Skiflug-WM Deutsche Skispringer jenseits der Weltspitze

Planica (RPO). Das Team nur Siebter und Michael Uhrmann auf Platz 19 - Deutschlands entkräftete Skispringer haben die Saison mit einem historischen Absturz bei der Skiflug-Weltmeisterschaft in Planica beendet. "Wir sind Lichtjahre von der Weltspitze entfernt. Das ist nach dem Höhepunkt mit Olympiasilber ein schwarzer Fleck in unserer Bilanz", sagte Bundestrainer Werner Schuster frustriert.

 Gregor Schlierenzauer (links), Sieger Simon Ammann (mitte) und Anders Jacobsen auf dem Podium.

Gregor Schlierenzauer (links), Sieger Simon Ammann (mitte) und Anders Jacobsen auf dem Podium.

Foto: AFP, AFP

Titelverteidiger Österreich und Überflieger Simon Ammann (Schweiz) gewannen die Titel bei der Flugshow vor über 50.000 Fans.

"Das ist natürlich enttäuschend, aber wir hatten einfach nicht mehr die Form und die mentale Frische", sagte Martin Schmitt mit Blick auf die umgerechnet 250 Meter Rückstand auf Sieger Österreich: "Aber irgendjemand musste ja springen, deshalb haben wir uns gemeldet."

Nach dem zuvor schlechtesten Ergebnis bei der Heim-WM vor zwei Jahren in Oberstdorf - Platz vier im Team und Rang 15 für Schmitt - war der damalige Chefcoach Peter Rohwein gefeuert worden. Diesmal will DSV-Sportdirektor Thomas Pfüller den 2011 auslaufenden Vertrag mit Schuster sogar vorzeitig bis 2014 verlängern, doch der Österreicher stellt Bedingungen.

"Erstmal müssen vielfältige Aufgaben im Verband gelöst werden. Es ist eine Verunsicherung im System. Und ich werde mich auch selbst hinterfragen", sagte Schuster. Marc Nölke, bisher Co-Trainer in Österreich, soll in gleicher Position nach Deutschland wechseln und das Knowhow des seit Jahren dominanten Erzrivalen mitbringen.

Die Austria-Adler verteidigten ihren Titel souverän vor Norwegen und Finnland. Michael Uhrmann, Martin Schmitt, Michael Neumayer und Richard Freitag hatten unglaubliche 308,5 Punkte Rückstand auf die Goldgewinner.

Im Einzelwettbewerb waren zuvor Uhrmann als 19. und Schmitt auf Platz 21 die besten der enttäuschenden Deutschen gewesen. "Für den Titel bester Deutscher kann ich mir nix kaufen. Wir haben Vancouver richtig Gas gegeben und jetzt sind wir halt 10 bis 15 Plätze weiter hinten." Uhrmann sammelte diesmal in seinen vier Flügen 745,7 Punkte und hatte damit 190 Punkte - umgerechnet 160 Meter - Rückstand auf den neuen Weltmeister Ammann (935,8).

Der Schweizer Überflieger holte damit nach zweimal Olympiagold und dem Gesamtweltcup-Sieg auch den letzten Titel der Saison: "Alle meine Träume haben sich erfüllt. Das ist das perfekte Gefühl nach einer perfekten Saison." Und fast hätte er sich auch noch den Weltrekord geholt, denn bei seinen 236,5 Metern im letzten Sprung der Konkurrenz fehlten ihm nur 2,5 Meter zur Bestmarke des Norwegers Björn Einar Romören. "Simi hatte seit Ende Januar alles im Griff, da muss man sich für nächsten Winter was überlegen", sagte Uhrmann.

Hinter dem zweiten Schweizer Skiflug-Weltmeister der Geschichte nach Walter Steiner (1972 und 1977) holte Titelverteidiger Gregor Schlierenzauer (Österreich/910,3) Silber vor dem Norweger Anders Jacobsen (894,0).

Der Ansturm der Fans ließ im schmalen Planica-Tal und dem gesamten Umfeld den Verkehr am Samstag für Stunden zusammenbrechen. Tausende Fans mussten wieder umkehren, weil das Stadion mit 35.000 Zuschauern überfüllt war. Viele Anhänger waren schon in den Morgenstunden restlos betrunken - und bekamen so vom deutschen Debakel nicht so viel mit. Schuster: "Die Sportler und der Verband sind gefordert, so einen Tag auszuhalten. Wir müssen im Skifliegen dringend etwas tun."

Ergebnisse:

Skifliegen, Weltmeisterschaft in Planica:

Teamwettbewerb: 1. Österreich (Wolfgang Loitzl, Thomas Morgenstern, Martin Koch, Gregor Schlierenzauer) 1641,4 Punkte, 2. Norwegen (Anders Bardal, Anders Jacobsen, Johann Remen Evensen, Björn Einar Romören) 1542,3, 3. Finnland (Matti Hautamäki, Olli Muotka, Janne Happonen, Harri Olii) 1474,3, 4. Polen 1452,5, 5. Tschechien 1399,2, 6. Slowenien 1332,9, 7. Deutschland (Michael Neumayer/Berchtesgaden, Richard Freitag/Aue, Martin Schmitt/Furtwangen, Michael Uhrmann/Rastbüchl) 1332,9

Einzelwettbewerb: 1. Simon Ammann (Schweiz) 935,8 Punkte (216, 5+216,5+227+236,5 Meter), 2. Gregor Schlierenzauer (Österreich) 910, 3 (209,5+205+222,5+230,5), 3. Anders Jacobsen (Norwegen) 894,0 (217+194,5+230,5+227,5), 4. Adam Malysz (Polen) 893,6, 5. Robert Kranjec (Slowenien) 873,5, 6. Wolfgang Loitzl 865,3, 7. Thomas Morgenstern (beide Österreich) 855,4, 8. Antonin Hajek (Tschechien) 844,9, 9. Björn Einar Romören (Norwegen) 844,5, 10. Martin Koch (Österreich) 839,8, ... 19. Michael Uhrmann (Rastbüchl) 745,7 (185, 5+201+211,5+203,5), ... 21. Martin Schmitt (Furtwangen) 721,8 (194+200+186,5+193,5), 22. Michael Neumayer (Berchtesgaden) 714,0 (184,5+189,5+198,5+205,5), ... 28. Richard Freitag (Aue) 685,7 (181, 5+198,5+170+193,5)

(SID/rl)
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