München 122 Milliarden Schaden durch Katastrophen

München · Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re hat eine Bilanz aus den Naturkatastrophen des Jahres 2012 gezogen. Auffällig: Drei der fünf schlimmsten Ereignisse trafen die USA. Experten glauben, dass es noch schlimmer kommt.

Als sich Mitte Oktober des vergangenen Jahres in der Karibik der Hurrikan "Sandy" zusammenbraute und seinen Weg über Kuba, Jamaika und die Bahamas in Richtung US-Küste nahm, ahnten die Experten Schlimmes. Ende Oktober schlug "Sandy" mit voller Wucht in New Jersey auf. Die verheerende Bilanz des Sturmes: Mehr als 200 Menschen kamen ums Leben, davon über die Hälfte in den Vereinigten Staaten. Selbst in Kanada gingen die Schäden noch in die Hunderte Millionen.

Gut zwei Monate später haben die Experten des Rückversicherers Munich Re (Münchener Rück) eine erste finanzielle Bilanz der Naturkatastrophen des vergangenen Jahres gezogen. Sie errechneten gesamtwirtschaftliche Schäden von etwa 160 Milliarden Dollar – das entspricht rund 122 Milliarden Euro. Versichert waren Schäden von rund 65 Milliarden Dollar. Und weil die Amerikaner nicht nur unter "Sandy" zu leiden hatten, sondern auch unter der extremen Dürre mit hohen Ernteausfällen im Sommer und dem Zusammentreffen mehrerer Tornados im Frühling, entfallen zwei Drittel der Schadensumme aus Naturkatastrophen in 2012 allein auf die USA. Der Anteil ist doppelt so groß wie im Durchschnitt vergangener Jahre.

"Die hohen Schäden durch Wetterkatastrophen in den USA haben gezeigt, dass stärkere Anstrengungen zur Schadenprävention nötig sind", sagt Munich-Re-Vorstandsmitglied Torsten Jeworrek. Die Meinung des Managers: "Es wäre mit Sicherheit möglich, Ballungsräume wie New York besser vor den Folgen von Sturmfluten zu schützen. Dies wäre volkswirtschaftlich sinnvoll, und Versicherer könnten eine geringere Schadenanfälligkeit auch bei der Preisgestaltung berücksichtigen." Die Prognosen der Klimaforscher deuten vor allem für die Vereinigten Staaten künftig noch größere Unwetter-Risiken an: mehr Dürreperioden in den Sommermonaten, noch mehr Wirbelstürme an der Ostküste, verstärkte Sturmflut-Gefahr durch den erwarteten Anstieg des Meeresspiegels.

Nachdem auch die letzte Weltklima-Konferenz nicht den erhofften Durchbruch in Sachen Klimaschutz gebracht hat, sind jetzt nach Munich-Re-Meinung vor allem die Verantwortlichen in den Krisengebieten selbst gefragt. "Da bei den internationalen Klimaverhandlungen – wie zuletzt in Doha – überhaupt keine Fortschritte absehbar sind, ist die Anpassung an diese Gefährdungen mit entsprechenden Schutzmaßnahmen unbedingt nötig", fordert Peter Höppe, Leiter der Georisiko-Forschung bei der Munich Re. Das heißt beipielsweise, dass Deiche verstärkt und andere Vorkehrungen gegen Hochwasser getroffen werden müssen. Das kostet viel Geld. Aber andernfalls werden die Versicherungsprämien in astronomische Höhen steigen.

Dass die Schadenbilanz der Versicherer für das vergangene Jahr überhaupt günstiger ausfällt als für 2011 (damals betrugen die Gesamtschäden 400 Milliarden Dollar und die versicherten Schäden 119 Milliarden Dollar), ist nur ein schwacher Trost. Denn 2011 war das Jahr der verheerenden Katastophe in Japan (erst Tsunami und Erdbeben, dann die Atomkatastrophe).

Verglichen damit kam Europa im vergangenen Jahr in puncto Kosten glimpflich davon. Die beiden Erdbeben in der Emilia Romagna, die Ende Mai die norditalienische Region erschütterten, lösten Schäden von etwa 16 Milliarden Dollar aus. Das sind gerade mal vier Prozent aller gemessenen Gesamtschäden. Allerdings: Auch hier starben mehrere Menschen, auch hier wurden Tausende obdachlos, viel Kulturgeschichte wurde vernichtet. Solche Dinge verschwinden mitunter hinter den nackten Zahlen. Dass insgesamt im vergangenen Jahr "nur" 9500 Menschen bei Naturkatastrophen starben und damit deutlich weniger als im Durchschnitt vergangener Jahre, liegt daran, dass Entwicklungsländer diesmal deutlich weniger betroffen waren als früher. Denn in diesen Ländern sind die volkswirtschaftlichen Schäden meist geringer – die Opferzahlen dafür umso höher.

(RP)
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