Stuttgart Allianz kürzt Zins bei Lebensversicherung

Stuttgart · Die niedrigen Zinsen lasten weiter auf dem Versicherungsgeschäft. Deutschlands Marktführer streicht jetzt die Überschussbeteiligung seiner Lebens- und Rentenversicherung zusammen. Auch Ergo und Axa kürzen.

Die Niedrigzinsen werden auch im kommenden Jahr Spuren in den Lebensversicherungen vieler deutscher Sparer hinterlassen. Marktführer Allianz Leben gab gestern die Richtung vor. Hier sinkt die laufende Verzinsung aus Garantiezins und Überschüssen für die klassischen Verträge im Jahr 2017 auf 2,8 Prozent, wie Deutschlands größter Lebensversicherer mitteilte. Für dieses Jahr bekommen die Kunden bei den klassischen Verträgen auf den Sparanteil ihrer Beiträge noch 3,1 Prozent gutgeschrieben.

Die laufende Verzinsung bei den klassischen Lebensversicherungen setzt sich aus dem staatlich fixierten Garantiezins und der Überschussbeteiligung der Versicherer zusammen. Der vom Bundesfinanzministerium festgesetzte Garantiezins soll im kommenden Jahr weiter abgesenkt werden. Zum 1. Januar 2017 sinkt er von aktuell 1,25 Prozent auf 0,9 Prozent. Damit setzt sich eine jahrelange Talfahrt fort. Mit der Überschussbeteiligung gibt der Versicherer an die Kunden einen Teil jener Gewinne weiter, die er durch die Anlage der eingezahlten Beiträge erwirtschaftet.

Andere große Versicherer folgen dem Beispiel des Münchener Konzerns. Die Axa drückt die laufende Verzinsung auf 2,9 Prozent, die Ergo Lebensversicherung senkte sie auf 2,25 Prozent - von einst 2,7 Prozent. Ergo hatte im Vorjahr noch auf eine Absenkung verzichtet. "Das aktuelle Kapitalmarktumfeld und Prognosen über die weitere Entwicklung machen eine Anpassung der Überschussbeteiligung 2017 erforderlich", sagte Ergo-Manager Michael Fauser.

Viele Versicherte, die ihre Verträge vor zehn und mehr Jahren abgeschlossen haben, können dagegen weiter mit einer höheren Verzinsung rechnen: Denn von 1994 bis 2000 lag der Garantiezins noch bei vier Prozent, bis 2003 bei 3,25 und bis 2006 bei 2,75 Prozent. Daran muss sich der Versicherer halten. Doch die Senkung der Überschüsse trifft auch die Altkunden.

Üblicherweise wird der Garantiezins nur alle zwei Jahre verändert. "Ich würde mich wundern, wenn der Garantiezins 2018 angefasst würde", sagte der Privatkundenvorstand der Allianz Leben, Alf Neumann. Doch von einer Zinswende in Europa geht auch er nicht aus. Zwar will die US-Notenbank die Zinsen weiter erhöhen. Wegen der Euro-Krise hält die Europäische Zentralbank weiter an der Politik des billigen Geldes fest. Das wird mehr und mehr zur Belastung für die Branche.

Hohe Zinsen galten jahrelang als wichtigstes Argument beim Verkauf einer kapitalgebundenen Lebensversicherung. Allerdings sind für die Lebensversicherer die hohen Zinsversprechen in Altverträgen von bis zu vier Prozent angesichts der andauernden Niedrigzinsen ein wachsendes Problem. Sie können die zugesagten Zinsen an den Kapitalmärkten kaum noch erwirtschaften.

Das zeigt sich auch im Neugeschäft der klassischen Lebensversicherung: Im privaten Neugeschäft machen Verträge mit Zinsgarantien laut Allianz inzwischen weniger als zehn Prozent der Abschlüsse aus. In der betrieblichen Altersversorgung liege der Anteil noch bei etwa einem Drittel der Neuverträge.

Wie andere Versicherer ist die Allianz inzwischen dazu übergegangen, Verträge ohne garantierten Zins anzubieten. Diese werfen eine etwas höhere Rendite ab. Allerdings sinkt die laufende Verzinsung bei dem "Perspektive" genannten Vertrag der Allianz ebenfalls um 0,3 Prozentpunkte auf 2,9 Prozent. Mehr als 300.000 Kunden haben sich den Angaben zufolge seit der Einführung 2013 für einen solchen Vertrag entschieden, über 100.000 Abschlüsse gab es allein in den ersten drei Quartalen 2016.

(dpa/rtr)
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