Frankfurt/M. Aktionärsschützer kritisieren Dax-Konzerne

Frankfurt/M. · Die DSW bemängelt fehlende Transparenz etwa bei Beiersdorf, der Deutschen Bank und Merck.

Die Prognosen der Dax-Konzerne haben sich im vergangenen Jahr zwar verbessert, aber die meisten sind immer noch nicht transparent genug. Das hat eine Studie der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) ergeben, die diese zusammen mit der Beratungsfirma Kirchhoff Consult erstellt hat. Nur 19 der 30 Unternehmen, die im Dax gelistet sind, haben in ihren Voraussagen konkrete Zahlenangaben geliefert. Das waren aber immerhin acht mehr als im Vorjahr. Elf Firmen konnten ihre Ergebnisprognosen einhalten, fünf haben Abweichungen nachvollziehbar begründet, vier haben ihre Vorhersagen unterschritten.

Die Zielgenauigkeit der Prognosen aber sei ein entscheidender Hinweis, wenn es um die Bewertung der Güte des Managements eines Unternehmens gehe, sagte Ulrich Hocker, Präsident der Aktionärsschützer-Vereinigung DSW. Eine möglichst exakte Prognose zeige die Fähigkeit zur richtigen Markteinschätzung. Die Prognoseberichte spielten auch für die Anlageentscheidungen privater Investoren eine große Rolle. Wenn die Unternehmen aber nur eine "qualitativ-komparative" Aussage machten, also von "leicht steigenden" oder "geringfügig sinkenden" Umsätzen oder Gewinnen sprächen, dann seien die Aktionäre auf ihre eigene "Interpretationsfähigkeit" angewiesen, meint Hocker. Deshalb plädiert der DSW für belastbare Zahlen.

Am besten hat in der Studie die Deutsche Telekom abgeschnitten, die Kirchhoff Consult bereits mehrere Male für die DSW erstellt hat. Die Telekom erfülle alle Anforderungen an eine transparente Berichterstattung, sagt Klaus Rainer Kirchhoff, Vorstandschef der Beratungsfirma. Dazu zählen die Einschätzungen nicht nur zur Konzernentwicklung, sondern auch die des Umfeldes - also der Branche und der Gesamtwirtschaft. Der Vorstand solle aber auch auf die Entwicklung der Segmente eingehen und seine Finanzierungsstrategie, sein Kostenmanagement, die Produktpolitik und die zukünftige Unternehmensstruktur darstellen und vor allem quantitative Aussagen zur Konzernentwicklung machen, heißt es

Das aber unterlassen immer noch sieben Dax-Konzerne: Beiersdorf, Daimler, die Deutsche Bank, Heidelberg Cement, K+S, Lanxess und Merck. Auch deshalb bescheinigt die Studie ihnen eine geringe Transparenz. Ein Unternehmen hat sich andererseits als besonders lernfähig erwiesen: Der Gaskonzern Linde, im vergangenen Jahr noch als "niedrig transparent" eingestuft, ist direkt um zwei Kategorien aufgestiegen. Das Unternehmen gilt neben der Telekom und acht weiteren (Allianz, Continental, Deutsche Post, Fresenius SE, Munich Re, SAP, Siemens und Volkswagen) als "hoch transparent". Auch SAP konnte sich verbessern; im Vorjahr hatte die Studie den Softwarehersteller aus Walldorf noch als "mittel transparent" eingestuft.

Die Länge der Prognoseberichte sagt übrigens nicht unbedingt etwas über die Qualität aus. Linde liefert nur drei Seiten, während die Deutsche Bank dem Anleger elf Seiten präsentiert und ihn nach Einschätzung der Studien-Autoren dennoch im Ungewissen über die voraussichtliche Entwicklung des größten deutschen Geldhauses lässt.

Kirchhoff rechnet damit, dass die deutschen Spitzenunternehmen sich um weitere Verbesserungen bemühen werden. Denn die Dax-Gesellschaften sind zu rund 60 Prozent in der Hand ausländischer Aktionäre. Und vor allem die angelsächsischen Anteilseigner legten auf bestimmte Kriterien in der Berichterstattung, aber auch der Prognose Wert, so Kirchhoff. Deutsche Manager seien bisher noch sehr vorsichtig - Angst vor Haftung bei einer Fehleinschätzung könne der Grund dafür sein, vermutet der Experte. Dabei habe er in dreißig Jahren keinen einzigen Prozess erlebt, der wegen der Prognose angestrengt worden sei.

(RP)
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