Müntefering und Benneter planen offenbar GegenmaßnahmenGeplante Protestpartei beunruhigt SPD-Spitze
Berlin (rpo). Die Pläne linker Gewerkschafter, eine neue Partei zu gründen, sorgt innerhalb der SPD-Spitze für mächtig Unruhe. Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering und sein voraussichtlicher Generalsekretär Klaus Uwe Benneter denken bereits über Gegenmaßnahmen nach. Der designierte SPD-Vorsitzende Franz Müntefering und sein voraussichtlicher Generalsekretär Klaus Uwe Benneter seien darüber im Gespräch, erfuhr die Nachrichtenagentur ddp am Donnerstag aus Parteikreisen. Es würden "Maßnahmen angedacht", hieß es weiter. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Wilhelm Schmidt, fügte mit Blick auf möglicherweise beteiligte SPD-Mitglieder hinzu: "Sie können davon ausgehen, dass Sanktionen in Vorbereitung sind." Wie aus Parteikreisen weiter verlautete, soll die mögliche Gründung einer Linkspartei den sozialdemokratischen Arbeitnehmerflügel (AfA) bei seinem Kongress am Wochenende in Erfurt beschäftigen. Bei der Sitzung des Parteivorstandes am Montag in Berlin stünden die Bestrebungen ebenfalls auf der Tagesordnung. "Soziale wahlpolitische Alternative"Am 5. März hatten sich nach Darstellung der Parteigründungsinitiatoren in Berlin rund 30 ehemalige Mitglieder von SPD, Grünen und PDS, Gewerkschafter und Mitglieder der globalisierungskritischen Organisation "Attac" getroffen. Diese hielten eine "soziale wahlpolitische Alternative zur gegenwärtig herrschenden Regierungspolitik in Bund und Ländern für notwendig", heißt es auf der Homepage der Initiatoren (www.wahlalternative.de). Ein nächstes größeres Treffen werde für Juni vorbereitet. Die Sprecherin der SPD-Linken, Andrea Nahles, sagte, sie halte es für eine "schwere Fehleinschätzung" von "historischer Dimension", wenn nennenswerte Teile der Gewerkschaften sich von einer Spaltung des SPD-Potenzials die Chance zu einer linkeren Politik erwarteten. Der Chef der Jungsozialisten (Jusos) in der SPD, Niels Annen, betonte, die Gründungsbestrebungen zeigten ein "Krisensymptom" an. Er verwies auf frühere Warnungen an seine Partei, "den Unmut und die drohende Entfremdung zwischen SPD und Gewerkschaften sehr ernst zu nehmen". Schmidt wie Annen hielten die Gründungspläne für wenig aussichtsreich. "So etwas ist bisher immer gescheitert", sagte der Juso-chef. Gleichwohl mahnte er an, den Dialog mit linken Gewerkschaftern zu intensivieren. Parteigründung innerhalb der Gewerkschaft umstrittenInnerhalb der Gewerkschaften ist die für die Zeit nach der Europawahl am 13. Juni anvisierte Parteigründung umstritten. Der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Bsirske, erläuterte, er habe aus der Presse erfahren, dass Mitglieder von ver.di offenbar über eine Parteigründung nachdächten. Aus seiner Sicht sei die Mobilisierung der Gewerkschaftsproteste zum Aktionstag am 3. April der richtige Weg, Einfluss auf den Reformkurs der Bundesregierung zu nehmen. IG-Metall-Vorstandsmitglied Kirsten Rölke sagte: "Wir brauchen keinen rückwärts gewandten Populismus, sondern neue Lösungsstrategien." Nach Informationen der Wochenzeitung "Die Zeit" hatte zu dem Initiatorentreffen am 5. März der Gewerkschaftssekretär beim ver.di-Bundesvorstand, Ralf Krämer, in das Haus des Berliner DGB-Landesverbandes eingeladen. In einem von Krämer verfassten 14-seitigen Papier heißt es, das Potenzial für eine linke Protestpartei liege "bundesweit bei über 20 Prozent". Ein Vorbild dafür sei der Erfolg des Rechtspopulisten Ronald Schill in Hamburg 2002. Annen sagte, der Bezug auf Schill sei "bezeichnend". Schill sei es nicht um Problemlösung, sondern um propagandistische Vereinfachung gegangen.