosenboden. Neureuther hatte den Slalom im italienischen Madonna di Campiglio gewonnen. Mit seinem zehnten Sieg im Weltcup war er an Markus Wasmeier vorbeigezogen und in dieser Wertung zum erfolgreichsten deutschen Skifahrer aufgestiegen. Darauf eine Champagner-Dusche!

Der Bursche hat Charisma. Er hat mit seinem Großer-Junge-Lächeln, seinem Zauselbart und seinen kleinen Eskapaden genau die Ausstrahlung, an der es den anderen deutschen Spitzensportlern des Winters mangelt. Eine Mischung aus Mädeltraum und Schwiegermutter-Liebling. Er ähnelt mehr seinem Vater Christian, der auch so ein Springinsfeld war, als seiner Mutter, der bodenständigen Rosi Mittermaier. In Biathletin Miriam Gössner hat er eine kapriziöse Freundin. Und seine ganze Karriere ist wegen der Vielzahl von Verletzungen und Zipperlein auch eine Leidensgeschichte.

Hätte Neureuther im Februar nicht unter den Nachwirkungen eines Autounfalls gelitten, sondern hätte er bei den Olympischen Spielen in Sotschi eine Medaille geholt, wäre wohl kaum Diskus-Europameister Robert Harting zum Sportler des Jahres gewählt worden.

Der deutsche Wintersport verfügt über herausragende Athleten: die von Felix Loch und Natalie Geisenberger angeführte Riege der Rodler, die Kombinierer um Eric Frenzel, die Springer mit Skiflug-Weltmeister Severin Freund an der Spitze. Doch anders als Neureuther werden sie außerhalb der deutschen Kernregionen des Wintersports in Bayern, Thüringen und Sachsen kaum auf der Straße erkannt. Sie sind keine Popstars.

Der deutsche Wintersport hat in den vergangenen Jahren nicht nur einen Schwund bei der Medaillenausbeute zu verkraften, sondern auch einen Schwund an Stars. Die Skirennläuferin Maria Höfl-Riesch, die Eissschnellläuferin Anni Friesinger, die Biathletinnen Magdalena Neuner und Kati Wilhelm, der Skispringer Martin Schmitt - ihre Gesichter und ihre Erfolge waren bundesweit bekannt. Jetzt sind sie nur noch als Experten oder Kommentatoren im Fernsehen zu vernehmen. Schmitt etwa wird nach Weihnachten seine erste Vierschanzentournee als Co-Kommentator bei Eurosport bestreiten.

Bleibt Neureuther. Der weiß seine Erfolgsbilanz einzuordnen: "Bester Deutscher mit nur zehn Weltcupsiegen zu sein, rühmt mich jetzt nicht so. Mein Ziel war es immer, über die Saison gesehen der beste Slalomfahrer der Welt zu sein." Er ist auf einem guten Weg. Doppel-Olympiasieger Wasmeier, mit neun Siegen nur noch die Nummer zwei in der deutschen Bestenliste, freute sich mit Neureuther. "Am liebsten wäre mir, wenn er bei Olympia 2018 auch noch zwei Goldmedaillen macht", sagte er, "dann kann er von mir aus noch 20 Rennen gewinnen."

Nach drei Slalom-Rennen in diesem Winter führt Neureuther die Weltcup-Wertung an - vor Weltmeister Marcel Hirscher (Österreich) und Fritz Dopfer, der den deutschen Doppelsieg perfekt machte. Seine Bilanz: Dritter, Zweiter - und nun Erster. So stark war Neureuther vor Weihnachten nie, seine neun Weltcupsiege zuvor holte er jeweils nach Silvester. "Gute, harte Arbeit", sei der Grund für die derzeitige Konstanz, betonte Cheftrainer Mathias Berthold, außerdem hätten Neureuther und Dopfer in Madonna di Campiglio "endlich mal durchgezogen". Das mit dem Durchziehen war Neureuther wichtig. "Er wollte diesen Sieg unbedingt", sagte Berthold.

(RP)
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