Manager von Severin Freund Martin Schmitt — der Alleskönner

Bischofshofen/Düsseldorf · Ex-Skispringer Martin Schmitt schloss seine Trainerausbildung in Köln als Jahrgangsbester ab, schreibt eine Bachelor-Arbeit in Leipzig, studiert in Düsseldorf, kommentiert im TV und managt Severin Freund.

 Martin Schmitt ist mittlerweile anerkannter TV-Experte und managt Severin Freund.

Martin Schmitt ist mittlerweile anerkannter TV-Experte und managt Severin Freund.

Foto: dpa, dka soe nic

Martin Schmitt wirkt drahtig wie eh und je. Die Wangen sind ein bisschen hohl. "Iss doch mal etwas mehr Schokolade", möchte man ihm zurufen. Dabei hat er schon ein paar Kilogramm zugelegt, seit er nicht mehr durch die Luft schweben muss. Fast zwei Jahrzehnte prägte er das Skispringen in Deutschland und der Welt. Ende des Monats wird Schmitt 38. Er hat ein paar graue Haare. Aber die sind nur selten zu sehen. Denn den lila Helm seines Sponsors Milka, der über viele Jahre ein Erkennungszeichen des Skispringers war, hat er gegen eine lila Mütze eingetauscht.

Alles gewonnen — außer die Tournee

Martin Schmitt hat in seinem Sport fast alles gewonnen. Genau wie Simon Ammann. Weltmeistertitel, Olympiamedaillen, den Gesamt-Weltcup. Nur ein Erfolg blieb dem Schwarzwälder Schmitt und bleibt dem immer noch aktiven Schweizer Ammann (34) verwehrt: der Gewinn der Vierschanzentournee. Indirekt könnte es den beiden heute gelingen.

Severin Freund, den die hochdekorierten Jungmanager seit ein paar Monaten in Marketingfragen betreuen, hat ja die kleine Chance, als erster deutscher Springer seit Sven Hannawald 2002 zu gewinnen. Wahrscheinlich ist das allerdings nicht, angesichts der stabilen Form des führenden Slowenen Peter Prevc, Freunds Rückstand von rund elf Metern und der Tatsache, dass er wegen der Folgen des Sturzes im Probedurchgang von Innsbruck gestern in Bischofshofen die Qualifikation auslassen musste.

Manager Schmitt ist mit der Tournee bislang überaus zufrieden. "Skispringen ist endlich auch bei der Vierschanzentournee wieder ein großes Thema in Deutschland, und Severin ist der Hauptprotagonist. Auf diese Situation haben alle jahrelang gehofft", sagt der viermalige Skisprung-Weltmeister. Beim Neujahrsspringen schauten 6,41 Millionen im ZDF zu, in Innsbruck 6,09 Millionen. Das sind deutliche Steigerungen im Vergleich zu den vergangenen Jahren. Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck - überall waren die Sprungstadien ausverkauft. Und an der Paul-Außerleitner-Schanze in Bischofshofen werden heute auch mehr als 20.000 Besucher erwartet. Natürlich hat das mit Severin Freund zu tun, der in allen bisherigen drei Tourneespringen aufs Podest flog.

"Severin hat eine große Plattform und das wirkt sich natürlich positiv auf seine Vermarktungsmöglichkeiten aus", sagt Schmitt ganz professionell. Er hat vor ein paar Monaten gemeinsam mit dem viermaligen Skisprung-Olympiasieger Simon Ammann und seinem einstigen Betreuer Hubert Schiffmann eine Sportmarketingagentur gegründet. Sie heißt ASP, und der prominenteste Klient ist Skisprung-Weltmeister Freund.

Freund hat schon 24.000 Schweizer Franken verdient

An Preisgeld hat Severin Freund bei dieser Tournee bereits 24.000 Schweizer Franken verdient, in der ganzen Saison sind es sogar 71.400 Schweizer Franken. Noch mehr bringen die Sponsorenverträge - mit einer Krankenkasse und einem Kekshersteller etwa - mit erfolgsabhängigen Prämien ein.

Schmitt, der seine Karriere als Sportler vor zwei Jahre beendete, verdiente einst als aktiver Sportler genau wie seine Kollege Sven Hannawald eine Millionensumme mit seinem Sport: "Generell ist im Skispringen die Situation auch heute noch sehr gut. Ich kann als Topathlet sehr gute Verträge abschließen. Das ist kein Klassenunterschied zu dem, was wir damals verdient haben." In einem guten Jahr sind durchaus geschätzte 400.000 Euro drin, vor Steuern versteht sich.

Schmitt fühlt sich gut in seinem neuen Berufsleben. Beim Skisprung-Grand-Slam ist er zum zweiten Mal Experte für den Sender Eurosport und sorgt bei allen vier Springen für Topquoten beim Sportfachsender. "Das macht Spaß und kann mehrere Jahre so weiterlaufen, aber ich muss sehen, wie sich meine anderen Aktivitäten so entwickeln." Der 38-Jährige ist überaus umtriebig.

Ihm war wichtig, nach mehreren Seiten offen zu bleiben. Er wollte "breit aufgestellt" sein. Deshalb hat er den Diplomtrainerschein in Köln gemacht. "Ich will nicht überheblich klingen, aber es wäre verschenkt, wenn ich die vielen Erfahrungen, die ich gemacht habe, nicht weitergeben würde", sagt er über eine mögliche Tätigkeit als Coach. Zusammen mit Voltigierer Kai Vorberg schloss Schmitt den dreijährigen als Bester ab und bekam einen Ehrenpreis des Landes Nordrhein-Westfalen.

Derzeit schreibt er in Leipzig seine Bachelorarbeit im Fach Sportwissenschaft. Und weil ihm dieses Pensum auch noch nicht reicht, macht er an der Sportbusiness Academy in Düsseldorf einen einjährigen Studiengang zum "Advanced Executive im Sport Business". Dieser richtet sich an "künftige Führungskräfte und High Potentials aus dem Sportbusiness und angrenzenden Wirtschaftsbereichen", heißt es in der Ausschreibung. Die Teilnahme kostet 25.000 Euro. Alles unter einen Hut zu bringen, wird schwierig. Derzeit steht die Karriere als Manager im Vordergrund, das kann sich aber ändern: "Auch der Trainerbereich hat seinen Reiz."

Auch privat hat sich einiges geändert, seit der ehemalige Teenie-Schwarm am 31. Januar 2014 in Willingen seinen Abschied verkündete. Kaum drei Monate später heiratete er Andrea, eine Ärztin. Im vergangenen Winter kam Tochter Johanna zur Welt. Die Familie lebt in der Nähe von Freiburg im Breisgau.

Schmitt treibt "gar nicht so viel Sport", sagt er. Ein bisschen joggen, regelmäßige Stabilisationsübungen für Bauch oder Rücken - das war's schon fast. In diesem Winter wollte er endlich mal wieder Langlaufen gehen. In jungen Jahren war er ja mal Nordischer Kombinierer. Doch bei der derzeitigen Schneelage findet sich kaum eine taugliche Loipe.

(RP)
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