Seoul 6,5-Quadratmeter-Zelle statt Luxus-Villa

Seoul · Der De-facto-Chef von Samsung, Jay Y. Lee, ist verhaftet worden. Er soll in den Korruptionsfall um Präsidentin Park verstrickt sein. Südkoreas Wirtschaft fürchtet ein Management-Vakuum beim größtem Konzern des Landes.

In Südkorea stürzt der Korruptionsskandal um Präsidentin Park Geun Hye den größten Konzern des Landes vollends in die Krise. Wegen Bestechungsvorwürfen wurde der Chef der Samsung-Gruppe, Jay Y. Lee, verhaftet. Das entschied ein Gericht in Seoul, nachdem die Staatsanwaltschaft neue Beweise vorgelegt hatte. Der Schritt ist ein weiterer Nackenschlag für den Smartphone-Giganten Samsung Electronics. Das Kronjuwel des Konglomerats und Aushängeschild der viertgrößten Volkswirtschaft Asiens laboriert noch an den Folgen des Milliarden-Debakels um das Vorzeigehandy Galaxy Note 7, das wegen Brandgefahr vom Markt genommen wurde.

In der heimischen Wirtschaft wächst nun die Angst vor weiteren Rückschlägen. "Ein Management-Vakuum bei Samsung - ein globales Unternehmen, das die Republik Korea repräsentiert - wird die Unsicherheit verstärken und das Vertrauen in der Welt untergraben. Das bedeutet eine große Belastung für die Wirtschaft, die ohnehin schon mit Problemen zu kämpfen hat", erklärte der Arbeitgeberverband.

Hintergrund der Verhaftung ist der Erbfolge-Poker in der Samsung-Gruppe. Diese wird von Lee geführt, seit sein Vater Lee Kun Hee 2014 durch einen Herzinfarkt außer Gefecht gesetzt wurde. Um die Macht der Familie in Zukunft zu festigen, hat der 48-jährige Enkel des Firmengründers einen Umbau des Konglomerats in die Wege geleitet. Wichtiger Bestandteil der Pläne war eine milliardenschwere Firmenfusion innerhalb der Gruppe.

Dies wurde Lee jedoch zum Verhängnis. Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft zahlte er umgerechnet 34 Millionen Euro Schmiergeld, um die Zustimmung der Regierung zu dem Deal zu bekommen. Das Geld ging an Organisationen von Choi Soon Sil. Sie ist eine Freundin von Präsidentin Park und steht im Zentrum des Korruptionsskandals, der das Land in seinen Grundfesten erschüttert.

Nachdem das Gericht im Januar einen ersten Haftantrag noch zurückgewiesen hatte, sammelten die Sonderermittler neue Verdachtsmomente. Sie kündigten eine Anklage an, in der Lee neben Bestechung auch Veruntreuung, Steuerflucht und Meineid vorgehalten werden. Der zuständige Richter befand: "Wir bestätigen den Grund und die Notwendigkeit der Verhaftung." Die Staatsanwaltschaft hat zehn Tage Zeit, um Anklage gegen Lee zu erheben. Eine Fristverlängerung ist möglich. Nach einer Anklage müsste ein Gericht binnen drei Monaten ein Urteil sprechen.

Samsung und Lee haben ein Fehlverhalten in dem Fall stets bestritten. Aktuell erklärte die Gruppe: "Wir werden unser Bestes tun, um sicherzustellen, dass bei künftigen Gerichtsverfahren die Wahrheit ans Licht kommt." Ob sie gegen die Verhaftung vorgehen oder einen Kautionsantrag stellen wird, ist nach Angaben eines Konzernsprechers noch nicht entschieden. Lee soll an diesem Samstag von den Ermittlern erneut vernommen werden.

Lee steht eine harte Zeit bevor. Der Spross aus Südkoreas reichster Familie, dessen Privatvermögen auf 6,2 Milliarden Dollar geschätzt wird, muss vorerst auf seine vier Millionen Dollar teure Villa in Seoul verzichten und sich mit einer 6,5 Quadratmeter großen Einzelzelle begnügen. Dort stehen ihm TV-Gerät, Waschtisch und Toilette zur Verfügung. Zum Schlafen liegt eine Matratze auf dem Boden. Statt üppiger Diners in feiner Gesellschaft bekommt der geschiedene Vater zweier Kinder einfachste Reisgerichte serviert. Kontakte zu anderen Inhaftierten seien untersagt, sagte ein Gefängnisvertreter. Denn in der Haftanstalt am Rande der Hauptstadt sitzen bereits andere Beschuldigte in dem Korruptionsskandal ein, unter anderem die umstrittene Präsidentinnenfreundin Choi.

Gegen Staatsoberhaupt Park hat das Parlament im Dezember ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet. Ihr werden Amtsmissbrauch und Verstöße gegen die Verfassung vorgeworfen. Nun muss das Verfassungsgericht entscheiden.

(rtr)
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