Einigung im Honorarstreit 800 Millionen Euro mehr für Ärzte

Berlin · Ärzte und Kassen haben sich auf eine Honorarsteigerung für das kommende Jahr geeinigt. Beide Seiten zeigten sich zufrieden. Für die Ärzte ist es der "Einstieg in feste Preise". Hausbesuche sollen besser bezahlt werden.

Ältere und sehr kranke Patienten können ab 2015 häufiger mit einem Besuch ihres Hausarztes rechnen. Bei den Honorarverhandlungen haben sich Krankenkassen und niedergelassene Mediziner darauf geeinigt, dass Hausbesuche künftig besonders gefördert werden. Insgesamt sollen die Ärzte im kommenden Jahr etwa 800 Millionen Euro zusätzlich erhalten. Nach den Verhandlungen gestern Nachmittag zeigten sich beide Seiten zufrieden. Den Ärzten war es besonders wichtig, für bestimmte Leistungen "feste Preise" zu vereinbaren. Das ist in einem sehr geringen Umfang gelungen. So sollen die Fachärzte künftig zusätzlich 132 Millionen Euro für die Grundversorgung erhalten. Damit sind der erste Besuch bei einem Facharzt, die Feststellung des Krankheitsbildes und das Einleiten möglicher weiterer Maßnahmen gemeint.

Eine der wichtigsten Kritiken der Ärzte an den Honorarzahlungen der Kassen war bislang, dass die Honorare gedeckelt sind. Das heißt, wenn der Honorartopf für die erbrachten Leistungen nicht reicht, werden geringere Honorare pro Behandlung gezahlt. Nach eigenen Angaben erbringen die Mediziner in ihren Praxen jede zehnte Leistung ohne Honorierung. Dadurch ergibt sich aus Sicht der Ärzte eine Finanzierungslücke von 2,3 Milliarden Euro. Gemessen daran fallen die zusätzlichen 132 Millionen Euro jeweils für die Gruppen der Haus- und Fachärzte, die "feste Preise" garantieren sollen, eher bescheiden aus.

Auch die Hausärzte erhalten einen Sondertopf. Daraus sollen qualifizierte nichtärztliche Praxisassistenten und die zusätzlichen Hausbesuche gezahlt werden. Die übrigen Honorarsteigerungen von 536 Millionen Euro fließen in die Anhebung des Punktwertes für ärztliche Leistungen um 1,4 Prozent. Der Punktwert ist die Grundlage für die Berechnung der Honorare. "Mit Blick auf die langfristige Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung ist dieses Verhandlungspaket gerade noch vertretbar", sagte Doris Pfeiffer, die Vorsitzende des Krankenkassen-Spitzenverbandes.

Die rasche Einigung zwischen Kassen und Ärzten kommt überraschend. Im Vorfeld der Verhandlungen und auch nach der ersten Runde hatten der Spitzenverband der Kassen und die Ärztevertreter öffentlich Unfreundlichkeiten ausgetauscht. Die Kassen hatten die Ärzte aufgefordert, das "gleiche Engagement bei der Verringerung der Wartezeiten für die Patienten" aufzubringen wie bei dem Bemühen, ihre eigenen Honorare weiter zu erhöhen. Die Ärzte wiederum warfen den Kassen vor, über die Höhe ihrer Einkünfte unkorrekte Zahlen zu verbreiten.

Über die Einkünfte der Ärzte in Deutschland gab es in der Vergangenheit immer wieder Streit. Nach Kassen-Angaben kommt ein niedergelassener Mediziner heute mit den Einnahmen aus gesetzlichen und privaten Versicherungen sowie durch Selbstzahler-Leistungen im Durchschnitt nach Abzug der Praxis-Kosten auf einen jährlichen Überschuss von 166 000 Euro. Dieser Wert wird von der Ärzteschaft nicht bestritten. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) weist aber darauf hin, dass 60 000 Euro der Einnahmen nicht über die gesetzlichen Krankenkassen generiert würden und dass der Anteil ihrer Einnahmen durch Kassenpatienten stetig sinke.

Im Vorfeld der Verhandlungen hatten die Ärzte keine konkreten Summen genannt, wie hoch ihre Honorare im kommenden Jahr steigen sollten. Sie machten aufgrund der gedeckelten Honorare und der weiteren Forderungen nach Honorarsteigerungen aber eine Finanzierungslücke von rund fünf Milliarden Euro aus, die sie zur Grundlage der Verhandlungen machen wollten.

Im Vergleich dazu erscheint die Erhöhung von rund 800 Millionen Euro bescheiden. Der neue KBV-Chef Andreas Gassen kann mit dem Einstieg in die "festen Preise" nur einen symbolischen Erfolg vorweisen. Der Ärzteverband Virchowbund reagierte enttäuscht auf das Ergebnis und erklärte, die KBV habe ihre Ziele nicht erreicht.

(qua)
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