Düsseldorf 60 Jahre, noch lange nicht Rentner

Düsseldorf · Der Job als Europa-Verantwortlicher bei C&A, den Alain Caparros am 1. August antritt, ist eine schwierige Aufgabe. Und ein Risiko für einen, der wohl letztmals in eine Führungsrolle schlüpft. Was treibt den Noch-Chef des Handelskonzerns Rewe?

Alain Caparros sah offensichtlich selbst die Notwendigkeit, sich zu erklären. "Ich habe mich dazu entschieden, meine Pläne für die Zeit nach Rewe zu ändern", sagte gestern der Mann, der offiziell noch eine Woche lang den Kölner Handelskonzern führt und dann mit einem Monat Abstand ab 1. August Europa-Chef beim Textilfilialisten C&A wird. "Inspirirerende Diskussionen" mit der C&A-Eigentümerfamilie Brenninkmeijer hätten ihn letztlich zu dieser Entscheidung gebracht.

Sie müssen so inspirierend gewesen sein, dass sie Caparros von seinen ursprünglichen Vorstellungen eines Daseins ohne allzu großen Management-Stress abgebracht haben - ein Bild, das er seit der Verkündung seines Abschieds nachhaltig in der Öffentlichkeit verankert hat. Möglicherweise habe Caparros auch irgendwann entdeckt, dass er mit knapp 61 Jahren noch nicht alt genug sei, um nach mehr als einem Jahrzehnt im Rewe-Rampenlicht in der Bedeutungslosigkeit eines Privatiers zu verschwinden, heißt es in Handelskreisen. Und vielleicht hat ihn auch ein neuer Millionenvertrag für einige Jahre gelockt, auch wenn für Caparros das Pekuniäre nicht mehr das wichtigste Argument gewesen sein dürfte.

Im März hat es wohl die ersten Kontakte zwischen dem Unternehmen aus der Landeshauptstadt und dem Wahl-Düsseldorfer gegeben. Damals, so heißt es nach unbestätigten Informationen aus Firmenkreisen, sei aber noch nicht festgezurrt gewesen, welche Rolle Caparros beim Textilhändler spielen könnte. Eine Funktion im Beirat, das wäre wohl das gewesen, was man sich angesichts der vorher gemachten Äußerungen als Zukunftsperspektive hätte ausmalen können. Was er künftig machen wolle, dazu liefen "nette Gespräche", hatte Caparros bei seiner letzten Rewe-Bilanzpressekonferenz gesagt. Nichts mit Lebensmittelhandel jedenfalls. Was die Handelssparte angeht, hat Caparros Wort gehalten.

Vielleicht hat er bei den netten Gesprächen mit den C&A-Eignern seine Mitarbeit auch so bereitwillig signalisiert, dass man beim Textilhändler plötzlich die große Chance sah, ihn doch noch als Mann fürs operative Geschäft gewinnen zu können. Hat funktioniert.

"Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit", erklärte gestern Martijn Brenninkmeijer, der Chef der Familienholding Cofra. Und so wird Caparros - jetzt vermutlich wirklich zum letzten Mal - zum Kopf eines Unternehmens, zum Aushängeschild. Eine besondere Rolle nimmt er ohnehin ein, weil er bei C&A der erste familienfremde Manager ist, der ganz oben in der Führungsriege steht.

Aber: Das Engagement ist nicht ohne Risiko. Knapp elf Jahre war Caparros Chef bei Rewe, und in der Zeit hat er den Konzern auf Erfolgskurs gebracht, auch wenn noch nicht alle Baustellen geschlossen sind. Im Textilhandel stößt er auf eine Branche, in der der Wettbewerb noch härter erscheint und das Wetter den Anbietern schon mehr als einmal einen Strich durch deren Kalkulation gemacht hat. Die Online-Modehändler machen C&A ebenso zu schaffen wie Ketten wie Zara und Primark. In Düsseldorf gingen jedenfalls zuletzt die Umsätze zurück. Doch C&A hat reagiert: Der Konzern, der weltweit derzeit rund 2000 Läden betreibt und mehr als 60.000 Mitarbeiter beschäftigt, kündigte an, schlecht laufende Läden sollten geschlossen werden, und es solle eine Milliardensumme in den Umbau fließen - mit verstärkten Investitionen ins Online-Geschäft, in die Werbung und mögliche Neueröffnungen an anderen Standorten. Von "robustem Wachstum" war die Rede.

Doch das war zunächst einmal nur ein Plan. Gelingt es Caparros tatsächlich, die Flaute zu beenden, wäre er der Mann, der den Filialisten wieder glänzen lässt. Schafft er es nicht, stünde ausgerechnet am Ende seiner Laufbahn als operative Führungsfigur ein Misserfolg. Aber Angst davor kennt Caparros augenscheinlich nicht.

(RP)
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