Skispringen Stoch holt WM-Gold — Freitag Sechster

Predazzo (italien) · Richard Freitag stand ratlos im Auslauf, während Sensations-Weltmeister Kamil Stoch die Hände in den Abendhimmel über Predazzo reckte und prompt von Lukas Podolski elektronische Glückwünsche erhielt: Beim Gold-Coup des Polen sind die deutschen Skispringer leer ausgegangen und haben die erhoffte WM-Einzelmedaille auch auf der Großschanze verpasst. "Wenn man sich die Abstände heute anschaut, muss man klar sagen: Wir waren nicht gut genug", sagte Freitag, der als Sechster diesmal um fast neun Punkte an Bronze vorbeisprang.

Richard Freitag – Wir stellen den Skispringer und Vize-Weltmeister vor
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Foto: afp, MICHAL CIZEK

Der 21-Jährige, der bereits fünf Tage zuvor auf der Normalschanze Platz sechs belegt hatte, war diesmal der beste der DSV-Adler, die erneut für ein starkes Mannschafts-Ergebnis sorgten: Severin Freund, am Samstag noch unglücklicher Vierter, schob sich nach schwachem ersten Durchgang noch auf den neunten Rang vor, Andreas Wank und Michael Neumayer belegten die Plätze 11 und 13.

"Wir haben vier Leute, die aufs Podest springen können", sagte Freund: "Wenn das dann nicht klappt, ist es natürlich blöd. Aber am Samstag wollen wir im Teamwettbewerb angreifen." Bundestrainer Werner Schuster meinte: "Es gab heute fünf Nationen, die einen Springer hatten, der besser war. Deshalb müssen wir mit Platz sechs zufrieden sein."

Der nach dem ersten Durchgang deutlich führende Stoch brachte schließlich 6,1 Punkte auf den zweitplatzierten Slowenen Peter Prevc ins Ziel. "Gratulacje Kamil Stoch", twitterte der deutsche Fußball-Nationalspieler und gebürtige Pole Podolski nur Sekunden nach dem Goldflug seines "Landsmannes". Bronze holte sich nur 0,6 Punkte hinter Prevc der Norweger Anders Jacobsen. Titelverteidiger und Topfavorit Gregor Schlierenzauer (Österreich) wurde lediglich Achter.

Jacobsen hatte als Dritter des ersten Durchgangs 0,7 Punkte vor dem fünftplatzierten Freitag und 2,4 Zähler vor Wank gelegen, die somit in Schlagdistanz in den finalen Durchgang gingen. Dort konnte sich Freitag nicht mehr steigern, kam nach 129 auf 128,5 m. Da half es auch nicht, dass Mutter und Vater Freitag an der Schatze genauso die Daumen drückten wie Ersatzmann Andreas Wellinger.

Wank steigerte sich zwar von 127,5 mit größerem Anlauf auf 129,5 m, fiel damit aber zurück. "Ich bin im zweiten Sprung ein wenig runtergefallen, das ist schon schade", sagte Wank, der mit den Gedanken schon beim Teamwettkampf am Samstag war: "Da geht es dann richtig um die Wurst."

Freund hatte seine Medaillenchancen schon im ersten Durchgang nahezu komplett verspielt. 126,5 m reichten dem 24-Jährigen nur zu Platz 13 zur Halbzeit. 129,5 m im Final-Durchgang bedeuteten immerhin eine deutliche Steigerung. "Severin ist wieder zu spät in die Gänge gekommen", sagte Schuster.

Neumayer hatte im ersten Versuch mit 130,5 m den zweitweitesten Sprung aller Starter gezeigt, aber keinen Telemark gesetzt und so eine bessere Platzierung vergeben. "Im ersten Versuch war es ein Gewaltsprung, das musste nicht sein", sagte Schuster, der Neumayer im zweiten Durchgang drei Luken tiefer anfahren ließ - zur Verwunderung des routinierten Berchtesgadeners: "Dass wir runter gehen, habe ich nicht gewusst, das war nicht ausgemacht. Aber letztlich kann ich es nachvollziehen." Mit weniger Anlauf und 124 m verlor Neumayer noch vier Plätze.

Stoch machte derweil mit seinem Weltmeister-Coup das Val di Fiemme endgültig zum Tal der Polen. Sein großer Landsmann Adam Malysz hatte hier 2003 sowohl WM-Gold von der Groß- als auch von der Normalschanze gewonnen. Hunderte polnische Fans starteten im Auslauf nach Siegessprung des 25-Jährigen aus der Skisprung-Hochburg Zakopane eine zünftige Party.

(sid)
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