Was ist der Deutsche Bundestag? Was ist seine Geschichte - und warum befindet sich auf dem Gebäude eine Kuppel? Diese und weitere Fragen beantworten wir hier.
Bundestag, Reichstag, Parlament, Berlin, Bonn, Abgeordnete, Gesetze - viele Begriffe, Namen und Orte tauchen im Zusammenhang mit dem Deutschen Bundestag auf. Fast täglich hört man davon in den Nachrichten. Doch was ist der Bundestag eigentlich, was macht er und was ist seine Geschichte? Hier geben wir Antworten und wollen einige der Begriffe einordnen.
Was ist der Bundestag? Welche Aufgaben hat er?
Der Bundestag ist das Parlament der Bundesrepublik Deutschland, die Versammlung der vom Volk gewählten Vertreter und damit das höchste deutsche Verfassungsorgan. Seine Aufgaben, Funktionen, Rechte, Pflichten und alle Modalitäten rund um die Wahl sowie um die Mitglieder des Bundestages sind im Grundgesetz festgelegt in den Artikeln 38 bis 48.
Der Deutsche Bundestag ist, so definiert es der Deutsche Bundestag selbst in seinem Internetangebot, "der Ort, an dem unterschiedliche Auffassungen über den richtigen politischen Weg formuliert und diskutiert werden". Idealerweise gibt es als Ergebnis dieser Diskussionen konkrete Vorschläge, die als Anträge demokratisch abgestimmt werden. In der Regel gelten solche Anträge, die von der Mehrheit der Abgeordneten des Bundestages befürwortet werden, als angenommen und werden entsprechend in aktuelle Politik umgesetzt.
Einige Regeln und Institutionen sorgen dabei dafür, dass die Diskussionen im Bundestag demokratisch, friedlich und weitgehend sachlich bleiben. So wählt das Parlament bei seiner ersten Sitzung nach einer Bundestagswahl das Präsidium. Der oder die Bundestagspräsident:in wird aus der Mitte der Abgeordneten als Präsident des Parlaments gewählt. Er oder sie hat protokollgemäß das zweithöchste Amt in der Bundesrepublik inne, nach dem Bundespräsidenten oder der Bundespräsidentin und noch vor dem oder der Bundeskanzler oder -kanzlerin. Wichtigste Aufgabe ist die Leitung der Plenarsitzungen und die Wahrung der Geschäftsordnung des Bundestages, die dieser sich gibt. In der Regel stellt jede Fraktion einen seiner Stellvertreter, die Vizepräsidenten und -präsidentinnen. Ferner unterstützt der sogenannte Ältestenrat den Bundestagspräsident:in bei der Umsetzung von Geschäftsordnungsaufgaben.
Wichtigste Aufgaben des Parlaments sind dabei die Gesetzgebung und die Kontrolle der Bundesregierung. Die Mitglieder der Regierung sind gegenüber der Volksvertretung Rechenschaft schuldig. Vieles bedarf einer Zustimmung durch den Bundestag, insbesondere, wenn es um den Erlass neuer Gesetze geht.
Die Kontrolle der Regierung erfolgt aber auch durch verschiedene Ausschüsse, in denen die verschiedenen fachlichen Richtungen der Politik diskutiert und geprüft werden. So gibt es einige ständige Ausschüsse wie den für die Belange der Europäischen Union, für auswärtige Angelegenheiten und für Verteidigung sowie den Petitionsausschuss, an den sich alle Bürger des Landes mit Anliegen (Petitionen) wenden können. Diese Ausschüsse sind bereits im Grundgesetz geregelt. Der Bundestag hat aber auch das Recht, nach Artikel 44 des Grundgesetzes, zu konkreten Anlässen Untersuchungsausschüsse einzusetzen, in denen auch Regierungsvertreter wahrheitsgemäß Rede und Antwort stehen müssen.
Außerdem gibt es die regelmäßige "Aktuelle Stunde" im Parlament, in der die Regierung den Volksvertretern Rede und Antwort steht sowie die "Kleine" und "Große Anfrage", bei der zu bestimmten Themen Stellungnahmen der Regierungsvertreter durch die Abgeordneten verlangt werden können.
Der Bundestag wählt auch den oder die Bundeskanzler:in. Außerdem stellen die Abgeordneten des Bundestages insgesamt die Hälfte der Bundesversammlung, die den oder die Bundespräsident:in wählt.
Explizit geregelt ist auch, dass das Parlament Einsätze der Bundeswehr im Ausland beschließen muss. Die Bundeswehr gilt als sogenannte Parlamentsarmee. Auch wenn der oder die Verteidigungsminister oder - ministerin Oberbefehlshaber:in ist, bedarf es der Zustimmung des Bundestags für die meisten Einsätze.
Die Sitzungen des Parlaments, die sogenannten Plenarsitzungen, sind in der Regel öffentlich und können nur in besonderen Fällen und mit Zweidrittelmehrheit als nicht-öffentliche Sitzungen abgehalten werden. Die Sitzungen einiger Ausschüsse wie dem für den Bundesnachrichtendienst oder für Verteidigung sind grundsätzlich nicht-öffentlich.
Der Bundestag hat auch das Budgetrecht in Deutschland – das heißt, der Bundeshaushalt muss dem Parlament vorgelegt und von diesem abgesegnet werden.
Die Aufgabe der Gesetzgebung, die die Volksvertretung als höchstes Organ der Legislative in Deutschland erfüllt, ist besonders geregelt.
Wie werden Gesetze im Bundestag beschlossen?
Alle Gesetze, die in die Zuständigkeit des Bundes fallen, werden im Deutschen Bundestag beschlossen und in den allermeisten Fällen fast ohne Ausnahme auch noch einmal durch den Bundesrat, die Vertretung der Bundesländer, abgesegnet.
Die Initiative für Gesetze kann durch die Regierung und ihre Minister und Ministerinnen sowie durch die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler erfolgen. Vorschläge für Gesetze können aber auch durch die Abgeordneten des Bundestages auf den Weg gebracht werden oder auch aus Petitionen aus der Bevölkerung stammen. Auch die Fraktionen des Bundestags (dazu unten mehr), können neue Gesetze oder Überarbeitungen von Gesetzen einbringen. Außerdem kann auch der Bundesrat Gesetzesinitiativen erheben.
Den überwiegenden Anteil an Entwürfen für neue oder überarbeitete Gesetze, die sogenannten Gesetzesvorlagen, stammen von der Bundesregierung. Viele Gesetze dienen dabei dazu, die Rahmenpolitik der Regierung durchzusetzen.
Das Gesetzgebungsverfahren ist konkret geregelt. Gesetzesinitiativen der Regierung müssen zuerst dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet werden. Dieser nimmt innerhalb von sechs Wochen Stellung dazu. Der Entwurf und die Stellungnahme werden dann dem Bundestag vorgelegt.
Initiativen des Bundesrates werden zuerst der Regierung vorgelegt, die ihrerseits innerhalb von sechs Wochen dazu Stellung nimmt. Anschließend gehen Gesetzesentwurf und Stellungnahme ebenfalls dem Bundestag zu.
Gesetzesinitiativen aus dem Bundestag müssen von einer Fraktion oder von mindestens fünf Prozent der Abgeordneten ausgehen. Sie müssen nicht erst dem Bundesrat oder der Bundesregierung vorgelegt werden.
Alle Gesetzesentwürfe gehen dann zunächst an den oder die Bundestagspräsident:in. In der Verwaltung des Bundestags werden die Entwürfe registriert, anschließend als Bundesdrucksache gedruckt und dann allen Mitgliedern des Bundestags, den Ministerien und dem Bundesrat zugestellt.
Dann erst kann der Entwurf zur sogenannten ersten Lesung auf die Tagesordnung des Bundestages kommen.
Bevor ein Gesetz verabschiedet werden kann, sind drei Beratungen im Bundestag vorgesehen, die sogenannten Lesungen. Nicht über alle Gesetze wird in der ersten Lesung auch öffentlich diskutiert. Eine solche sogenannte Aussprache erfolgt nur auf Antrag des Ältestenrats der Bundestags oder wenn mindestens fünf Prozent der Abgeordneten dies verlangen.
Viele Gesetze werden an dieser Stelle ohne Aussprache in die verschiedenen Fachausschüsse verwiesen, wo sich ein kleinerer Kreis von Abgeordneten und häufig externen Experten noch einmal damit befasst. Die dann in der Regel umgearbeiteten abgeänderten Entwürfe werden schließlich zur zweiten Lesung in das Plenum des Bundestags gegeben. Tatsächlich findet ein großer Teil der Arbeit der Abgeordneten in Ausschüssen und im Büro statt.
Vor der zweiten Lesung haben alle Abgeordneten den geänderten Entwurf noch einmal in gedruckter Form erhalten. In der zweiten Lesung erfolgt in jedem Fall eine öffentliche Aussprache. Gibt es Änderungsanträge, wird darüber abgestimmt. Angenommene Anträge müssen dann in den Entwurf eingearbeitet werden. Änderungen kann jeder Abgeordnete beantragen.
Vor der dritten Lesung muss der geänderte Antrag erneut gedruckt werden.
Gibt es keine Änderungen, kann mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden, die dritte Lesung unmittelbar anzuschließen. In der dritten Lesung gibt es nur auf Antrag des Ältestenrats oder von mindestens fünf Prozent der Abgeordneten eine Aussprache. Auch für Änderungsanträge bedarf es der Unterstützung von mindestens fünf Prozent der Abgeordneten – dann dürfen auch nur noch Änderungen aus der zweiten Lesung geändert werden.
Mit der Zustimmung der Mehrheit der anwesenden Abgeordneten zu einem Entwurf in der dritten Lesung gilt ein Gesetz als vom Bundestag verabschiedet. Es wird dann dem Bundesrat zugeleitet. Stimmt dieser schließlich ebenfalls zu, müssen nun noch Bundeskanzler:in und Fachminister der Regierung unterzeichnen.
Dann erhält der Bundespräsident das Gesetz zur Unterschrift. Er prüft, ob es verfassungsgemäß ist und kann seine Unterschrift auch verweigern. Ist es schließlich auch vom Staatsoberhaupt unterzeichnet, wird es noch im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
In Kraft tritt ein Gesetz, wenn kein besonderes Datum genannt ist, frühestens mit der Veröffentlichung und ansonsten automatisch mit dem 14. Tag nach der Veröffentlichung.
Wann tagt der Bundestag?
Die Arbeit der Mitglieder des Bundestages (MdB) findet nicht nur im großen Plenarsaal statt. Daneben gibt es Ausschusssitzungen, Arbeitskreise, Fraktionssitzungen, aber auch einiges was Abgeordnete in ihren Büros erledigen oder auch etliche öffentliche Termine, etwa in den Wahlkreisen der MdB.
Daher tagt der Bundestag auch nicht jeden Tag. Vielmehr wird ein Sitzungskalender festgelegt, in dem Tagungswochen und sitzungsfreie Wochen festgelegt werden. In Tagungswochen ist dabei Anwesenheitspflicht.
Etwa jede zweite Woche ist eine Sitzungswoche, in einigen Monaten auch zwei Wochen am Stück. In den Monaten Juli, August, September und Oktober ist zumeist Sommerpause. Die Arbeit im Hintergrund läuft dabei allerdings weiter.
Wie setzt sich der Bundestag zusammen? Wie oft wird er gewählt? Wie verteilen sich die Sitze?
Der Bundestag besteht aus den gewählten Vertretern des Volkes der Bundesrepublik Deutschland. Alle vier Jahre, das nächst Mal am Sonntag, 26. September 2021, wir das Parlament in "allgemeiner, freier, unmittelbarer gleicher und geheimer" Wahl gewählt. So legt es das Grundgesetz im Artikel 38 fest.
Die Wahl mit zwei Stimmen ist dabei eine Mischung aus Direktwahl eines Kandidaten und einer Verhältniswahl. Aktuell gibt es 299 Wahlkreise, die für die Wahl des kommenden 20. Bundestages gelten. Unter Umständen soll diese Zahl in Zukunft reduziert werden - seit längerem gibt es entsprechende Reformbestrebungen für das Wahlsystem.
Für jeden Wahlkreis wird mit der Erststimme ein direkter Kandidat gewählt. Das Mandat erhält der Kandidat, der im Wahlkreis die meisten Stimmen auf sich vereinen kann. Als Direktkandidaten können auch parteilose Kandidaten gewählt werden. 299 Plätze im Bundestag werden auf diese Art besetzt.
Die Zweitstimme ist die Stimme für die Verhältniswahl. Gemäß der prozentualen Anteile der Zweitstimmen werden die übrigen zunächst 299 Plätze im Bundestag an die Parteien im Verhältnis vergeben – sofern diese die Fünf-Prozent-Hürde als Mindeststimmanteil übertroffen haben. Die Plätze werden danach nach den Platzierungen auf vorab festgelegten Landeslisten der Parteien (jeweils für die Bundesländer) vergeben. Eingerechnet werden allerdings die Direktkandidaten der Parteien, die die Wahlkreise gewonnen haben. Entsprechend gibt es Ausgleichs- und Überhangsmandate, sodass der Bundestag das Verhältnis der abgegebenen Stimmen für die Parteien repräsentiert. Damit kann allerdings die Gesamtzahl der Sitze von den vorgesehenen 598 abweichen.
In der von 2017 bis September 2021 laufenden 19. Legislaturperiode hatte der Bundestag insgesamt 709 Sitze.
CDU/CSU hatten dabei 245 Sitze inne. 230 in direkter Wahl, 15 über die Landeslisten. Die SPD bekam nach der Wahl 152 Sitze, 58 direkt, 94 über die Listen. Die AfD stellt 88 Abgeordnete, 2 direkt gewählte, 86 über die Listen, Die FDP kommt auf 80 Sitze, nur über die Listen. Die Linke hat 69 Abgeordnete im Bundestag, 5 direkt, 64 über die Listen. Bündnis 90/Die Grünen kommt auf 67 Sitze, einer direkt, 66 über die Listen. Fraktionslose sind insgesamt 8 vertreten, drei direkt gewählt, 5 über die Listen kleinerer Parteien.
Parteien, die mehr als 5 Prozent der Abgeordneten stellen, erhalten Fraktionsstatus, was ihnen einige besondere Rechte einräumt. CDU und CSU bilden traditionsgemäß eine Fraktionsgemeinschaft.
Wie wird man in den Bundestag gewählt?
"Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit" heißt es im Artikel 21 des Grundgesetzes. Dementsprechend ist auch das Wahlrecht gestaltet. Parteilose Abgeordnete gibt es zwar – sie können aber nur als Direktkandidaten über die Erststimmen in den Bundestag gewählt werden. Um zu kandidieren, müssen sie aber die Unterstützung von mindestens 200 Wahlberechtigten ihres Wahlkreises durch deren Unterschrift nachweisen.
Innerhalb der Parteien werden die Kandidaten, die in den Wahlkreisen antreten und die Listenplätze auf den Landeslisten erhalten, in der Regel gewählt. Die Parteien sind dabei aber frei in der Festlegung. Die großen Parteien wählen in der Regel auf Delegiertenversammlungen wie etwa Bundesparteitagen die Kandidaten für die Listenplätze.
Dementsprechend engagiert man sich zunächst in einer Partei, um in den Bundestag zu kommen, oder man findet 200 Unterstützer und macht einen überzeugenden Wahlkampf in einem Wahlkreis.
Was ist der Reichstag? Warum hat der Bundestag eine Kuppel? Seit wann ist der Bundestag in Berlin?
Seit dem Jahr 1999 hat der Bundestag seinen Sitz im Reichstagsgebäude in der Bundeshauptstadt Berlin. Bis dahin war der Sitz in der vormaligen Hauptstadt Bonn. Mit dem Bonn/Berlin-Gesetz wurde der Sitz des Bundestages und der Regierung auf Berlin festgelegt.
Das Reichstagsgebäude hat eine lange Geschichte. Erbaut wurde es im deutschen Kaiserreich von 1884 bis 1894. Es war zunächst Sitz des Reichstags des deutschen Kaiserreiches, später Sitz des Reichstag der Weimarer Republik.
Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Januar 1933 geriet das Reichstagsgebäude in der Nacht zum 28. Februar 1933 in Brand - infolge von bis heute nicht abschließend geklärter Brandstiftung. Im zweiten Weltkrieg wurde die nur notdürftig wiederhergerichtete Brandruine zusätzlich schwer beschädigt und blieb bis in die 60er-Jahre Ruine. In den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts wurde das Gebäude modernisiert wiederhergestellt und diente auf dem Gebiet der Bundesrepublik und fast unmittelbar an die Berliner Mauer grenzend gelegen hauptsächlich als Ausstellungs- und Museumsgebäude.
Nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 wurde das Gebäude von 1995 bis 1999 durch den britischen Architekten Norman Foster umgebaut, um als Sitz des deutschen Bundestages zu dienen. Die begehbare gläserne Kuppel über dem Plenarsaal war zwar nicht Element seines ursprünglichen Entwurfes, wird aber als ein Symbol für transparente und bürgernahe Demokratie gesehen. Sie ist für jedermann – nach Passieren einer Sicherheitsschleuse - kostenlos begehbar.
Der Reichstag gestern, morgen und heute.