Skispringer feiert zweites Comeback Janne Ahonen will Taten sprechen lassen

Klingenthal · Mit 36 Jahren feiert Janne Ahonen am Wochenende in Klingenthal sein zweites Comeback im Weltcup. Der große Finne will sich seinen Traum von einer olympischen Einzelmedaille erfüllen - und ist Hoffnungsträger einer gebeutelten Skisprung-Nation.

Der Zopf ist ab, das jungenhafte Gesicht deutlich gealtert, die Wangen leicht eingefallen: Der Zahn der Zeit hat an Janne Ahonen genagt. Äußerlich zumindest. Seine typische Einsilbigkeit pflegt Finnlands Skisprung-Star aber weiterhin mit Konsequenz. "Nicht gut", bilanzierte der 36-Jährigen seinen achten Platz beim Testspringen in Rovaniemi vergangene Woche. Für Ahonen war damit alles gesagt - für alle anderen blieben viele Fragen offen.

Ahonen, der am Wochenende in Klingenthal sein zweites Comeback im Weltcup feiert, ist derzeit das Phantom der Springerszene. Niemand kann ihn richtig einschätzen, er selbst hält sich weitgehend bedeckt. Der Schweiger aus Lahti will Taten sprechen lassen und sein großes Ziel erreichen, endlich mit olympischem Edelmetall im Einzel seine Karriere zu vollenden. "Ich will eine Medaille gewinnen - bei der Tournee und bei Olympia", sagte "Finnair" der Tageszeitung Die Welt.

In seiner ersten Laufbahn vom Debüt als 15-Jähriger (1992) bis zum Rücktritt mit 30 (2008) gewann Ahonen nahezu alles, was es zu gewinnen gab: Fünf Weltmeistertitel, als Erster und Einziger fünfmal die Vierschanzentournee, zweimal den Gesamtweltcup, olympische Medaillen mit dem Team - aber eben nicht als Solist. 2009 kehrte Ahonen zurück, schaffte es ein fünftes Mal zu Olympia - und wurde Vierter von der kleinen Schanze. Wieder keine Medaille - dieser Makel seiner ansonsten makellosen Karriere nagte an Ahonen.

2011, als die Jagd nach seinem persönlichen Weißen Wal aussichtslos geworden schien, warf Ahonen erneut das Handtuch. "Nach all den Erfolgen plagte ich mich mit Problemen und hatte keine Motivation mehr - da musste ich aufhören", sagte er. Zwei Jahre widmete Ahonen gänzlich seiner Familie, den Kick holte er sich nebenher bei Rennen mit seinem Dragster-Team. Irgendwann reichte das nicht mehr: "Ich schaute Skispringen im Fernsehen und fing an, mich zu fragen, ob ich immer noch eine Chance hätte."

"Ich habe keine Angst, zu versagen"

Ahonen meldete sich bei seinem alten Coach Ari Saukko, der ihn in der ersten Karrierephase zum Topstar gemacht hatte, trainierte verbissen — auch an der Seite seines hochtalentierten Sohns Mico (11). "Ich bin physisch stärker als 2009", sagte Ahonen: "Ich habe keine Angst zu versagen."

Fachleute, Kontrahenten und alte Weggefährten rätseln indes über Ahonens Stärke - auch wenn dieser im Sommer-Grand Prix in Klingenthal als Dritter glänzte: "Er hat einen extrem durchtrainierten Eindruck gemacht", sagte Bundestrainer Werner Schuster: "Eine Olympiamedaille wird sehr, sehr schwer. Aber dass er jederzeit unter den besten Zehn oder Drei auftaucht, glaube ich sofort."

Österreichs Überflieger Gregor Schlierenzauer zweifelt am sportlichen Wert des Comebacks, nannte es lediglich "nett für den Sport und die Finnen". Toni Nieminen, Olympiasieger von 1992, befürchtet, dass Ahonen mit seinem Ruf spielt: "Der Druck auf ihn wird unvorstellbar sein. Es geht um seine Glaubwürdigkeit, da ist einiges an Risiko dabei."

Für die gebeutelte finnische Skisprung-Nation, die im Vorjahr keinen Athleten unter den Top 45 der Gesamtweltcups hatte, ist Ahonen der große Hoffnungsträger. "Wenn Skispringen in Finnland so schlecht ist, hilft es vielleicht, wenn ich zurückkomme", sagte Ahonen, der seinen Platz im Kader ohne Leistungsnachweis erhielt: "Die Leute warten sehnlichst auf Erfolg. Ich mag diese Situationen, brauche diesen Druck."

An Ernsthaftigkeit mangelt es Ahonen beim Comeback nicht. (Alkohol)-Eskapaden, wie er sie in seiner 2009 erschienenen Biographie "Königsadler" ausführlich schilderte, gibt es nicht mehr. "Das letzte Bier hatte ich irgendwann im Frühsommer - beim Saunen", sagt Ahonen. Der so ernst wirkende Finne will beim Comeback nicht zur Witzfigur werden: "Ich weiß, dass es gut wird."

(sid)
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