Ski-WM Felix Neureuther, der ewige Patient

St. Moritz · Felix Neureuther glaubte, seine Rücken-Probleme weitgehend im Griff zu haben. Doch für den Rest seiner Karriere verheißt die neuerliche Verletzung nichts Gutes. Immerhin konnte er am Mittwoch leicht trainieren.

 Felix Neureuther hatte nach dem Team-Wettbewerb wieder Schmerzen im Rücken.

Felix Neureuther hatte nach dem Team-Wettbewerb wieder Schmerzen im Rücken.

Foto: dpa, mik fdt

Felix Neureuther hätte sich diesen Team-Wettbewerb einfach schenken sollen. Er hat in seiner Karriere nicht mehr viele Rennen, in denen es für ihn wirklich noch um etwas geht, genau genommen vier: den Riesenslalom und den Slalom bei dieser WM in St. Moritz, und den Riesenslalom und den Slalom bei Olympia 2018 in Pyeongchang. Seine Teilnahme an den ersten beiden ist derzeit ernsthaft gefährdet. Weil er sich beim Sprung, der beim Team Event in den Kurs eingebaut ist, wieder mal den Rücken ramponierte. Musste nicht sein.

Im Hotel "Cresta Palace" in Celerina herrschte am Mittwoch große Betriebsamkeit. Massagen, Belastungsproben - am Vormittag absolvierte Neureuther sogar "einige lockere Fahrten", teilte der Deutsche Skiverband (DSV) mit. Ziel: Den 32 -Jährigen für den Riesenslalom am Freitag, zumindest aber für den Slalom am Sonntag irgendwie hinzubekommen. Die Situation ist nicht neu, der ewige Rückenpatient fuhr bereits Rennen in einem Zustand, der die Trainer fassungslos machte. Etwa bei Olympia 2014 in Sotschi, als er nach einem Autounfall bei der Anreise grün und blau war und im Riesenslalom und Slalom trotzdem an den Start ging - aber letztlich chancenlos war.

"Es kostet viel Energie"

Über seinen Rücken redet Neureuther nicht gerne, genau genommen nervt ihn dieses Thema. Schon bei der WM in St. Moritz 2003 war er regelmäßig zu Besuch bei Ärzten und Masseuren, er kennt vermutlich jede Faser auf seiner "Baustelle", wie seine Freundin Miriam Gössner den geschundenen Körper von Neureuther mal genannt hat, beim Vornamen, Ärzte und Physiotherapeuten hat er in all den Jahren zur Genüge gesehen. Eingeräumt hat er allenfalls, dass es vor allem mental "sehr viel Energie kostet, sich immer wieder zurückzukämpfen".

Nach der WM 2015, als er in Beaver Creek hinter seinem derzeit verletzten Mannschaftskollegen Fritz Dopfer Bronze gewann, bestritt Neureuther noch das Weltcup-Finale: Er wollte endlich den Slalom-Weltcup gewinnen. Das Vorhaben misslang, denn: er bekam Lähmungserscheinungen in den Beinen, ausgehend vom Rücken. Es folgte eine Operation, bei der nicht weniger als seine Karriere auf dem Spiel stand. Anschließend entschloss sich Neureuther, nicht zuletzt mit Blick auf Olympia 2018, seinen Rücken mehr oder weniger neu aufzubauen.

Im Winter 2015/2016 stand keine Großveranstaltung an, Neureuther nutzte sie als "Übergangssaison, damit sich der Rücken erholen kann". Es habe sich gelohnt, sagte er vor diesem Winter. In der Vorbereitung auf seine mittlerweile 14. Saison im Weltcup habe er "all die Dinge gemacht, von denen ich geglaubt habe, dass ich sie nicht mehr tun kann", betonte er im vergangenen Oktober. Auch wenn er ab und an mal Schmerzen habe: Wenn er aus dem Starthaus fahre, habe er nicht mehr im Kopf, dass "mir einer mit dem Messer in den Rücken sticht".

Am Dienstag kam der unsichtbare Mann mit dem Messer unangemeldet zurück. Das heißt erst mal: wieder kein Training, wieder keine anständige Vorbereitung, wieder keine der doch so wichtigen Materialtests - eine Art Teufelskreis, aus dem es für Neureuther trotz seines skifahrerischen Genies kein Entrinnen mehr zu geben scheint. Wahrhaft keine guten Aussichten. Neureuther, so viel ist sicher, wird am Start stehen, wenn er irgendwie dorthin kommt. Aber irgendwie reicht wohl auf Dauer nicht mehr für einen Platz auf dem Siegerpodest.

(sid)
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