Gelungener Tourneeauftakt in FreiburgDie Ärzte: Punk für die ganze Familie
Freiburg (rpo). Die Ärzte sind auf Tour. Auftakt war am Dienstagabend in der ausverkauften Freiburger Stadthalle. Und mit ihrem ersten Gig der "Unrockstar"-Tour bewies die Punkband, dass sie noch ihre Fans in den Bann ziehen können.Draußen blinkt ein reichlich zerdeppertes Flasch'-Bier-Meer in der Abendsonne, drinnen wogt die Menge im harten Rhythmus des "Ärzte"-Smashers "Du bist nicht allein". Ein Satz, der den Nagel auf den Kopf trifft: In der Halle ist kein Platz mehr und 5000 erwartungshungrige Fans sind schnell entfesselt. Die Heißlaufphase ist gut kalkuliert und die Show auf den Punkt präsent. Vom inszenierten Konzert-Chaos der frühen Jahre, als die Punk-Bewegung noch eine Generation jünger war, hat sich die Band verabschiedet. Wen wundert's, nach über 20 Jahren im Rockcircus. Farin Urlaub (Gitarre), Bela B. (Drums) und Rodrigo Gonzalez (Bass und Tasten) hüllen sich eingangs ganz in Lasernebel. Nur das doppelt projizierte Logo mit den dreifachen "Ä"-Tüpfelchen prangt sichtbar am Bühnenhimmel - ein dezenter Hinweis auf etwas, das ohnehin kaum zu übersehen ist: Die "Ärzte"-Industrie rund ums Konzert läuft wie geschmiert, grafisch durchgestylt, politisch korrekterweise unkorrekt. Punk und Pogo, wie ihn "Die Ärzte" von heute produzieren, ist der Garage längst entwachsen. Klingt rockiger, taugt für die Charts, auch wenn Blondschopf Farin Urlaub noch immer davon träumt und singt, ein Radio mal so richtig klein zu hacken. Doch die Legende lebt. "Die Ärzte" haben schon immer so viel Selbstironie besessen, dass ihnen das Abbiegen auf die Kommerzschiene keineswegs schaden konnte. Die Selbstbeweihräucherung als "beste Band der Welt" ist so ernst gemeint wie Farins lockere Ansagesprüche und der milde Spott über den "Sitzstreik" der Gäste auf den Rängen der Freiburger Stadthalle, den das andere Publikum prompt mit "Scheiß-Tribüne"-Sprechchören quittiert. Alles deutet darauf hin: So bleich und böse, wie der Totenschädel auf Belas Base-Drum grinst, will die Musik nie werden. Statt dessen setzt die "Unrockstar"-Tour auf den bewährten Dr.-Feelgood-Punk, mit dem "Die Ärzte" es - ein weiteres Mal - zum Teeniekult gebracht haben. Die Mischung aus alten und neuen Songs jedenfalls passt zur Altersstruktur im Parkett: Mittendrin hottet die berauschte Jugend ab, am Rand schwelgen Alt-Autonome, staunen Elfjährige Hand in Hand mit der Mama. Da darf's dann schon ein bisschen "Yeahyeahyeah"- und "Hipphipphurra"-Animation sein. Hauptsache, Farin lässt zwischendurch die Saiten knattern, Bela und Rod peitschen den Ska nach vorn. Hauptsache, die feuchten Feuerzeuge funken noch, wenn sie die Fans im subtropischen Freiburger Hallenklima endlich aus den Taschen gefummelt haben. Denn die kann man brauchen für die fast altersweisen "Es-ist-vorbei"-Balladen, die in seltsamem Kontrast zu den rotzfrechen Index-Texten der frühen Hits stehen. Was nicht bedeutet, dass die "Ärzte" nicht noch immer auf Geld und Befehle, auf Krawatten und Krawallbrüder pfeifen. Sie sind dagegen. Und alle in der Freiburger Stadthalle sind dabei - "warum ist doch egal".