Wer ist Winfried Kretschmann?
Winfried Kretschmann pflegt einen neuen Politikstil und hat sich zum Ziel gesetzt, das Land ökologisch und sozial zu erneuern. Mit seinem Stil hat er viele Sympathien erworben. Bei der kommenden Landtagswahl sehen die Chancen auf eine dritte Amtszeit gut aus, auch da die Grünen bundesweit in den vergangenen Jahren an Wählerstimmen zulegen konnten.
Wann wurde Winfried Kretschmann geboren?
Winfried Kretschmann wurde am 17. Mai 1948 geboren. Seine katholischen Eltern wurden aus dem heute zu Polen zählenden Ermland vertrieben. Diese Gegend in Ostpreußen war protestantisch geprägt. Ein älterer Bruder starb auf der Flucht. Über diese Zeit sagt er: "Wir hausten als arme Flüchtlinge in wenig komfortablen Unterkünften, bis mein Vater dann die erste Lehrstelle bekam."
Sein Vater war Volksschullehrer und wünschte, dass sein Sohn Priester wird. Seinen Vater hat Kretschmann bereits 1969 verloren, als dieser bei einem Autounfall ums Leben kam. Seine Mutter sei völlig unpolitisch gewesen.
Woher kommt Winfried Kretschmann?
Geboren wurde Kretschmann in Spaichingen. Die Kleinstadt liegt an der Prim und am Fuße des Dreifaltigkeitsberges. Sie ist die drittgrößte Stadt im Landkreis Tuttlingen. Weil die Familie nicht von dort stammt, mussten sie sich integrieren. "Ich war das erste Kind in der Familie, das Schwäbisch gesprochen hat", erinnert er sich. Zu Hause habe man Hochdeutsch gesprochen.
Außerhalb des Elternhauses habe er aber Schwäbisch geredet. Die Sprache habe ihm dazu verholfen, Schwabe durch und durch zu werden. Nur eines unterscheide ihn von seinen schwäbischen Mitbürgern: Bei warmen Mahlzeiten verzichte er lieber auf Soßen, sagt der Ministerpräsident über sich selbst.
Was hat Winfried Kretschmann studiert?
Gemäß dem väterlichen Wunsch wollte Kretschmann als Kind Pfarrer werden. Nach seiner Zeit in der Volksschule besuchte er ein katholisches Internat in Riedlingen in Oberschwaben. Diese Zeit habe ihn sehr geprägt und zu einem gläubigen Menschen gemacht. Dennoch hielt er es irgendwann auf dem strengen Internat nicht mehr aus und so verließ er es nach der zehnten Klasse. Danach besuchte er bis zum Abitur das Hohenzollern-Gymnasium in Sigmaringen. Dort blieb er in der elften Jahrgangsstufe einmal sitzen. Nach seinem Wehrdienst studierte Kretschmann von 1970 bis 1975 Biologie und Chemie auf Lehramt an der Universität Hohenheim. 1977 legte er das zweite Staatsexamen ab.
Aus seiner beruflichen Laufbahn wäre jedoch beinahe nichts geworden. Zweimal kandidierte Kretschmann zum Studentenkonvent. 1972 für die „Kommunistische Studentengruppe / Marxisten-Leninisten“ und 1973 auf der Plattform des „Sozialistischen Zentrums“ und der „Kommunistischen Hochschulgruppe“. Der Verfassungsschutz meldete dies damals dem Oberschulamt. Die Gruppen, für die sich Kretschmann engagierten, galten als linksextrem. Heute beschreibt der Ministerpräsident von Baden-Württemberg dieses Engagement als politischen Irrtum. Seine erste Anstellung fand er schließlich an einer privaten Kosmetikschule in Stuttgart. Nach einer Überprüfung wurde er schließlich Beamter. Als solcher wurde er Lehrer für Biologie, Chemie und Ethik, zuerst an einem Gymnasium in Stuttgart. Als Lehrer wechselte er mehrfach die Schulen. Von 1988 bis 1995 unterrichtete er sogar an dem Gymnasium, an dem er einst sein Abitur gemacht hatte.
Wie verlief die politische Karriere von Winfried Kretschmann?
Streng genommen begann Kretschmanns politische Karriere während seiner Studentenzeit, als er sich für die Studentengruppen einsetzte. In dieser Zeit war er auch mehrere Jahre lang an der Universität Hohenheim der Vorsitzende des AStA. Richtig los ging seine politische Karriere aber erst nach seiner Zeit an der Uni. Als sich 1979/80 in Baden Württemberg eine Landesgruppe der Grünen bildete, war er Mitbegründer. Als Grüner gilt er als liberal-konservativ. In den ersten Jahren seiner Laufbahn zählte er zum ökolibertären Flügel der Partei. Diesen gab es seit 1983. Er war das Gegenstück zum ökosozialistischen Flügel der Grünen.
Im Landtag von Baden-Württemberg vertritt er den Wahlkreis Nürtingen. Von 1983 bis 1984 war er zum ersten Mal Vorsitzender der Landtagsfraktion seiner Partei.
Hineingewählt in den Landtag von Baden-Württemberg, der seinen Sitz in Stuttgart hat, wurde der Grüne Kretschmann erstmals 1980. Damit saßen zum ersten Mal sechs junge Grüne im Landesparlament. Dem damaligen Ministerpräsidenten Lothar Späth überreichten sie als Geschenk einen Kaktus. Als Fraktionsvorsitzender wurde Kretschmann 1983 Nachfolger von Wolf-Dieter Hasenclever. Parallel zum Landtagsmandat gehörte er von 1982 bis 1984 auch dem Kreistag des Landkreises Esslingen an.
In der darauf folgenden Legislaturperiode unterlief den Grünen ein Formfehler bei der Aufstellung der Kandidaten. Aufgrund dessen schied Kretschmann aus dem Landtag aus. Dafür war er von 1986 bis 1987 Ministerialrat von Joschka Fischer in Hessen. Als es 1988 wieder eine Landtagswahl in Baden-Württemberg gab, zog der Grüne Kretschmann wieder in den Landtag ein. Bei der darauf folgenden Landtagswahl 1992 verfehlte er den Wiedereinzug. Innerparteiisch gab es Streit um das Thema Müllverbrennung. Außerdem verlor Kretschmann in seinem Wahlkreis. Seit 1996 gehört der Grüne schließlich ununterbrochen dem baden-württembergischen Landtag an. Bis 2001 saß er dem Ausschuss für Umwelt und Verkehr vor. 2002 übernahm er erneut das Amt des Fraktionsvorsitzenden der Grünen. Dieses behielt er bis 2011. Er trat damit die Nachfolge von Dieter Salomon an, der 2002 Oberbürgermeister von Freiburg wurde. Außerdem ist Kretschmann Mitglied des Parteirates der Grünen in Baden-Württemberg.
Bei der Landtagswahl 2011 stellte ihn seine Partei als Spitzenkandidaten auf. Sie schafften es auf 24,2 Prozent und 36 Abgeordnete. Bis dahin war dies das beste Ergebnis bei einer Landtagswahl. Damit wurden die Grünen hinter der CDU zweitstärkste Kraft im Land. Die SPD erhielt ein Mandat weniger. "Jetzt haben wir die historische Wende in diesem Land erreicht", freute Kretschmann sich am Wahlabend. Überschattet gewesen war die Wahl von der Reaktorkatastrophe in Fukushima. Die Grünen gingen schließlich eine Koalition mit der SPD ein und bildeten die Regierung. Am 12. Mai 2011 wurde Kretschmann zum ersten grünen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg gewählt. Bei seiner Wahl erhielt er zwei Stimmen mehr als die Koalition Mandate hatte. Am 1. November 2012 übernahm er außerdem für ein Jahr das Amt des Präsidenten des deutschen Bundesrates.
Der Ministerpräsident stand von Beginn an im Rampenlicht und handelte sich teilweise auch Kritik ein. So zum Beispiel 2014. Damals stimmte Baden-Württemberg einer Änderung des Asylgesetzes zu. Dieses sah vor, dass Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien als sichere Herkunftsländer eingestuft werden. Alle anderen Bundesländer, in denen Grüne an der Regierung beteiligt waren, stimmten nicht zu. Die Zustimmung Baden-Württembergs brachte dem Ministerpräsidenten vor allem innerparteilich Kritik ein. An seiner Beliebtheit änderte das jedoch nichts. Im März 2015 gaben bei einer Umfrage 72 Prozent der Befragten an, dass sie mit der Arbeit des Ministerpräsidenten zufrieden seien.
In Baden-Württemberg wurden unter Ministerpräsident Kretschmann zahlreiche Reformen im Land angestoßen. Dazu gehört unter anderem die Einführung der Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg. Auch das Thema Industrie 4.0 und das Thema Digitalisierung machte der Ministerpräsident zum Teil seiner politischen Agenda. Damit war Baden-Württemberg das erste Land, das so vorging. Als grünes Thema nahm sich die Landesregierung der Windkraft an und baute sie in Baden-Württemberg aus. Im April 2014 machte Winfried Kretschmann von sich Reden, als er als erster Ministerpräsident einen Flüchtlingsgipfel zusammen mit kommunalen Verbänden einberief. Eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten konnte der Ministerpräsident in seiner ersten Amtszeit nicht durchsetzen, obwohl sie Teil des Koalitionsvertrages war.
2016 gab es wieder Wahlen im Land. Der Ministerpräsident trat als Spitzenkandidat seiner Partei an. Mit 30,3 Prozent wurden die Grünen stärkste Kraft im Land. Das hatte es vorher noch in keinem anderen Bundesland gegeben. Die SPD kam nur auf 13 Prozent. Das bedeutete das Ende der rot-grünen Koalition im Landtag in Stuttgart. Der Ministerpräsident war daher an einer Ampelkoalition mit SPD und FDP interessiert. Die FDP lehnte das jedoch ab. Als Folge lud Kretschmann die CDU zu einer Koalition mit den Grünen ein. So entstand die Kiwi-Koalition. Für Kretschmann persönlich hatte das zur Folge, dass er das Amt des Ministerpräsidenten verteidigen konnte.
Seine zweite Amtszeit steigerte noch einmal seine Beliebtheit. 2016 war der Ministerpräsident sogar als Nachfolger von Joachim Gauck im Amt des Bundespräsidenten im Gespräch. Im Sommer 2019 verkündete Kretschmann, dass er bei der Wahl 2021 noch einmal für das Amt des Ministerpräsidenten kandidieren werde und sich um eine dritte Amtszeit bewirbt. In seiner Partei gab es keinen Gegenkandidaten und so wurde er nominiert. Als 2020 die Corona-Krise hereinbrach, gehörte Kretschmann zu den Ministerpräsidenten, die einen konservativen Weg einschlugen. Er war für harte Maßnahmen, auch da Baden-Württemberg Grenzen zu anderen Ländern wie Frankreich hat, wo die Zahl der Infizierten sehr hoch war. Bei der Landtagswahl 2021 wurden die Grünen erneut stärkste Kraft in Baden-Württemberg mit 32,6 Prozent der Stimmen.
Neben seiner Tätigkeit im Landtag in Stuttgart engagiert sich Kretschmann auch noch im Diozösanrat der Erzdiözese Freiburg. Außerdem gehört er dem Verein der Freunde der Erzabtei St. Martin an, ist im Zentralkomitee der deutschen Katholiken und im Kuratorium der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Darüber hinaus gehört er der Studentenverbindung Carolingia Hohenheim an. Ferner ist Kretschmann Mitglied der Freunde der Hebräischen Universität Jerusalem und der Gesellschaft Oberschwaben für Geschichte und Kultur. In seinem Wohnort Laiz singt er im Kirchenchor und ist Mitglied im Schützenverein.
Was sind politische Ziele von Winfried Kretschmann?
Auf seiner Internetseite bezieht Winfried Kretschmann klar Stellung. Er möchte keine Politik von oben herab führen, sondern eine, in der die Bürger Gehör finden, zum Beispiel durch Bürgerbeteiligungen. Als Aufgaben für die Zukunft benennt Kretschmann den Schutz von Klima und Natur. Das sind Themen, die typisch für seine Partei sind und mit denen er punkten kann. Außerdem wolle er den Strukturwandel in der Wirtschaft meistern und die Arbeitsplätze und damit den Wohlstand der Bürger sichern. Wichtig sei ihm außerdem, den Zusammenhalt der Gesellschaft zu stärken. „Wir müssen Wachstum vom Naturverbrauch entkoppeln. Dabei ist die Wirtschaft unser natürlicher Verbündeter“, sagt er.
Er fordert Solaranlagen auf allen Neubauten, Windkraft auf allen geeigneten Flächen, mehr Solaranlagen auf Äckern und Weiden und entlang von Fernstraßen, einen Mobilitätspass in den Kommunen und eine Verdopplung der Fahrten mit dem ÖPNV bis 2030 und einen neuen Gesellschaftsvertrag zwischen Bauern, Handel und Verbrauchern, der Naturschutz und Landwirtschaft versöhnt und für faire Preise für gesunde Lebensmittel sorgt. Außerdem möchte er das Gesundheitssystem und neue Technologien stärken. Dazu gehört auch die E-Mobilität.
Ist Winfried Kretschmann verheiratet?
Winfried Kretschmann ist seit 1975 verheiratet. Mit seiner Frau Gerlinde Kretschmann wohnt er in Laiz, einem rund 3000 Einwohner zählenden Ortsteil von Sigmaringen im gleichnamigen Landkreis. Seine Frau war bis 2011 Grundschullehrerin in Bingen bei Sigmaringen. Von der Mitte der 1990er-Jahre bis 2009 gehörte seine Ehefrau dem Sigmaringer Gemeinderat an und engagierte sich damit ebenfalls politisch. Zuletzt war sie im Gemeinderat Fraktionsvorsitzende der Grünen. Mitte Februar 2021 gab Winfried Kretschmann bekannt, dass er den Wahlkampf einschränken werde und sich auch sonst ein wenig zurückziehen werde. Als Grund dafür nannte er die Brustkrebserkrankung seiner Ehefrau.
Das große Hobby des Ministerpräsidenten ist das Heimwerken. Er habe sein ganzes Haus selber renoviert. Er ist Fan des VFB Stuttgart, verbringt seine Freizeit aber gerne in Baumärkten. Dort könne er sich stundenlang aufhalten, zwischen den Regalen stöbern und Schlagbohrmaschinen ausprobieren. Auch das Wandern auf der Schwäbischen Alb zähle zu seinen Hobbys. Ein Markenzeichen von ihm sind grün-weiß gestreifte Krawatten. In seinem Büro habe er immer welche in Reserve. Eine davon lieh er einmal Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier aus, als dieser sich beim Essen bekleckerte.
Hat Winfried Kretschmann Kinder?
Winfried Kretschmann ist Vater von drei Kindern. Schon ein Jahr nach der Hochzeit kam Tochter Irene zur Welt. Zu diesem Zeitpunkt studierten die jungen Eltern noch. 1978 wurde Sohn Johannes geboren und 1980 kam das dritte Kind, Albrecht, auf die Welt. Seine Tochter lebt zusammen mit ihrem Ehemann in Schottland. Sein Sohn Johannes eifert dem Vater nach und ist ebenfalls in der Politik aktiv. Ihm wird immer wieder der Vorwurf gemacht, dass sein Vater ihn protegiere. Seit 2019 gehört Johannes Kretschmann dem Kreistag in Sigmaringen an. Albrecht Kretschmann sorgte dafür, dass der Ministerpräsident zweifacher Großvater ist.
2015 kam der erste Enkel Julius zur Welt. 2017 folgte seine jüngere Schwester Johanna Pauline. Die Geburt des ersten Enkelkindes sorgte für einen Umbruch in der Weihnachtstradition der Familie. Bis dahin schmückte der Ministerpräsident seinen Weihnachtsbaum mit silbernen Kugeln. Seit der Geburt von Julius ist er bunt. Dieses Versprechen hatte Kretschmann einmal gegeben und schließlich auch eingelöst.
Hier finden Sie ein Porträt über Winfried Kretschmann.