Bewerbung für Biathlon-WM stockt 27 Millionen Kosten: Weltcup-Status von Oberhof gefährdet

Oberhof · Oberhof will 2020 oder 2021 zum zweiten Mal die Biathlon-WM ausrichten. Vor einem Jahr wurde die Bewerbung vorgestellt. Passiert ist seitdem im Wahljahr 2014 wenig.

Biathlon: Weltcup-Status von Oberhof gefährdet
Foto: dpa, hsc hak jhe

Oberhof will 2020 oder 2021 zum zweiten Mal die Biathlon-Weltmeisterschaft ausrichten. 27,1 Millionen Euro sind nach einer Studie nötig, um die maroden Oberhofer Sportstätten WM-tauglich zu machen. Doch in den Koalitionsvertrag der neuen Rot-Rot-Grünen Landesregierung fand die im letzten Jahr öffentlichkeitswirksam angekündigte WM-Bewerbung keinen Eingang. "Ich mache mir ernsthafte Sorgen, wie es weitergehen soll", bekennt Sabine Reuß, die Präsidentin des Thüringer Skiverbands.

Denn das Projekt war schon einmal weiter. Mit 50 000 Euro Landeszuschuss für eine Machbarkeitsstudie hatte vor einem Jahr Thüringens Sportministerin Heike Taubert die Oberhofer WM-Bewerbung angeschoben. "Die Landesregierung unterstützt die Bewerbung", erklärte die SPD-Politikerin damals. Der Finanzminister werde bereits in den Doppelhaushalt 2015/16 Mittel für die Umsetzung der Studien-Ergebnisse einstellen, kündigte sie damals an.

Nun sagt die Ministerin, in der neuen Regierung als Finanzministerin tätig, dass sie im Doppelhaushalt 2016/17 die Mittel für die schrittweise Modernisierung einstellen wolle. "Dieses Jahr müssen wir nutzen, um Vorarbeiten wie Bauanfragen abzuschließen, damit 2016 mit den Umbauten begonnen werden kann", ergänzte sie. Taubert erklärte auf dpa-Anfrage, dass sie die Oberhofer WM-Bewerbung weiter unterstütze. "Die Studie hat die Voraussetzungen geliefert, wie wir weitermachen sollten."

Im Sommer kommenden Jahres wird die Internationale Biathlon-Union (IBU) über die Vergabe der Welttitelkämpfe 2020 und 2021 entscheiden. Wenn bis dahin nicht einige dringend notwendige Bauarbeiten zumindest begonnen wurden, braucht sich Oberhof überhaupt nicht zu bewerben.

Seit einigen Jahren setzt die IBU voraus, dass die Stadien der Bewerber WM-tauglich, die Baumaßnahmen zumindest angelaufen sind. Und die Bewerber stehen Schlange.

Zahlreiche Biathlon-Ausrichter sind mit ihren Anlagen an der Oberhofer Arena vorbeigezogen. Oberhof wird sogar als ständiger Weltcuport infrage gestellt. Notwendig sind Veränderungen des Loipen-Netzes und der unterirdischen Laufwege im Stadion sowie die Vergrößerung des Hauptgebäudes und der Örtlichkeiten für Wachstrucks und TV-Technik. Bis 2018 steht der Weltcup am Rennsteig im IBU-Kalender. Sollten nicht spätestens 2017 die Anforderungen des Weltverbands erfüllt werden, droht Oberhof sogar der Rauswurf aus der "Champions League". Taubert betonte aber "ein bedeutsames Thüringer Interesse am Weltcup, auch als Aushängeschild für den Tourismus".

Die vor einem Jahr bestellte Machbarkeitsstudie liegt seit März 2014 vor. Auskünfte zum Inhalt erteilten seitdem weder das damals für den Sport zuständige Sozialministerium noch das ebenfalls SPD-geführte Wirtschaftsministerium. Durchgesickert ist, dass die Experten für den Umbau der Arena und des Umfelds als weltmeisterschaftstaugliches Stadion sowie für Weltcups im Jahrzehnt danach netto rund 27,1 Millionen Euro errechnet haben.

Es gab offenbar auch schon erste Abstimmungen zwischen den Ministerien. Das Ergebnis: Gut 17 Millionen Euro entfallen auf sportfachliche Kosten, rund zehn Millionen Euro für die Verbesserung der Infrastruktur.

Denn die Arena ist das Herz des Thüringer nordischen Skisports. Dem Freistaat würden erhebliche Einnahmen entgehen, falls Oberhof aus dem Weltcup-Kalender verschwindet. Seit 2004 haben die Weltcup-Ausrichter über fünf Millionen Euro Steuern und Abgaben an die Stadt Oberhof gezahlt. Pro Jahr spült allein der Biathlon-Weltcup mehr als eine Millionen Euro Mehrwertsteuer in die Staatskasse. In der Region erzielen Gastgewerbe, Handwerk und andere Versorger pro Biathlon-Weltcup rund 20 Millionen Euro Umsatz.

Im Vorfeld des am Mittwoch beginnenden Weltcups deutet sich etwas Bewegung an. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), seine Stellvertreterin, Neu-Finanzministerin Taubert, und Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (beide SPD) haben sich angesagt. "Wir suchen mit allen das Gespräch", kündigte Sabine Reuß an. Die Präsidentin des Thüringer Skiverbands wird dabei von DSV-Generalsekretär Thomas Pfüller unterstützt.

(dpa)
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