Ski-WM Höfl-Rieschs Schatten liegt über den deutschen Slalom-Damen

Lena Dürr galt als großes Talent. Am Samstag startet sie im WM-Slalom. Doch in dieser Disziplin hat Maria Höfl-Riesch jahrelang große Mängel verdeckt.

 Lena Dürr ist bei der WM dabei, obwohl sie die Norm nicht geschafft hat.

Lena Dürr ist bei der WM dabei, obwohl sie die Norm nicht geschafft hat.

Foto: dpa, jgm ase hak

Wenn Felix Neureuther in dieser Woche nicht ihren Namen in den Mund genommen hätte, es wäre womöglich gar nicht aufgefallen, dass Dürr in Vail angekommen ist. Neureuther hätte sie im Team-Wettbewerb gerne dabeigehabt, für die Trainer war das offensichtlich keine Option. Und so gab es ein bisschen Ärger, noch dazu um eine, die streng genommen bei der Ski-WM gar nicht starten dürfte: Die WM-Norm des Deutschen Skiverbandes (DSV) hatte Lena Dürr nämlich nicht mal im Ansatz erfüllt.

Neureuther hatte in einem recht: Lena Dürr ist eine Fachkraft für die Abteilung Slalom. Aber: Lena Dürr hat ihre besten Jahre einstweilen hinter sich, sie stagniert, seit ihr in der Saison 2011/2012 der Durchbruch im Weltcup zu gelingen schien. Seitdem hat sie für Aufmerksamkeit gesorgt: Durch ihren überraschenden Sieg beim Weltcup-Parallel-Slalom in Moskau im Januar 2013; als Mitglied der Mannschaft, die bei der WM 2013 Bronze gewann; als Freundin von Fritz Dopfer; und nun als Streitobjekt.

Lena Dürr hat die WM-Norm wie alle anderen DSV-Damen mit Ausnahme von Viktoria Rebensburg nicht erfüllt, sie hat sich erst kurz vor der WM in einem Ausscheidungsrennen gegen fünf Teamkolleginnen einen von zwei freien WM-Plätzen gesichert (der zweite ging an Maren Wiesler). "Die Chancen im Damenslalom", sagte Alpindirektor Wolfgang Maier nach dem Riesenslalom-Silber von Viktoria Rebensburg nüchtern, "sind natürlich mehr als gering. Aber das ist jetzt nicht mein zentrales Thema."

Lena Dürr steht auch ein bisschen symbolhaft für die deutsche Slalom-Mannschaft. Ein paar Jahre lang herrschte die Meinung vor, die Deutschen hätten das beste Team der Welt in dieser Disziplin - das stimmte allerdings so nie. Tatsächlich hat sich keine Läuferin im Windschatten von Maria Höfl-Riesch im Slalom auf Dauer in der Weltspitze etablieren können. Die letzte Top-3-Platzierung in dieser Disziplin, die nicht von Höfl-Riesch erreicht wurde, datiert vom Dezember 2010. Da wurde Christina Geiger Dritte in Semmering.

Und wie sehr die deutschen Frauen vor allem auch im Slalom von Höfl-Riesch abhängig waren, zeigt ein Blick auf die Statistik: In den fünf Wintern vor ihrem Rücktritt wurden im Weltcup 44 Slaloms ausgetragen. Dabei gab es beachtliche 59 Platzierungen in den Top Ten. Aber fast die Hälfte davon (28) sowie alle Siege (3) und 16 von 19 Top-3-Platzierungen gingen auf das Konto von Höfl-Riesch. Medaillen? Auch nur Höfl-Riesch: 2009 war sie Weltmeisterin im Slalom, 2010 Olympiasiegerin. Ohne dieses Schutzschild stehen die DSV-Frauen jetzt ziemlich entblößt da.

(sid)
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