Kopenhagen/Düsseldorf "Ibrakadabra" zaubert Schweden zur EM

Kopenhagen/Düsseldorf · Dank Zlatan Ibrahimovic setzen sich die Schweden gegen Dänemark durch. Der Superstar erzielt in den beiden Playoff-Spielen drei der vier Treffer für seine Mannschaft.

Zlatan Ibrahimovic führt Schweden zur EM
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Dänemark - Schweden

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Es ist noch gar nicht lange her, da herrschte unter Fußballern der gute, alte Lehrsatz von Berti Vogts: "Der Star ist die Mannschaft." Das stimmt nur noch bedingt. Auf höchstem Niveau, wo sich die Mannschaften gegenseitig ausspionieren und die Systeme einander neutralisieren, gilt der Satz "Der Star ist der Star". Individuelle Klasse entscheidet Fußballspiele. Cristiano Ronaldo und Lionel Messi haben die Fähigkeiten, dass sie aus hochkarätig besetzten Mannschaften noch für jeden erkennbar herausragen. Diese beiden und Zlatan Ibrahimovic.

Beim 2:2 der schwedischen Nationalmannschaft im Playoff-Rückspiel zur Fußball-Europameisterschaft erzielte der 34-jährige Angreifer von Paris Saint-Germain beide Treffer für sein Team. Im Hinspiel hatte er per Elfmeter zum 2:1-Endstand getroffen. Ibrahimovic ist ein großer Fußballer - und er ist immer gut für große Worte. "Die Dänen wollten mich hier in Rente schicken. Aber ich habe ihr ganzes Land in Rente geschickt", sagte er spöttisch. Bei einer Niederlage wäre seine Laufbahn in der Nationalmannschaft nach 111 Einsätzen wohl beendet gewesen. Nun schickt er zwar kein ganzes Land in Rente, wohl aber deren Trainer Morten Olsen (66). Nach 15 Jahren hört der frühere Profi und Trainer des 1. FC Köln auf. "Ich bin jetzt leer", sagte Olsen, "es tut weh, so aufzuhören, aber das ist eben das Risiko eines Trainerlebens."

Für Ibrahimovic ist die Teilnahme an der EM eine besondere Genugtuung. Vor den Playoffs zur Weltmeisterschaft 2014 hatte er - wie gewohnt - große Töne gespuckt. Doch in den Entscheidungsspielen waren die Schweden an Portugal gescheitert. Es war ein Wettschießen der Superstars: Nur Ibrahimovic (2) und Cristiano Ronaldo (4) trafen. "Eines ist sicher. Eine WM ohne Zlatan lohnt sich gar nicht anzuschauen", sagte Ibrahimovic. Na ja, ganz so unansehnlich war das Turnier in Brasilien dann doch nicht.

Dass er eine Bereicherung für die EM ist, steht außer Zweifel. 2004 ging sein Stern schon bei einer WM auf. Beim 1:1 gegen Italien hatte er mit dem Rücken zum Tor von Gianluigi Buffon den Ball mit der Hacke über den italienischen Keeper ins Tor gelupft. Es war damals ein außergewöhnlicher Treffer. Doch "Ibra" ließ noch viele spektakuläre Tore folgen. Etwa den Fallrückzieher aus 30 Meter Entfernung 2012 gegen England.

Die aktuelle Nationalmannschaft gilt als eine der schwächeren in der schwedischen Sportgeschichte. Trainer Erik Hamren wusste das, und ließ - gerade in den Playoffs gegen den nordischen Nachbarn - entsprechend spielen: Hinten stabil, und vorn hilft der liebe Fußballgott. "Zlatan ist Gott. Er ist der König Schwedens" sagte Mittelfeldspieler Jimmy Durmaz. Hamren schmachtete: "Ich liebe ihn." Denn trotz aller Allüren, trotz seiner herausragenden Stellung in der Mannschaft, opfert sich der Sohn einer bosnischen Putzfrau und eines kroatischen Hausmeisters für das Team auf. Er rennt und rackert wie kein zweiter Superstar. Er geht voran, wie er das auch beim legendären 4:4 im 2012 gegen Deutschland getan hat, als seine Mannschaft nach 56 Minuten noch mit 0:4 hinten lag.

Seit 2005 war er mit nur einem Jahr Unterbrechung immer Schwedens Fußballer des Jahres. Ihm ist eine Briefmarke gewidmet. Und im schwedischen Wörterbuch steht seit einiger Zeit das Wort "zlatanieren" als Ausdruck für "stark dominieren".

Die Bedeutung des Worts bekommen hin und wieder seine Trainer zu spüren. Louis van Gaal gab er bei Ajax Amsterdam mal mit auf den Weg: "Hör mal, Meister, du hast mir gar nichts zu sagen. Geh in dein Büro und schreib Briefe." Pep Guardiola bezeichnete er beim FC Barcelona spöttisch als den Philosophen. Nur mit einem kam er immer gut klar: "Für José Mourinho hätte ich rausgehen und töten können."

(bei)
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