Wie viele Stimmen hat man bei der Landtagswahl in NRW?
Die Landtagswahl Nordrhein-Westfalen funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip wie die Bundestagswahl. Das heißt, es liegt das Prinzip der "personalisierten Verhältniswahl" zu Grunde.
Das Land ist eingeteilt in 128 Wahlkreise. In jedem wird ein Kandidat oder eine Kandidatin direkt mit der Erststimme gewählt. Gewonnen hat dabei jeweils die Kandidatin oder der Kandidat, der die meisten Stimmen im Wahlkreis auf sich vereinen kann.
Daneben gibt es noch die Zweitstimme, mit der für die Landeslisten der Parteien gestimmt werden kann. Entsprechend dem Verhältnis der Zweitstimmen werden die gesamten mindestens 181 Sitze des Landtages verteilt.
Dementsprechend hat jeder Wahlberechtigte zwei Stimmen wie bei der Bundestagswahl. Beide Stimmen können unabhängig voneinander gesetzt werden, "taktisches Wählen" bei dem die Erststimme an einen Direktkandidaten einer Partei und die Zweitstimme für eine andere Partei abgegeben werden, ist damit möglich.
Nicht möglich bei der Landtagswahl sind Wahlverfahren wie das Kumulieren oder Panaschieren, bei dem Stimmen aufgeteilt werden. Auch dafür gibt es immer wieder Gesetzesinitiativen. Mit diesen Verfahren, bei denen Stimmen gehäuft (kumuliert) oder verteilt (panaschiert) werden, könnte Einfluss darauf genommen werden, welche Kandidaten über eine Liste gewählt werden. Bislang gibt es diese Verfahren nur bei Kommunalwahlen in Bayern oder bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg.
Dass es in NRW bei der Landtagswahl zwei Stimmen gibt, ist nicht selbstverständlich. Bis zum Jahr 2005 hatte man nur eine Stimme für einen Direktkandidaten.
Was wird bei der Landtagswahl in NRW gewählt?
Die Bürgerinnen und Bürger des Landes Nordrhein-Westfalen wählen am 15. Mai 2022 die Abgeordneten des Landtags. Das ist das Landesparlament des Bundeslandes NRW und damit das höchste demokratische politische Gremium auf Landesebene.
Die Aufgaben und die Zusammensetzung des Landtages werden unter anderem im Artikel 30 der Landesverfassung für Nordrhein-Westfalen geregelt. Darin heißt es:
"(1) Der Landtag besteht aus den vom Volke gewählten Abgeordneten. Zu seinen Aufgaben gehören die Wahl des/der Ministerpräsidenten/in, die Verabschiedung der Gesetze und die Kontrolle des Handelns der Landesregierung; er bildet ein öffentliches Forum für die politische Willensbildung."
Dementsprechend wird bei der Wahl nur indirekt die künftige Landesregierung und die Ministerpräsidentin oder der Ministerpräsident durch die Wählenden mitbestimmt.
Gemäß der Machtverhältnisse im Landtag zwischen den Parteien und den möglichen Koalitionen oder Zusammenarbeiten, die sie vereinbaren, wird erst vom Landtag ein Ministerpräsident gewählt. Dieser ernennt dann seine Minister und Ministerinnen. Anders als etwa im Bundestag und in vielen anderen Landtagen muss der Ministerpräsident Abgeordneter des Landtags sein.
Im zweiten Absatz des Artikels 30 heißt es: "(2) Die Abgeordneten stimmen nach ihrer freien, nur durch die Rücksicht auf das Wohl des Landes Nordrhein-Westfalen bestimmten Überzeugung; sie sind an Aufträge nicht gebunden." Allerdings gilt auch nach Absatz 5: "(5) Abgeordnete können sich zu Fraktionen zusammenschließen. Die Fraktionen wirken mit eigenen Rechten und Pflichten an der Erfüllung der Aufgaben des Landtags mit. Zu ihren Aufgaben gehören die Koordination der parlamentarischen Tätigkeit und die Information der Öffentlichkeit. Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen."
Obwohl also die Abgeordneten nur ihrem freien Willen unterworfen sind, gilt bei vielen Abstimmungen ein sogenannter Fraktionszwang, nach dem eine Fraktion geschlossen abstimmt. Allerdings sind viele Wahlen im Landtag, besonders Personalwahlen, geheim.
Während der Legislaturperiode kann sich dabei die Zusammensetzung der Fraktionen ändern. So gehörten der Fraktion der AfD nach Wahl im Jahr 2017 16 Abgeordnete an. Durch Parteiaustritte verringerte sich diese Zahl bis zum Jahr 2021 auf 13. Die drei Abgeordneten gehören dem Landtag als Fraktionslose an.
Wie funktioniert die Landtagswahl in NRW?
Ähnlich wie bei der Bundestagswahl gilt für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen das Prinzip der personalisierten Verhältniswahl.
Mindestens hat der Landtag 181 Sitze. 128 dieser Abgeordneten werden über die Erststimme in den 128 Wahlkreisen des Landes direkt in "allgemeiner, gleicher, unmittelbarer, geheimer und freier" Wahl gewählt. Das unterscheidet das Landeswahlrecht NRW deutlich vom Bundeswahlrecht. In NRW werden rund 70 Prozent der Kandidaten und Kandidatinnen direkt gewählt, im Bundestag sind es nur rund die Hälfte.
Die übrigen mindestens 53 Abgeordnetensitze im Landtag werden über das Verhältnis der Zweitstimmen besetzt. Hat eine Partei mehr direkt gewählte Kandidaten, als ihr insgesamt nach dem Verhältnis der Zweitstimmen zustünde, sogenannte Überhangmandate, so wird das Verhältnis durch Ausgleichsmandate für die anderen Parteien ausgeglichen. Das Verhältnis der Sitze für die einzelnen Parteien im Landtag deckt sich so mit dem Verhältnis der abgegebenen Zweitstimmen. Im noch amtierenden 17. Landtag gab es sechs Überhangmandate, die mit zwölf Ausgleichsmandaten kompensiert wurden, so das insgesamt 199 Abgeordnete im Landtag sitzen.
Gewählt werden können Kandidaten, die das passive Wahlrecht besitzen, deutsche Staatsbürger und mindestens 18 Jahre alt sind und am Wahltag seit mindestens drei Monaten ihren Wohnsitz in NRW haben.
Landeslisten können in NRW nur von Parteien eingereicht werden. Neue Parteien oder solche, die bisher nicht im Landtag und auch nicht durch Wahlvorschlag aus NRW im Bundestag vertreten sind, benötigen für den Vorschlag einer geschlossenen Landesliste mindestens 1000 Unterstützer-Unterschriften.
Als Direktkandidat können auch Einzelpersonen (mit Wahlrecht) ohne Parteizugehörigkeit kandidieren. Für einen solchen sogenannten "Kreiswahlvorschlag" werden jeweils 100 Unterstützerunterschriften benötigt.
Wahlvorschläge müssen spätestens am 59. Tag vor der Wahl um 18 Uhr beim Landeswahlleiter eingereicht werden.
Nach Artikel 32 der Landesverfassung sind "Vereinigungen und Personen, die es unternehmen, die staatsbürgerlichen Freiheiten zu unterdrücken oder gegen Volk, Land oder Verfassung Gewalt anzuwenden" von Wahlen und Abstimmungen in Nordrhein-Westfalen ausdrücklich ausgeschlossen.
Wie ist die Ausgangslage für die Wahl zum Landtag NRW?
Im Jahr 2017, als in NRW nur wenige Monate vor der Bundestagswahl der Landtag neu gewählt wurde, verlor die bis dahin regierende Koalition aus SPD und Bündnis90/Die Grünen unter der SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ihre Mehrheit. Mit einer Mehrheit von einer Stimme (100 zu 99) etablierte Armin Laschet CDU eine schwarz-gelbe Koalition aus CDU und FDP. Die CDU war bei den Wahlen 2017 mit 33 Prozent stärkste Kraft vor der SPD mit 31,2 Prozent der Zweitstimmen geworden.
Seit 2017 bis mindestens September 2021 regierte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) mit schwarz-gelber Mehrheit das Land Nordrhein-Westfalen.
Im 17. NRW-Landtag mit der Legislaturperiode von 2017 bis 2022 verteilten sich die 199 Sitze folgendermaßen:
- CDU 72 Sitze
- SPD 69 Sitze
- FDP 28 Sitze
- Bündnis 90/Die Grünen 14 Sitze
- AfD 16 Sitze
Innerhalb der AfD-Fraktion gab es bis 2021 drei Parteiaustritte, sodass im Jahr 2021 13 Sitze zur AfD-Fraktion zählen, drei Abgeordnete sind fraktionslos.
Laschet, der zur Bundestagswahl 2021 als Kanzlerkandidat für die CDU antrat, hat nach der Bundestagswahl vom 26. September 2021 über die Landesliste ein Bundestagsmandat errungen und angekündigt, in die Bundespolitik zu wechseln. Im Herbst 2021 wird voraussichtlich ein Nachfolger als NRW-Ministerpräsident gewählt werden.
Das historisch schlechte Abschneiden der CDU/CSU und die anschließend schwierige Regierungsbildung auf Bundesebene werden wahrscheinlich auch im Jahr 2022 noch Einfluss auf alle anstehenden Landtagswahlen haben.
Was Sie zur NRW-Landtagswahl wissen müssen.