München Anklage gegen Ex-Vorstände der Hypo Real Estate

München · Acht ehemalige Manager sollen sich wegen falscher Angaben in Bilanzen der Bank vor Gericht verantworten.

Für viele ist Georg Funke das signifikanteste Gesicht der Finanzkrise. Der Mann war Chef der Immobilienbank Hypo Real Estate, die in der Finanzkrise mit milliardenschweren Rettungsaktionen vor dem Kollaps bewahrt werden musste. Jetzt sollen sich der frühere Vorstandsvorsitzende und sieben ehemalige Kollegen aus dem damaligen Führungsgremium der HRE vor Gericht verantworten. Die fertige Anklage liegt beim Landgericht München, und in der geht es vor allem um falsche Angaben in der Konzernbilanz für das Jahr 2007 und in den Halbjahreszahlen für die ersten sechs Monate 2008.

So manchem, der sich an den Fall HRE erinnert, stoßen Aussagen des Ex-Spitzenmannes Funke noch heute sauer auf. Im November 2007 behauptete der nämlich noch, die HRE sei "aus der Marktkrise der vergangenen Monate gestärkt hervorgegangen". Danach dauerte es gerade noch zwei Monate, bis die Bank fast 400 Millionen Euro auf US-Finanzpapiere abschreiben musste und der Aktienkurs um sage und schreibe 35 Prozent abstürzte. Das Börsen-Desaster war indes nur der Anfang des Horror-Szenarios. Es folgten milliardenschwere Rettungsaktionen, die Zwangsverstaatlichung und damit die Zwangsabfindung von Aktionären.

Funke war noch bis Oktober 2008 im Amt und erweckte bis dahin den Anschein, die Bank sei besenrein, obwohl der Gewinn faktisch auf null gesunken war, Mitarbeiter der Finanzaufsicht Bafin bei der HRE ein und aus gingen und das Unternehmen vor dem Abgrund stand - auch weil der Staatsfinanzierer Depfa, eine HRE-Tochter, langfristig Geld verliehen hatte, aber seine Schulden kurzfristig zurückzahlen musste und mit diesem Kardinalfehler die Muttergesellschaft endgültig unter Wasser zog. Die Manager haben nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft viel zu spät auf die Probleme der Bank reagiert, und deshalb möchten die Ankläger, dass den Ex-Vorständen im kommenden Jahr der Prozess gemacht wird. Die Entscheidung des Gerichts steht noch aus.

Die Rettung der HRE hat den Staat fast 20 Milliarden Euro gekostet. Legt man das auf jeden Deutschen um, sind das fast 240 Euro pro Einwohner. Zahlen, die fürchterlich klingen, die Funke aber nicht davon abgehalten haben, von seinem früheren Arbeitgeber noch zweistellige Millionenbeträge zu fordern. Das fand Funke ganz normal, weil er den Standpunkt vertrat, dass sein öffentlich gemachtes Versagen als Risikomanager kein Grund war, auf seine Pensionsansprüche zu verzichten. Abseits aller formaljuristischen Berechtigung solcher Ansprüche stand Funke mit der Meinung ziemlich allein. Der Steuerzahler dürfte am wenigsten dafür Verständnis aufbringen, dass der Skandalbanker meinte, er habe nichts getan, vor dem er weglaufen müsse.

Kommt der Prozess zustande, dann warten beim Landgericht München im kommenden Jahr möglicherweise gleich zwei spektakuläre Gerichtsverhandlungen mit prominenten Bankern. Angeklagt sind wegen des Verdachts auf Prozessbetrug bzw. uneidlicher Falschaussage im Zivilprozess der Kirch-Erben gegen die Deutsche Bank auch deren amtierende und frühere Manager Jürgen Fitschen, Josef Ackermann, Rolf Breuer, Clemens Börsig und Tessen von Heydebreck.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort