Düsseldorf Airbag-Hersteller Takata meldet Insolvenz an

Düsseldorf · Mehr als 70 Millionen Fahrzeuge müssen in die Werkstatt. Die Kosten kann der Zulieferer nicht mehr stemmen.

Rückrufe, immer wieder Rückrufe: Hier ein paar Hunderttausend Fahrzeuge, da gar einige Millionen. Mal hieß der Hersteller Daimler, mal Volkswagen, Toyota oder BMW. Und immer wieder wegen dieses Problems. Dem Airbag.

Der Fall Takata beschäftigt die Automobilwelt seit Jahren. Mindestens 16 Menschen sollen durch die defekten Airbags des japanischen Zulieferers ums Leben gekommen sein. Allein in den USA mussten und müssen wegen möglicher defekter Airbags mehr als 70 Millionen Fahrzeuge in die Werkstätten. Nun zwangen die damit verbundenen hohen Kosten Takata in die Knie. Gestern meldete das Unternehmen in den USA und Japan Insolvenz an.

Alles am Fall Takata ist ein Superlativ: Es ist nicht nur die größte Rückrufaktion der Automobilgeschichte, sondern gleichzeitig auch die größte Pleite eines Produktionsunternehmens in der japanischen Nachkriegsgeschichte.

Nach hohen Verlusten in den vergangenen Jahren hat Takata inzwischen einen Schuldenberg von umgerechnet rund acht Milliarden Euro aufgetürmt. Die Insolvenz soll dennoch nur die USA und Japan betreffen. Die Europa-Aktivitäten, heißt es, seien nicht betroffen. Allein in Deutschland hat Takata acht Standorte mit rund 3000 Mitarbeitern. Lieferungen an die Kunden sollen weltweit ohne Unterbrechung fortgeführt werden.

Und auch die Zukunft scheint bereits geklärt: Die Eigentümerfamilie Takada will den Zulieferer offenbar an den chinesisch kontrollierten US-Zulieferer Key Safety Systems (KSS) für umgerechnet rund 1,4 Milliarden Euro verkaufen. Beide Seiten erzielten eine Grundsatzvereinbarung, wonach KSS nahezu alle Vermögenswerte und operativen Geschäfte übernimmt - darunter auch die Herstellung von Sicherheitsgurten und Lenkrädern.

An dieser Lösung wurde offenbar seit Februar 2016 getüftelt. Beteiligt daran waren auch die Takata-Kunden, für die die Japaner extrem wichtig sind: Knapp jeder Fünfte weltweit verbaute Airbag stammt von Takata. 14 Hersteller haben offenbar auch Finanzhilfen ungenannter Höhe für eine Restrukturierung zugesagt. Auch die von den Rückrufen betroffenen deutschen Konzerne Volkswagen, Daimler und BMW seien beteiligt, hieß es in Branchenkreisen. Die Unternehmen gaben dazu keine Stellungnahmen ab.

Auto-Experten wie Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg-Essen warnen schon lange vor den Risiken der weltweit vernetzten Autoindustrie: "Wenige Zulieferer verantworten Bauteile, die in riesigen Mengen von Neuwagen bei nahezu allen Autobauern eingebaut werden. Hier zeigen sich die Grenzen des Economies-of-Scale-Denkens." Das heißt: Durch Massenproduktion werden Bauteile normalerweise günstiger. Doch bei einem Rückruf ist wie bei einem Virus auch schnell eine ganze Industrie infiziert.

(frin)
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