Oscar- HintergrundberichtZwischen "Großstadtrevier" und Oscar — Fedder und Co. tanzen in der 200. Folge nach Florian Baxmeyer
Hamburg (rpo). Als 14-Jähriger will Florian Baxmeyer Rockstar werden, doch außer seinen langen, lockigen Haaren und ein paar Gitarrenkenntnissen ist nichts von diesem Traum übrig geblieben. Glücklicherweise, heißt es in der deutschen Filmbranche, denn bekanntlich hat der mittlerweile 29-Jährige eine andere berufliche Richtung eingeschlagen. Der erfolgreiche Jungregisseur gewann im vergangenen Jahr mit seinem Film "Die Rote Jacke" den Studenten-Oscar und ist nun mit diesem Beitrag für den "richtigen" Oscar in der Kategorie "Bester Kurzfilm" nominiert. Am Montag um 18.50 Uhr in der ARD ist ein Beispiel seines Könnens zu bewundern. Dann läuft mit "Fremde Mächte" die 200. Folge der beliebten Vorabendserie "Großstadtrevier", bei der Baxmeyer Regie geführt hat. "Ich habe schon mehrmals für die Polizeiserie gedreht, doch diese Folge ist mir die liebste", sagt der Wahlhamburger über die Jubiläumsausgabe, in der Schlachtermeister Kalle Kratzer durchdreht. Und auch von "Großstadtrevier"-Urgestein Jan Fedder kommt größtes Lob: "Florian ist ein toller Regisseur, der seine Arbeit hervorragend gemacht hat." In Essen "super" aufgewachsen, interessiert sich Baxmeyer früh für Musik, spielt zu Schulzeiten in einer Band. "In den Ferien sind wir durch Frankreich getourt und haben so richtigen Rock'n'Roll gemacht. Das war eine der besten Phasen meines Lebens." Niemand, nicht mal er selbst, erkennt damals irgendwelche Anzeichen für sein Talent als Regisseur. "Ich habe nicht schon mit zwölf Jahren erste kleine Filmchen zu Hause gedreht. Meine Eltern hatten gar keine Videokamera und lange auch keinen Fernseher." Als er 20 ist, erzählt ihm ein Freund vom Beruf des Regisseurs. Baxmeyer leckt Blut. Er nimmt kleinere Jobs als Runner, Aufnahmeleiter-Assistent und Komparse beim Film an. Nebenbei studiert er zunächst Soziologie an der Universität in Köln, ehe er 2000 an die Hochschule nach Hamburg wechselt. Zwei Jahre später schließt er in der Hansestadt sein Studium der Filmregie mit Diplom ab. Inzwischen ist viel passiert in dem noch jungen Leben des Florian Baxmeyer, der Regisseure wie David Fincher und Patrice Chéreau zu seinen Vorbildern zählt. Der Gewinn des Studenten-Oscars hat ihm Türen geöffnet. Sein 20-Minuten-Kurzfilm "Die Rote Jacke", in dem das Kleidungsstück von Hamburg in den jugoslawischen Bürgerkrieg und zurück reist, heimst einen Preis nach dem anderen ein und scheint noch nicht am Ende zu sein. "Natürlich hat sich durch den Studenten-Oscar meine Auftragslage verbessert. Doch mir ist bewusst, dass dadurch mehr Augen auf mich gerichtet sind, dass es künftig auch mal Kritik und Rückschläge für meine Arbeit geben wird." Als Baxmeyer den Preis im Juni 2003 in Los Angeles überreicht bekommt, gesteht er, dass er gerne wiederkommen würde. Er hat es geschafft. Am Donnerstag reist er erneut nach Los Angeles, diesmal zur richtigen Oscar-Verleihung. "Ganz entspannt" will er an der am Sonntag stattfindenden Show teilnehmen: "Ich bin gerade sehr mit einem neuen Projekt beschäftigt, so dass sich meine Aufregung in Grenzen hält, und ich gar nicht viel über den Oscar nachdenken kann. Das ist auch gut so." Selbst wenn er die begehrteste Filmtrophäe der Welt nicht an die Elbe holt, bescheinigen ihm Filmexperten eine rosige Zukunft. Eine Agentur in den USA hat er bereits. Im April sollen in Litauen die Dreharbeiten zu einem aufwändigen Zweiteiler beginnen, den er für ProSieben dreht. Ende des gleichen Monats zeigt der Münchner Privatsender außerdem Baxmeyers Spielfilmdebüt "Mörderische Elite". Florian Baxmeyer sieht sich trotz seiner ersten Erfolge noch ganz am Anfang seiner Karriere: "Ich möchte mich weiterentwickeln und noch mehr 90-Minüter drehen." Er hat den richtigen Beruf für sich gefunden, denn eine Alternative kommt für ihn nicht in Frage. "Regisseur zu sein, das ist es." Vielleicht möchte er sich auch deshalb von seiner geliebten langen Mähne trennen, wenn er 30 ist. "Ich habe diese Frisur schon ewig, das ist langweilig." Ist das der endgültige Abschied vom Traum als Rockstar?