Ski-WM Neureuther widmet Bronze seiner Freundin Miri

St. Moritz · Felix Neureuther holt in seinem wohl letzten WM-Rennen fast sensationell die Bronzemedaille: Ein Jahr vor den Olympischen Spielen verfehlen die deutschen Ski-Rennläufer in St. Moritz ihre Ziele deutlich.

Felix Neureuther holt einzige deutsche Medaille
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Neureuther holt einzige deutsche Medaille

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Foto: dpa, mkx hpl

Felix Neureuther konnte sein Glück kaum fassen. Als er in seinem wohl letzten Rennen bei Weltmeisterschaften fast sensationell Bronze sicher hatte, wusste er gar nicht, wohin mit all seinen Gefühlen. Er weinte ohne Hemmungen, er stammelte, weil er nicht wusste, wie er seine Emotionen in Worte fassen sollte, er wirkte beinahe wie in Trance. Und eines war ihm ganz besonders wichtig. "Diese Medaille", sagte er unter Tränen, "gehört der Miri", seiner nicht für die Biathlon-WM nominierten der Freundin Miriam Gössner. "Der geht es zu Hause nicht so gut."

Es war eine Medaille, mit der Neureuther wohl nicht mehr gerechnet hatte. Und nicht nur er. Im Zielraum umarmte der überglückliche Felix erst den Österreicher Manuell Feller, der Silber gewonnen hatte, und warf sich dann halb auf den noch am Boden liegenden neuen Weltmeister Marcel Hirscher. Der war baff erstaunt, wen er da über sich sah: "Was machst Du denn hier?", rief er Neureuther verdutzt zu. Cheftrainer Mathias Berthold stieß hervor: "Boah, wie geil ist das denn."

Der erstaunte Ausruf von Hirscher, der sich nach Silber in der Kombination und Gold im Riesenslalom zum König von St. Moritz krönte, beschrieb völlig unzureichend, was Neureuther durch den Kopf schoss. Ein kaputter Rücken seit dem Team-Wettbewerb am Dienstag, Rang 16 im Riesenslalom, Rang 10 nach dem ersten Lauf im Slalom - und dann das: "Es ist alles sehr emotional für mich", sagte, stammelte Neureuther, weinend vor Glück, "das ist echt sehr speziell mit den Problemen, die ich die letzten Tage hatte."

"Schöner kann's nicht werden"

Wie viel Neureuther die dritte Einzelmedaille nach Silber 2013 und Bronze 2015 bedeutet, war nicht zu überhören, und nicht zu übersehen. Der 32 Jahre alte Partenkirchner, auch schon mal mit Mannschaftsgold (2005) und -Bronze (2013) dekoriert, ist zudem erst der zweite Skirennläufer nach dem Luxemburger Marc Girardelli (1989, 91, 93), der bei drei aufeinanderfolgenden Weltmeisterschaften im Slalom das Siegerpodest erklomm. "Ich denke, es sind doch meine letzten Weltmeisterschaften, schöner kann's nicht werden als hier in St. Moritz", sagte Neureuther.

14 Jahre zuvor hatte Neureuther seine ersten Weltmeisterschaften bestritten - ebenfalls in St. Moritz. Er war damals mit Laufbestzeit im zweiten Durchgang 15. geworden im Slalom. All die Jahre seitdem, sagte er, seien nun wie ein Film vor seinem geistigem Auge abgelaufen, als er diese Bronzemedaille hatte. "Es ist Wahnsinn", sagte er, schwer schluckend, "da kommt alles hoch, die letzten 14 Jahre, der ganze Weg." Es ist anzunehmen, das Neureuthers Weg noch bis Olympia 2018 weitergeht - es dürfte der krönende Abschluss einer ganz besonderen Karriere werden.

Zunächst aber ließ diese Bronzemedaille keinen kalt. Nicht die Eltern, "Gold-Rosi" Mittermaier und Christian Neureuther sowie Schwester Ameli, die live dabei waren. Nicht Marcel Hirscher, der betonte: "Das freut mich gewaltig für ihn." Und nicht den aufgewühlten DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier, der sich mit Cheftrainer Mathias Berthold in den Armen lag und betonte, "außer den zwei Goldmedaillen von Markus Wasmeier" (bei Olympia 1994) reiche bei deutschen Alpin-Männern nichts an Neureuthers Lebensleistung heran. Und noch ist die Karriere ja nicht zu Ende.

Im Überschwang der Gefühle wollte und konnte Maier aber auch nicht über die ansonsten ernüchternde deutsche Bilanz in St. Moritz hinweggehen. "Der Felix hat uns den Arsch gerettet", sagte er. Drei Medaillen hatten sich die Alpinen des DSV erhofft. "Auch die Medaille von Felix wird nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir über viele Dinge nachdenken müssen. Es fehlt uns ein bisschen Nachwuchs und an Typen, die diesen Rennsport wirklich als Rennsport betreiben wollen", sagte Maier.

(sid)
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