Düsseldorf 5,5 Prozent mehr für Staatsdiener gefordert

Düsseldorf · Die Gewerkschaften verlangen eine Anpassung der Gehälter im öffentlichen Dienst an das Niveau der Privatwirtschaft. Die Länderfinanzminister reagieren ablehnend: Sie befürchten Kosten von 6,5 Milliarden Euro.

Mit dem Verweis auf einen immer noch deutlichen Lohnabstand zur Privatwirtschaft sind die Gewerkschaften Verdi, die Gewerkschaft der Polizei (GdP), der Deutsche Beamtenbund (DBB) und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in die diesjährige Tarifrunde der Länder gestartet: 5,5 Prozent mehr Lohn, mindestens jedoch 175 Euro mehr im Monat sollen es nach ihrem Wunsch werden - Letzteres, damit die unteren Gehälter überproportional steigen. Zudem argumentierte Verdi-Chef Frank Bsirske mit einer Stärkung der Binnennachfrage. Mit der Forderung liegt die Gewerkschaft am oberen Ende dessen, was in der Industrie in den laufenden Tarifverhandlungen verlangt wird.

Außerdem verlangen die Gewerkschaften eine verbindliche Übernahme der Auszubildenden nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung, eine Anhebung der Azubi-Vergütung um 100 Euro sowie einen längeren Urlaubsanspruch von 30 statt wie bisher 27 Tagen.

Die Kosten für die Länder würden nach Angaben von Bsirske knapp sechs Milliarden Euro betragen. "Wir erwarten jede Menge Gegenwehr, sind aber total optimistisch", sagte der Verdi-Chef. Die Gegenwehr der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) ließ nicht lange auf sich warten. TdL-Chef Jens Bullerjahn, der zugleich Sachsen-Anhalts Finanzminister ist, sagte, die Länder mühten sich seit Jahren, ihre Haushalte in den Griff zu kriegen. Wer wolle, dass sie die Schuldenbremse einhielten und weiter auf hohem Niveau etwa in Bildung investierten, könne die Forderung nur rundweg ablehnen. Der Finanzminister sprach gar von Kosten in Höhe von 6,5 Milliarden Euro. Allein für die Tarifbeschäftigten fielen 2,1 Milliarden Euro an.

Der DBB-Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt wie auch Bsirske kritisierten, beim Besoldungsniveau der Beamten gebe es zwischen den Ländern inzwischen eine Spanne von 18 Prozent. Vor zwei Jahren seien mit Bayern und Hamburg nur zwei Länder bereit gewesen, den Abschluss eins zu eins auf die Beamten zu übertragen. Dies dürfe sich nicht wiederholen.

Die Einkommensrunde für die 800 000 Landesbeschäftigten ist in der Regel ein deutlich schwierigeres Feld für die Gewerkschaften als Tarifverhandlungen bei Bund und Kommunen. Der Grund ist: Wenn sich der Müll vor den Türen stapelt und die Kinder nicht mehr in der Kindertageseinrichtung abgegeben werden können, wird der Bürger schneller unruhig, als wenn Finanzunterlagen liegenbleiben.

Doch im Arbeitgeberlager wird gemunkelt, dass sich Verdi mit einem Trick behelfen könnte: Denn zeitgleich wird auch über eine Neueingruppierung der zwei Millionen Beschäftigten bei Bund und Kommunen verhandelt - Verdi und GEW verlangen dabei insbesondere für die Beschäftigten des Sozial- und Erziehungsdienstes eine höhere Eingruppierung und damit eine bessere Bezahlung. Dass es in diesen Bereichen zu Arbeitskämpfen kommen wird, hat Verdi-Chef Bsirske schon vorsichtshalber vor wenigen Wochen angekündigt: "Ohne einen Arbeitskampf wird das kaum gelingen", hatte er in Kassel gesagt. "Die Aktionsfähigkeit der Belegschaft muss systematisch entwickelt werden - noch über das Niveau von 2009 hinaus." Damals hatten die Gewerkschaften über zwölf Wochen lang die Kitas bestreikt. Im Klartext heißt das: Es könnte Anfang des kommenden Jahres noch deutlich heftiger werden. Im Arbeitgeberlager wird nun befürchtet, dass der Bürger den Unterschied zwischen den beiden getrennten Tarifverhandlungen nicht fassen könne und so der Druck auf die Tarifgemeinschaft der Länder steige, doch den Gewerkschaften deutlich entgegenzukommen.

(RP)
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