Brüssel Merkel, Hollande und Tsipras: Treffen wider Willen

Brüssel · Die Fronten sind so verhärtet wie wohl noch nie zuvor - dennoch ist am Rande des Brüsseler EU-Lateinamerika-Gipfels ein weiterer Anlauf unternommen worden, um in den festgefahrenen Geldgeber-Gesprächen mit Griechenland doch noch zu einer Lösung zu kommen. Am späten Abend sollte es erneut ein Gespräch zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatschef Francois Hollande und dem griechischen Premierminister Alexis Tsipras geben, um die Meinungsunterschiede zu überwinden. Beide Seiten hatten zuletzt ihre jeweiligen Reformvorschläge, auf deren Grundlage weitere Hilfsgelder für das von der Pleite bedrohte Land freigegeben werden könnten, als unakzeptabel zurückgewiesen.

Alexis Tsipras - selbsternannter Retter Griechenlands
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Das ist Alexis Tsipras

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Foto: dpa, sp ase tba

Die griechische Regierung etwa argumentiert, ihr 47-seitiges Reformpapier habe exakt den Verhandlungsstand mit den drei Finanzinstitutionen EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds wiedergegeben. Dies wurde in EZB-Kreisen wiederum als "Quatsch" zurückgewiesen, "weil wir uns noch auf fast gar nichts geeinigt hatten". Der Sprecher von Kommissionschef Jean-Claude Juncker sagte ebenfalls, dass das griechische Papier nicht den Gesprächsstand vor einer Woche widerspiegele, als sich Juncker mit Tsipras in Brüssel getroffen hatte, um diesem die vorab mit Merkel und Hollande abgesprochene Linie darzulegen: "Der Ball ist ganz klar im Feld der griechischen Regierung." Aus deren Kreisen wurde am Mittwoch wiederum kolportiert, man sei von Währungskommissar Pierre Moscovici nicht über dessen Einwände gegenüber einem nochmals nachgebesserten Vorschlagspapier informiert worden. Das wiederum wurde von der EU-Kommission dementiert: Athen sei am Dienstag unterrichtet worden.

All diese gegenseitigen Beschuldigungen haben die Gesprächsatmosphäre nicht verbessert. Und so wollte Kanzlerin Merkel bei ihrer Ankunft in Brüssel keinesfalls den Eindruck erwecken, sie und Hollande wollten sich unbedingt mit Tsipras treffen: "Wenn der griechische Ministerpräsident mit uns sprechen möchte, werden wir das natürlich tun", so die Kanzlerin, die auch wiederholte, dass sie Griechenland "im Euroraum halten" wolle, dafür aber die Zeit knapp werde: "Jeder Tag zählt." Wenn das aktuelle Hilfsprogramm nicht verlängert werde sollte, läuft es am 30. Juni aus - und die noch bereitstehenden 7,2 Milliarden Euro für die Staatskasse sowie die knapp elf Milliarden Euro für das Bankensystem würden verfallen.

(RP)
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