Düsseldorf Annington bald im Dax

Düsseldorf · In knapp zwei Wochen baut die Deutsche Börse ihren wichtigsten Leitindex um. Der NRW-Konzern hat beste Aufstiegschancen.

Unter Mietern galten die NRW-Immobilienkonzerne Gagfah (Mülheim) und Annington (Bochum) nicht gerade als erste Adresse: Mit ihrer schlechten Erreichbarkeit, ihrem hohen Investitionsstau und ihrer sehr gewinnorientierten Geschäftspolitik sorgten die beiden Großvermieter oft für negative Schlagzeilen.

Das hat sich in den vergangenen Wochen gründlich geändert. Nicht, weil die Unternehmen ihren Mietern plötzlich rote Teppiche ausrollen würden. Sondern weil Annington am 11. März die Gagfah geschluckt hat, dadurch über Nacht zum mit Abstand größten Deutschen Immobilienkonzern aufstieg und am 3. September voraussichtlich in den Dax vorrückt.

Damit hätte es erstmals seit Bestehen des wichtigsten deutschen Leitindexes ein reiner Immobilienkonzern ins Oberhaus der Deutschen Börse geschafft. Wenn die Börse am 3. September über die Neuzusammensetzung der aus ihrer Sicht wichtigsten 30 deutschen Unternehmen entscheidet, sind ihre wichtigsten Kriterien dabei der Börsenwert und der Börsenumsatz: Also was genau ein Unternehmen in der Summe an der Börse wert ist, und wie rege der Handel mit seinen Aktien dort ist. Annington lag in beiden Disziplinen zuletzt auf ohnehin schon aussichtsreichen Plätzen. Gestern stellten die Bochumer zusätzlich überraschend gute Halbjahreszahlen vor, was erneut sowohl den Handel wie auch den Kurs der Aktie beflügelte: Unter dem Strich kletterte der Gewinn im Vergleich zum ersten Halbjahr 2014 von 70 Millionen auf 84,9 Millionen Euro. Das operative Ergebnis aus dem laufenden Geschäft (FFO) hat sich auf 254 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Dazu trugen auch leichte Mieterhöhungen bei, die möglich waren, weil Annington inzwischen wieder mehr in die Sanierung ihrer Bestände investiert. Der Leerstand im gesamten Portfolio lag Ende Juni bei 3,5 Prozent. Für das Gesamtjahr peilt Vorstandschef Rolf Buch nun einen FFO von 560 bis 580 Millionen Euro an, die Aktionäre sollen 94 Cent je Aktie an Dividende bekommen.

Gerade die vergleichsweise hohe Dividende macht die Annington, die sich im Herbst in "Vonovia" umbenennen will, im gegenwärtigen Marktumfeld aus Analystensicht zu einem interessanten Wert: Das Geschäft von Immobilienkonzernen, die sich auf Vermietungen spezialisiert haben, gilt als risikoarm. Und angesichts der niedrigen Zinsen, die Festgeld und Anleihen derzeit abwerfen, ist die Dividende für Anleger ein wichtiger Investitionsgrund geworden. Sollte Annington alias Vonovia es in den Dax schaffen, dürfte die Aktie einen weiteren Schub bekommen: Viele Fonds müssen sie dann schon deshalb kaufen, weil sie den Dax abbilden.

Ob diese Entwicklung für die Mieter eher gut oder eher schlecht ist, steht in den Sternen. Fest steht, dass der neue Wohnungsgigant zuletzt viel in die Zufriedenheit seiner Mieter investiert hat. Ganze Kompanien konzerneigener Handwerker und Gärtner sollen neuerdings nicht nur Geld sparen, sondern auch bessere Arbeit abliefern und Wartezeiten verkürzen.

Zudem wird Vonovia als Dax-Konzern auch von der Öffentlichkeit intensiver beobachtet als zuvor Annington und Gagfah. Und nichts ist im Oberhaus der deutschen Börse mehr gefürchtet als Skandale: Bei Mittelständlern erregen aufgedeckte Korruptionsaffären oder Kartelle oft nur die Nachbarschaft. Bei Dax-Konzernen landen sie sofort auf der Titelseite und zwingen den Kurs in die Knie. Insofern wäre der Aufstieg in den Dax für die rund eine Million Vonovia-Mieter wahrscheinlich eine gute Nachricht.

(RP)
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