40 Jahre Olympia-Gold Als Rosa Mittermaier zur "Gold-Rosi" wurde

Garmisch-Partenkirchen · Vor 40 Jahren gewann Rosa Katharina Mittermaier aus Reit im Winkl bei den Olympischen Spielen von Innsbruck Gold in der Abfahrt. Seitdem ist sie die "Gold-Rosi". Ein Blick zurück.

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Foto: dpa, lrei_hae nic

Das "Haus Kapferer" hat Rosi Mittermaier nicht gefunden, als sie Mitte Januar in der Axamer Lizum war. Die Veranstalter der International Children's Games hatten sie eingeladen, sie kam selbstverständlich gerne zurück an den Ort, "an dem ich so viel Glück und Erfolg gehabt habe". Sie überreichten ihr dann sogar noch einmal eine Goldmedaille, und weil Hugo Nindl, Leiter der Skischule in Axams, ein gutes Erinnerungsvermögen hat, gab er der Rosi noch 40 Rosen. Nur, das "Haus Kapferer", das gibt es nicht mehr.

40 Jahre ist es her, dass aus Rosa Katharina Mittermaier von der Winklmoosalm über Reit im Winkl die "Gold-Rosi" wurde. Am 8. Februar 1976 gewann die damals 26 Jahre alte Hotelfachfrau die Abfahrt am "Hoadl". Deutschland drehte durch, und als drei Tage später erst Gold im Slalom dazukam und nochmal zwei Tage später Silber im Riesenslalom, hatte das Land ein neues Idol. "Dass so ein Hype entsteht ...". Mittermaier bringt den Satz nicht zu Ende, aber: Nein, das hätte sie nicht erwartet.

Im Januar ist Mittermaier erst zum dritten Mal seit dieser "intensiven Zeit" im Februar 1976 in der Axamer Lizum gewesen. Einmal, vor 20 Jahren, war sie zum Ski fahren dort. Dann noch zu ihrem 60. Geburtstag, mit Cathy Kreiner aus Kanada, die ihr damals im Riesenslalom das dritte Gold weggeschnappt hatte. Im Sommer war das, "und im Zielgelände", erzählt Mittermaier, da "haben die Kühe gegrast". Weitere Besuche hätten sich einfach nicht ergeben. Warum auch hätte sie dorthin pilgern sollen?

Rosi Mittermaier ist keine, die auch nur im Ansatz eine Art Kult um sich geduldet hätte. Dazu ist sie zu bescheiden. "Die Leute erwähnen einen halt. Oder erzählen einem, wo sie damals waren, als es passiert ist", sagt sie fast verlegen. Ach ja, dass sie auf ewig die "Gold-Rosi" bleiben wird, das, beteuert sie, "das stört mich nicht", und außerdem, fügt sie mit einem Augenzwinkern an: "Pech-Marie wäre schlechter." Nein, betont die 65-Jährige, "ich kann mich nicht beschweren."

Ihre Erinnerungen sind lebendig wie eh und ja - und vor allem an die Tage vor 40 Jahren. Am Abend vor der Abfahrt, berichtet Mittermaier mit einem spitzbübischen Grinsen, sei sie im "Haus Kapferer" mit Schwester Evi in die Stube gegangen, dort hatten Journalisten ihre Schreibmaschinen aufgebaut. "Wir haben eine Gaudi gemacht", verrät Mittermaier, "und haben die Ergebnisse und Berichte für den nächsten Tag geschrieben." Die Evi, sagt Rosi, habe sie da schon zur Olympiasiegerin gemacht.

"Ich kann mich noch an alles erinnern", erzählt Mittermaier. Dazu gehören auch die Tage und Wochen nach Innsbruck. 40.000 Briefe seien damals droben auf der Winklmoosalm eingetroffen, "ums Haus rum ist kein Gras mehr gewachsen, so sind die Leut' da rumgetrampelt". Und weil es den Mittermaiers dann doch zu viel wurde, verlegten sie die Küche vom Erdgeschoss hoch in den ersten Stock. "Mei", sagt Mittermaier mit der für sie so charakteristischen Milde, "die Leut' waren halt Fans."

Das prägendste Erlebnis damals sei die Schlussfeier gewesen, erzählt Mittermaier. Sie durfte die Fahne der BRD tragen, und versuchte, sich beim Fahnenträger der DDR unterzuhaken, beim Nordischen Kombinierer Ulrich Wehling. Es klappte nicht. Und doch betont sie immer wieder schwärmerisch, wie einzigartig Olympische Spiele sind: "Wenn man einmal dabei war, und die Verbundenheit mit den anderen Nationen gespürt hat, vergisst man das nie." Sie vergisst das nicht. Andere schon.

Rosi Mittermaier weiß sehr wohl, dass sich die Zeiten geändert haben. Dass die Ideale, für die sie ein Leben lang eingetreten ist, verraten werden: Bei Olympia stehen Kommerz und Medaillen im Mittelpunkt. Mittermaier sagt deshalb Sätze wie: "Menschen, die nur die ersten drei Plätze sehen, verstehen nicht, worum es wirklich geht." Oder: "Auf den Medaillenspiegel schauen nur Menschen, die nie im Sport waren." Oder: "Es zählt nicht der Sieg, sondern der Mensch, der dahinter steht."

Tatsächlich befürchtet "Gold-Rosi", dass Olympia, dass der Sport bald am Ende ist. "Wenn das in der Art weitergeht, wenn Werte im Sport nichts mehr zählen, ist das der Tod für die Olympischen Spiele", sagte sie im Interview auf der Website der Deutschen Sporthilfe. "Die Werte", wirft sie den Herren der Ringe vor, "müsste man viel mehr rausstellen" Aber "die", befürchtet sie, "wissen gar nicht, was sie für einen Schatz haben." Sie weiß das - auch noch nach mehr als 40 Jahren.

(ems/sid)
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