"TV-Fiktion inzwischen zu hoher Perfektion entwickelt""Wunder von Lengede": Kraftakt von hoher Bedeutung für SAT.1
Hamburg (rpo). Der Zweiteiler "Das Wunder von Lengede" wurde schon im Vorfeld mit Lobeshymnen überschüttet. Laut Grimme-Institut ist es "einer der TV-Höhepunkte des Jahres". Für SAT.1 im Speziellen und die deutsche Filmindustrie im Allgemeinen ist die Mammut-Produktion aus mehreren Gründen von herausragender Bedeutung.Erstmals seit dem viel beachteten Zweiteiler "Der Tunnel", in dem vor fast drei Jahren auch schon Heino Ferch in einer der Hauptrollen mitwirkte, hat SAT.1 ein aufwendiges, prestigeträchtiges TV-Stück mit historischer Dimension inszenieren lassen. Ein Zuschauer-Erfolg würde den Sender bestärken, auch in Zukunft längst vergangene Ereignisse neu aufzuarbeiten. In Planung ist eine Verfilmung der "Luftbrücke" im Nachkriegs-Berlin. Auch Marktführer RTL beobachtet "Das Wunder von Lengede" mit Interesse, denn der Kölner Sender plant, zusammen mit den Firmen EOS Entertainment und teamworx die Hamburger Sturmflut zu inszenieren. Innerhalb des Senders wird auch stark auf hohe Publikumsresonanz gesetzt - denn viel hängt vom Zuschauer ab: SAT.1 gehört seit einigen Wochen mehrheitlich zur Investorengruppe um den neuen Hauptaktionär Haim Saban, der derzeit jeden einzelnen "Time Slot" (Sendeplatz) seiner vier Sender (SAT.1, ProSieben, Kabel 1 und N24) auf seine Wirtschaftlichkeit prüft. Auch SAT.1-Geschäftsführer Martin Hoffmann, der wie einige seiner Kollegen in den Führungsetagen der ProSieben SAT.1 Media AG von Saban unter die Lupe genommen wird, ist auf einen Erfolg seines Programms in diesem Herbst besonders angewiesen. Vorgelegt hat er: Das lange Zeit problematische Nachmittagsprogramm des Senders hat er auf Vordermann gebracht. Kritiker zollten dem "Wunder von Lengede" bereits im Vorfeld Bestnoten. "Der Zweiteiler demonstriert, was modernes fiktionales Fernsehen inzwischen zu hoher Perfektion entwickelt hat", schrieb "Der Spiegel". Dabei galt es, auf dem Weg zur Perfektion einige Klippen zu überwinden: Der Film kostete wegen der aufwendigen Umsetzung - so wurde eigens für die Überschwemmungsszenen unter Tage ein Riesenbecken gebaut - nicht sechs, sondern mindestens sieben Millionen Euro. Regisseur Kaspar Heidelbach nahm erst kurz vor Drehbeginn seine Arbeit auf und soll dem Vernehmen nach bei Hauptdarsteller Heino Ferch zunächst auf Widerstand gestoßen sein. Zwischendurch sorgte die Absicht der Produktion, "Superstar"- Moderator Carsten Spengemann als Lengede-Reporter einzuspannen, für Wirbel. Einige Schauspieler sperrten sich. Hintergrund: Spengemanns Managerin Ica Souvignier ist die Ehefrau von Produzent Michael Souvignier, der mit seiner Firma Zeitsprung den Film herstellte. Zu guter Letzt wurde der Film um rund viereinhalb Minuten gekürzt, weil die Rahmenhandlung nach intensiven internen Beratungen entfiel. Darin sind die vier Hauptdarsteller, Heike Makatsch, Nadja Uhl, Heino Ferch und Jan Josef Liefers, 40 Jahre später zu sehen - in sehr unnatürlich wirkender Maske. Kritiker monierten die "Muppet-Show". Für Makatsch ist die Verfilmung des historischen Stoffes eine besondere Herausforderung: "Den Menschen, die das erlebt haben, darf nicht das Gefühl gegeben werden, aus ihrem Leben wird irgendein Hollywood-Kitsch gemacht", sagt die Schauspielerin. "Das ist ein Stück deutscher Geschichte, da will man dabei sein", meint Ferch. Der Zufall machte das SAT.1-Stück jetzt noch aktueller: Kurz vor der Ausstrahlung ereignete sich im russischen Nowoschachtinsk ein Grubenunglück. Elf Überlebende wurden zuletzt geborgen. "Lengede"- Darsteller Armin Rohde veranlasste unter Kollegen eine Spendensammlung, die bisher 4000 Euro erbrachte - kein Wunder, sondern ein persönlicher Beweggrund trieb den Schauspieler: Rohdes Vater war Bergmann.