Hintergründige Komödie um einen Mann und eine junge Ehefrau"Lost in Translation": Fremd in einer fremden Riesenstadt
Die Liebesgeschichte von Bob und Charlotte kommt als Komödie "Lost in Translation" in die deutschen Kinos. Verschlagen hat es die beiden in ein luxuriöses Hotelhochhaus in die japanische Hauptstadt Tokio.Bob Harris, hinreißend lakonisch und zerknautscht gespielt von Bill Murray, ist ein bekannter amerikanischer Filmschauspieler, der zu den Dreharbeiten für einen Whisky-Werbespot nach Japan gekommen ist. Ständig hält er Kontakt mit der fernen Familie und einer nörgelnden Frau. Die noch ziemlich jung verheiratete Charlotte ist mit ihrem immer geschäftigen Mann, einem Modefotografen, in Tokio und langweilt sich dort schrecklich. Die Welt um das Hotel ist für beide nicht nur fremd, sondern auch befremdlich. Erst sind es nur Blicke und zufällige Begegnungen in der Bar, dann schließen Bob und Charlotte endlich nähere Bekanntschaft. Doch weit gefehlt, wer jetzt eine der üblichen Mann-trifft-Frau-Geschichten erwartet, die meist im Bett enden. Zwar liegen die beiden während einer mehrtägigen Abwesenheit von Charlottes Mann gemeinsam auf dem Hotelbett, aber alles, was sie dort treiben, ist fernsehen. Jeder respektiert die Bindung des anderen, und gerade deshalb wächst die neue Bindung zwischen den beiden. Es ist zugleich auch ein Bündnis gegen die doppelte Fremde einer kalt-kommerziellen Riesenstadt und einer Kultur, die trotz aller westlichen Versatzstücke unverständlich bleibt. Begegnung als Oase in der Wüste des LebensWie die Regisseurin aus dieser Situation immer neue komödiantische Funken schlägt, mit welcher Lakonie Lachen provoziert wird - das macht diesen Film zum Ereignis. Die Begegnungen von Bob und Charlotte mit japanischer Populärkultur wie dem unsäglichen Karaoke ebenso wie ihre Ratlosigkeit ob der unerklärlichen Speisekarte eines Imbissrestaurants sind funkelnde Höhepunkte einer Handlung, die auch immer wieder anrührend ruhige, ganz intime Szenen bereithält. Die hübsche New Yorkerin Scarlett Johansson, die vor Jahren als traumatisiertes Mädchen in dem Kinohit "Der Pferdeflüsterer" auffiel, ist völlig glaubwürdig als verträumte und leicht desorientierte junge Ehefrau, die keine Affäre, sondern nur einen Menschen sucht, der ihr zuhört und dem sie zuhören kann. Murray, körperlich viel größer als die zierliche Johansson und viel älter dazu, zeigt einen Mann, der trotz Ruhm, Erfolg und Familie sehr vereinsamt ist. Für beide ist die Begegnung in Tokio nicht die Rettung aus ihren Problemen, aber so eine Art Oase in der Wüste, die Leben heißt. Sofia Coppola, die einen berühmten Namen trägt und deren berühmter Onkel Francis Ford Coppola einer der ausführenden Produzenten des Films ist, lässt den Besucher von "Lost in Translation" teilhaben an diesem Besuch in der Oase, der mit einer ebenso erlösenden wie abschließenden Umarmung auf einer der quirligen Tokioter Straßen endet. Es ist ein schwerer Abschied für Bob und Charlotte, aber auch ein schwerer Abschied für den Zuschauer: Mit den beiden hätte er gerne noch viele Tage in einer Stadt verbracht, in die ihn sonst überhaupt nichts lockt.