Berlin/München Airbus-Chef: Fliegen ohne Piloten rückt näher

Berlin/München · Auf den Digitalmessen in München und Berlin diskutieren Experten über die Zukunft der Branche.

Jens Spohr gab den Spaßverderber. Er glaube nicht, dass Menschen bald in eine selbstfliegende Maschine steigen werden, die über den Atlantik fliegt, sagte der Lufthansa-Chef gestern auf der Internetkonferenz DLD (Digital-Life-Design) in München. Damit holte er all diejenigen zurück auf den Boden der Tatsachen, denen Airbus-Chef Tom Enders angekündigt hatte, nach selbstfahrenden Autos werde auch das Fliegen in Zukunft automatisiert werden können.

Auf der DLD treffen sich in dieser Woche Experten der Digitalbranche, um über die Zukunft der Digitalisierung zu sprechen - etwa über autonomes Fliegen. Technisch sei dies einfacher umzusetzen als automatisiertes Fahren, auch wenn vermutlich die Entwicklung dort schneller gehen werde, so der Airbus-Chef. Allerdings müsse den Menschen gezeigt werden, dass Fliegen ohne Piloten noch sicherer sei, betonte Enders. Branchenkollege Spohr aber glaubt nicht, dass die Digitalisierung die Luftfahrt so schnell verändern wird wie andere Branchen. Es gehöre sehr viel dazu, Alternativen zu einem Massentransportmittel wie dem Flugzeug zu entwickeln. "Die Computer in unseren Flugzeugen sind 20 Jahre alt - aber sie funktionieren. Mein iPhone ist zwei Wochen alt, aber es arbeitet nicht mit der Verlässlichkeit, mit der mein Flugzeug funktionieren soll." In der Fliegerei gehe es darum, Systeme zu entwickeln, die ständig fehlerfrei arbeiteten. Für die Passagiere seien die Piloten - auch wenn sie eher als die Maschine Fehler machen - derzeit noch unverzichtbar.

Geht es nach dem Microsoft-Chef Satya Nadella, werden Privatkunden die Weiterentwicklung der Digitalisierung nicht zunächst im Verkehr, sondern im eigenen Haushalt zu spüren bekommen. Er wolle den Zugang zu künstlicher Intelligenz "demokratisieren", sagte er in München. Die Technologie-Branche müsse sich ihrer Verantwortung stellen und Menschen fit für die Zukunft machen, sagte er mit Blick auf die Sorge vor der Verdrängung von Jobs durch Maschinen. "Wir brauchen technologische Durchbrüche, um Wachstum über unsere Industrie hinaus anzukurbeln." Künstliche Intelligenz müsse den Menschen helfen, statt sie zu ersetzen.

Auch auf der Berliner Digitalkonferenz "The next now" sprachen Experten und Gastredner gestern über die Entwicklungen in der Digitalbranche. Investor Frank Thelen rief dabei zu mehr Mut und Risikobereitschaft auf. Der Wandel könne nicht aufgehalten werden, sagte der 41-Jährige. "Wir müssen es verstehen und das Beste daraus machen." Unternehmer in Europa müssten aktiv werden, um nicht abgehängt zu werden. Volkswagens IT-Chef Martin Hofmann prognostizierte, dass die Unternehmen spätestens 2025 "von Algorithmen überzogen" seien. Wie sehr sich bereits jetzt Firmen durch Digitalisierung verändern, zeige sich am Beispiel von Audi, wo das Fließbandprinzip durch effizienter arbeitende Fertigungsinseln ersetzt werden soll.

(dpa/tsp)
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