Wenn Blicke töten könnenIn "X-Men 2" wehren sich die Mutanten mit allen Kräften
Frankfurt/Main (rpo). Die Mutanten wehren sich. In "X-Men 2" trotzen sie erneut den Versuchen der "Normalos", sie zu vernichten. Die X-Men sind Menschen, die mit einer genetischen Mutation, die sich sich mit parapsychologischen Kräften gegen den besessenen Wissenschaftler Stryker wehren, der die X-Men für alle Übel verantwortlich macht. Nach einem Mutanten-Anschlag auf den Präsidenten lässt der beinharte Vietnamveteran Stryker die Wesen für vogelfrei erklären und ihren Schutzraum, ein nobles Internat, von brutalen Militärs überfallen, um die Herrschaft über den Seelen-Computer "Cerebro" zu gewinnen. Unerschöpflich scheint das Superhelden-Reservoir der amerikanischen Marvel-Comic-Hefte, aus denen auch "Spider-Man" und "Daredevil" entsprangen. Doch anders als ihre operettenhaften Kollegen, die als Hilfspolizisten in der Unterwelt aufräumen, müssen die X-Men um ihr bloßes Überleben kämpfen in einer intoleranten Welt, die vom Hass auf das andere getrieben ist. Der düstere Hintergrund, der auch beim dumpfbackigsten Zuschauer unmittelbare Vergleiche mit der Realität herausfordert, verleiht dem Spektakel eine Tragik und Ernsthaftigkeit, wie sie im sonstigen kindischen Special-Effects-Zirkus kaum vorkommen. Dennoch fällt es manchmal schwer, die Übersicht zu behalten im Mutanten-Getümmel und den drei parallelen Handlungssträngen, die den zweistündigen Film etwas zu lang geraten lassen. Doch Regisseur Bryan Singer gelingt es andererseits noch besser als im Vorgängerfilm, mit spektakulären Accessoires wie dem "X-Jet" sowohl die pubertäre Schaulust zu befriedigen wie auch seine dunklen Helden mit Charakter und einem gewissen Galgenhumor auszustatten. Teenager Rogue und ihr Freund "Iceman" Bobby können so trotz aller Liebe nicht zueinander finden: Sie verbrennt ihn mit ihren nach außen gewendeten Energien, er verwandelt alles in Eis, was er berührt. Auch mit blauer Echsenhaut ist die nackte Metamorphin Mystique, ein menschliches Chamäleon, einen Augenweide - dennoch zieht Wolverine, der Wolfsmensch mit adamantenen Knochen und Krallen, die Telekinese-Expertin Jean im Original der blauen Verführerin, die Jeans Gestalt angenommen hat, vor. Dabei liebt Jean doch Cyclops mit dem Laserblick. Was aber hat sich Singer wohl mit dem Neuzugang "Kurt Wagner" gedacht, der mit blauschwarzer, tätowierter Haut und einem Beelzebub-Greifschwanz ausgestattet ist und der seine Teleportations-Fähigkeiten stets mit einem Gebet und mit bayerisch gefärbtem "bitteschön" einleitet? Halle Berry schleudert BlitzeÜber das Mutantenheer gebieten zwei großartige alte Fantasy- und Sci-Fi-Führungspersönlichkeiten: Patrick Stewart (auch Enterprise-Kapitän in "Star Trek") als Xavier, Meister der Telepathie, eine Art Martin Luther King der Mutanten, der für Verständigung mit den Menschen eintritt; und sein Mit- und Gegenspieler Magneto, dargestellt von Ian McKellen (auch als "Gandalf" zu sehen), der Metalle anzieht und dem das Eisen im Blut seines Wächters genügt, um daraus mittels Gedankenkraft Kugeln zu formen, die sich ganz ohne Pistole bewegen. Und weil sich die Übermenschen zu ihren Verfolgern stets wie im Märchen von Hase und Igel verhalten und mit immer neuen, übersinnlichen Haken das tumbe High-Tech-Gerät ihrer Häscher übertrumpfen, macht der Film so viel Spaß wie ein zentimeterdickes Schweizer Taschenmesser, in dem man x Spezialfunktionen für alle Fälle entdeckt. Als Allzweckwaffe und eierlegende Wollmilchsau erweist sich dabei besonders die Wettergöttin "Storm", die aus jeder Lage mit Temperaturstürzen und Tornados heraushilft: Oscar-Preisträgerin Halle Berry mit weißer Perücke als weiblicher Zeus, der Blitze schleudert, ist die aparteste Improvisateurin dieser tollen Truppe.