Vermutlich verirrt/Kaum Überlebenschance"Jahrtausendereignis": Pottwal in der Ostsee gesichtet
Wismar (rpo). Ein etwa 15 Meter langer Pottwal treibt sich derzeit in der südlichen Ostsee herum. Der Irrgast wurde zuletzt vor einer Woche in der Mecklenburger Bucht vor Wismar gesehen, wie das Stralsunder Meeresmuseum am Freitag berichtete. Forscher sprechen von einem "Jahrtausendereignis".Erstmals seit Menschengedenken hat sich ein Pottwal in die Ostsee verirrt. Die Walforscher des Deutschen Meeresmuseums in Stralsund sprachen am Freitag von einem "Jahrtausendereignis", da noch nie zuvor einer dieser Großsäuger in der Ostsee gesehen wurde. Zuletzt wurde das angeblich 15 Meter lange Tier in der Mecklenburger Bucht vor Wismar von Dorschanglern gesehen. Fachleute geben dem wahrscheinlich zehn bis zwölf Jahre alten Männchen kaum eine Überlebenschance: Die Ostsee ist für die Tieftaucher viel zu flach. Außerdem kann der junge Wal dort seine wichtigste Nahrungsquelle nicht finden, die aus Tintenfischen besteht. Bereits Mitte Juli hatten Angler den Wal vor dem Darßer Ort gesichtet. Der verirrte Walbulle war nach Ansicht von Experten auf dem Weg aus dem Nordpolarmeer zu den Azoren oder in die Karibik, wo sich die Weibchen aufhalten. Nördlich von Schottland folgte er möglicherweise der Strömung in die Nordsee, erklärte die Pottwal-Expertin Andrea Steffen von der Gesellschaft zur Rettung der Delphine (GRD). Die Strömung habe das Tier dann wohl in die Ostsee gelockt. Dort muss er nun versuchen, sich von Heringen zu ernähren. "Vorläufig kann er aber wohl noch von seiner Speckschicht zehren", sagt Steffen. Noch schlimmer sei, dass das Tier in dem verhältnismäßig flachen Wasser Schwierigkeiten hat, sich zu orientieren, erläuterte die Expertin. Außerdem droht der Wal zu überhitzen, weil er nicht in ausreichend kühle Tiefen abtauchen könne. Wenn er nicht selbst wieder in tiefere Gewässer findet, erwartet ihn in der Ostsee höchstwahrscheinlich der Tod. Ein vor der Südküste Schwedens am Freitag entdeckter verendeter Wal ist laut den Experten des Meeresmuseums indes aber nicht der verirrte Pottwal. Anders als in der Ostsee werden in der Nordsee häufiger Meeressäuger beobachtet, die sich auch immer wieder in zu seichte Gewässer verirren. 1996 starben 16 Pottwale an der dänischen Insel Rømø. Im darauf folgenden Jahr wurden 20 tote Pottwale vor den dänischen, deutschen und niederländischen Küsten gesichtet. Zuletzt verendeten im vergangenen Dezember zwei Pottwale vor Norderney.